Der Venuspakt
was sie sogar in diesem Zustand vor ihm
zu verbergen suchte? Gerne hätte er ihren schwachen Versuch, sich zu schüt-
zen, ignoriert. Doch er entschied sich, ihren Wunsch zu respektieren, und zog
sich zurück. Im letzten Augenblick erhaschte er noch ein Bild von sich selbst
in einem Strudel unterschiedlichster Emotionen. Dann war er draußen.
Dass die Frau, die hilflos und blass vor ihm lag, ihre Natur sogar vor sich
selbst verleugnete, irritierte ihn, und er nahm sich vor, den Grund dafür her-
auszufinden.
Ihre Seele fühlte sich unter all der selbst auferlegten Disziplin wild und frei-
heitsliebend an. Und nun war sie für immer an ihn gebunden, ohne Chancen
auf eine gemeinsame Zukunft mit ihrem wahren Seelengefährten, der irgend-
wo da draußen wahrscheinlich bereits nach ihr suchte. Die Träume und Wün-
sche, die er in ihrer Seele gelesen hatte, würde er ihr nicht erfüllen können. Sie
sehnte sich nach tiefer, romantischer Liebe und in ihm war nichts davon zu
finden. Sein Herz war schon vor langer Zeit erkaltet. Selbst wenn der Vengador
es gekonnt hätte, er durfte sie niemals lieben. Unglücklich erkannte er, dass
sie ihn hassen würde, sobald sie die Konsequenzen seines Eingreifens in der
vergangenen Nacht vollständig erfasste.
Asher beobachtete die dunkle Gasse in der Nähe des Hellfire von einem
Dach der angrenzenden Fabrikgebäude aus. Er wollte ganz sichergehen, dass
er bei der folgenden Untersuchung des Tatorts ungestört blieb. Hierbei kam
ihm seine Vergangenheit als Vengador zugute. Aus einem Schatten heraus
glitt sein scharfer Blick über das regennasse Pflaster. Eine Gruppe junger Leu-
te kam aus dem Club. Lachend steuerten sie auf die Abkürzung in Richtung
Stadt zu. Doch als der Erste um die Ecke bog, blieb er so abrupt stehen, dass die
anderen ihn überrascht anrempelten. Unsicher verstummten sie und blick-
ten in die dunkle Straße hinein. Irgendetwas Unheimliches schien dort in den
Schatten zu lauern und sie waren vernünftig genug, um ihrer Intuition zu fol-
gen und einen anderen Heimweg einzuschlagen, auch wenn dieser weiter war.
Asher lächelte zufrieden. Obwohl er schon lange die wissenschaftliche Arbeit
in seiner riesigen Bibliothek dem Dienst als Vengador vorzog, hatte er nichts
vergessen. Nach einem gewagten Sprung landete der Vampir sicher zwischen
den Häusern und begann, systematisch nach Spuren zu suchen.
Erstaunt stellte er fest, dass Angelinas Zauber sehr wohl die Anwesenheit
der Retter an diesem Ort verschleiert, nicht aber die langsam schwindende
Aura eines vierten, vermutlich sehr jungen Vampirs gänzlich verwischt hatte.
Er musste das Geschehen beobachtet haben und war dann vermutlich bei der
Ankunft der anderen Vampire geflohen. Eine weise Entscheidung. Selbst ein
Vengador durfte einen anderen Vampir nur mit ausdrücklicher Zustimmung
des Rates töten, doch in diesem Fall wollte Asher nicht dafür die Hand ins Feu-
er legen, dass sein Bruder sich an die Regeln gehalten hätte.
Und dann entdeckte Asher die Stelle, an der Nuriya in ihrem eigenen Blut
gelegen hatte. Der Geruch machte ihn nahezu schwindelig und er verspürte
das irre Verlangen, niederzuknien und jeden Tropfen vom Boden aufzulecken. Feenkind!
Er konnte sich nicht erklären, wie sie es geschafft hatte, diese Ausstrah-
lung auch bei ihrer ersten Begegnung im Café derart zu reduzieren, dass die
meisten anderen Vampire sie vermutlich nicht einmal bemerkt hätten. Das
Blut auf der Straße bestätigte ebenfalls seine Vermutung, dass die Kleine et-
was ganz Besonderes sein musste. Kierans rettendes Eingreifen war die rich-
tige Entscheidung gewesen. Auch wenn sein Bruder dies bezweifeln mochte,
glaubte Asher nicht, dass die Feen Anklage gegen ihn erheben würden.
Kaum hatte Asher begonnen, einen komplizierten Zauber anzuwenden, um
die Magie des Feenblutes zu neutralisieren, damit nicht ein anderer später da-
rauf stoßen konnte, da begann die Luft ein paar Meter entfernt von ihm zu
vibrieren. Er beendete die Formel und ging dann zur Quelle der eigentümli-
chen Energie. Überrascht sah er dort nur eine kleine Handtasche liegen. Sie
musste einem der überfallenen Mädchen gehören. Behutsam hob er sie auf
und schaute hinein. Beim Anblick des Inhalts hielt Asher unwillkürlich den
Atem an. Aus dem Dunkel leuchtete ihm drohend ein magischer Talisman
aus der Feenwelt entgegen. Asher erkannte das Amulett sofort. Die Geldbör-
se daneben klärte auch, welcher
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