Der Venuspakt
fest und wunderte sich, dass weder ihr
Leben an ihr vorbeizog, noch ein Licht in der Ferne Erlösung verhieß. «Ob
man meinen Mörder zur Rechenschaft ziehen wird?», dachte sie, und: «Wie
schade, dass dies meine letzten Gedanken sein sollen!» Dann war plötzlich
Stille. Kein Schmerz, keine Kälte mehr. Frieden.
Der Hilfeschrei traf Kieran mit der Kraft einer mächtigen Explosion. Auf die
Welle der Gefühle, die ihn kurz darauf überrollten, war er nicht vorbereitet.
Er spürte, wie kalter Stahl das Fleisch durchschnitt und sich tief im Herzen
vergrub.
Kieran! – Das war Nuriya, die ihn um Hilfe rief!
«Halte durch!», flüsterte der Vampir während er durch die Zwischenwelt
raste.
Der zweite Angreifer erlangte allmählich wieder sein Bewusstsein. Erschro-
cken registrierte er die sterbende Nuriya. Das war nicht sein Auftrag gewe-
sen!
Dann hörte er ein Stöhnen und sah, wie die andere junge Frau wieder zu
sich kam.
Die eine ist so gut wie die andere!
Er rappelte sich auf, um wenigstens diese dem Auftrag gemäß zu liefern.
Gerade hatte er die Hand nach der Sterblichen ausgestreckt, da materialisierte
sich Erik in Gestalt eines riesigen Polarwolfs vor ihm und fletschte wütend
die Zähne. Das Tier beließ es nicht bei dieser Drohgebärde, sondern attackier-
te den verblüfften Mann und seine hinzueilenden Kameraden mit tödlicher
Wut. Immer wieder biss es zu und bewegte sich dabei mit einer geradezu un-
heimlichen Geschwindigkeit. Die Augen des Wolfes schienen in der Dunkel-
heit rot zu glühen.
Die Kämpfer waren so in ihre Auseinandersetzung verstrickt, dass sie die
Ankunft zweier weit gefährlicherer Gegner nicht bemerkten.
Angelina und Donates waren auf dem Weg zum Club gewesen, als sie
gleichzeitig den Überfall ein paar Straßen weiter spürten. Angel sprach sofort
einen Zauber, um die Szene vor den Augen Unbeteiligter zu verbergen, und
Donates wollte gerade einen fluchenden Angreifer von dem um sein Leben
kämpfenden Wolf fortreißen, da spürte er Kieran an seiner Seite.
Gemeinsam bereiteten sie den Attentätern im Handumdrehen einen
schmerzlosen Tod.
Sekunden später hielt Kieran Nuriyas leblosen Körper in seinen Armen.
Nuriya, bitte, du darfst nicht sterben! Nicht so!
Der Vampir schloss gequält die Augen. Genau so hatte schon einmal ein Fe-
enkind in seinen Armen gelegen. Auch Maire hielt damals mit blutigen Fin-
gern den Griff eines Messers umklammert, während sie starb.
Kieran war hilflos gewesen, hatte nichts mehr für sie tun können, da er
noch nichts von seiner wahren Herkunft und Bestimmung gewusst hatte. Und
selbst wenn er seine Zukunft gekannt hätte, seine vampirischen Fähigkeiten
wären ihm in jener verzweifelten Nacht nicht zur Verfügung gestanden.
Doch dieses Mal hatte er eine Chance. Und er schwor, sie zu nutzen. Da öff-
nete Nuriya ihre Augen und blickte ihn an, als wüsste sie ganz genau, dass er
gekommen war, ihr das Leben zu nehmen.
«Nein!», flüsterte sie und versuchte, seinem Blick auszuweichen.
«Ich habe keine Wahl, Kätzchen, du wirst sterben, wenn ich es nicht tue!»
Seine Antwort ergab keinen Sinn. Er war es doch, der den Tod brachte. Aber
die vertraute Stimme in ihrem Kopf flüsterte: Wehre dich nicht! Sie hatte diese besserwisserische Stimme ihres Gewissens schon oft ver-
flucht, auch wenn sie zugeben musste, dass sie bisher immer ein loyaler Rat-
geber gewesen war.
Warum sollte ich ihm vertrauen?
Das musst du gar nicht. Vertrau einfach mir! , flüsterte Ninsun.
Aber Nuriya hatte Angst. Er würde etwas Fürchterliches tun, das nicht rück-
gängig zu machen wäre. Und sie spürte, dass er es nicht gerne tat.
Keiner der Attentäter hatte überlebt. Lächelnd legte Angelina die Hand auf
Donates’ Schulter. «Darf ich, Darling?», fragte sie und er nickte grinsend. Er-
staunt beobachtete Kieran, wie die zierliche Vampirin mit einem lässigen Fin-
gerschnipsen die Körper der geschlagenen Angreifer in Flammen aufgehen
ließ und deren Asche wenig später in alle Winde blies.
«Oh, Donates – ich liebe das!», gestand Angelina ihre Schwäche für Feu-
erbestattungen ein. Donates vergaß, wie immer fasziniert von ihrem bezau-
bernden Grübchen, das sich beim Lächeln automatisch in der bleichen Wange
zeigte, alles um sich herum und küsste die Geliebte, als befänden sie sich nicht
auf einem blutigen Schlachtfeld.
Ein leises Winseln ließ die beiden wieder zur Besinnung kommen. Deutlich
nahmen sie nun auch den
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