Der Venuspakt
du deine
Belohnung erhalten. Aber vergiss nicht: Ich will sie lebend!»
«Du kannst mir vertrauen. Ich werde alles tun, um der Dunkelheit zu ihrem
Recht zu verhelfen!»
«Vertrauen? Wie absurd ihr doch seid.» Die Fee lachte schrill. «Du hältst
besser dein Versprechen, sonst wird es keinen Gott geben, der dir Gnade er-
weist!»
Senthil fühlte sich nach dieser Begegnung längst nicht so selbstsicher, wie
er es gern gewesen wäre. Und dennoch – es war möglich. Er würde den Pakt
vereiteln und dank Kierans Macht mit einer Sicarier-Armee die dunkle Welt
beherrschen. Dann würde Anvea dankbar sein, sollte er sich entschließen, ihr
armseliges Leben zu verschonen.
«Vergiss es!» Nuriya tobte. «Auf gar keinen Fall lasse ich mich wie eine
Zuchtstute vorführen!»
«Es ist doch nur ein Kleid», wagte ihre Schwester einzuwerfen.
«Falls du es vergessen haben solltest: Ich habe gerade mein Leben verlo-
ren. Nun soll ich mich mit einem wildfremden Vampir einlassen, um diesen
Pakt zu erneuern und die Welt zu retten! Vielleicht kann ich gegen meine Be-
stimmung nichts ausrichten und ich muss heute dorthin, um mich als ein
Opferlamm erster Klasse zu präsentieren. Aber ich will verdammt sein, wenn
ich mir für meinen Gang zum Schafott auch noch ein besonders hübsches
Schleifchen umbinden lasse!»
«Sie hat Recht!»
Nuriya hob den Kopf und schaute in den Spiegel. Kieran stand direkt hinter
ihr. Keine Ahnung, wie es ihm gelungen war, noch begehrenswerter zu wir-
ken, staunte sie. Wie üblich ganz in Schwarz gekleidet, strahlte er das ruhige
Selbstvertrauen eines antiken Herrschers aus. Bei seinem Anblick erstarb in
ihr jede Hoffnung. Marmor enthielt mehr Gefühl als dieser Mann. Er kannte
nur eiskalte Berechnung und würde niemals einen einzigen zärtlichen Ge-
danken an sie verschwenden.
Bei ihrem Anblick fühlte Kieran einen merkwürdigen Stolz. Seine Nuriya.
Tapfer blickte sie ihrem unerfreulichen Schicksal ins Auge und trat der heuti-
gen Herausforderung mit verbissenem Mut entgegen.
Ihr Duft aber löste noch andere Gefühle in ihm aus und ließ jeden einzelnen
der schützenden Panzer, die er um seine Seele gelegte hatte, klirrend zu Boden
fallen.
Am liebsten hätte er die kleine Kämpferin hier und jetzt in seine Arme ge-
zogen und ihr sein Herz zu Füßen gelegt. Aber ein Blick in ihr abweisendes
Gesicht bewies erneut, was das Feenkind von ihm hielt.
Um sich nicht zu verraten, wandte er sich rasch ab und traf mit scharfer
Stimme Anordnungen, wie die Sicherheit der Auserwählten am besten zu ge-
währleisten war.
Nuriyas Augen füllten sich mit Tränen. Wenn er sie wenigstens gehasst hät-
te – aber nein, sie war ihm völlig gleichgültig!
«Das wird reichen müssen!» Sie griff nach einer bequemen schwarzen
Hose samt passendem Oberteil. «Meinetwegen macht irgendetwas mit mei-
nem Haar. Schneidet es ab oder färbt es grün. Nur bitte, lasst diesen Albtraum
schnell vorüber sein!»
Flankiert von ihren beiden Beschützern Kieran und Donates betrat sie bald
darauf das Hellfire. Der Club war so früh am Abend noch für reguläre Besucher
geschlossen. Dem Lärm nach zu urteilen, der ihnen entgegenschallte, war er
jedoch bereits äußerst gut besucht. Nuriya klopfte das Herz bis zum Hals.
Direkt hinter dem Trio folgten Erik und Selena. Den Schluss bildete Angeli-
na, die sich scheinbar entspannt bei Nik untergehakt hatte.
Es war lange diskutiert worden, ob auch Selena, als einzige Sterbliche, mit-
kommen sollte, aber Kieran war überzeugt, dass es ein größerer Fehler wäre,
sie ungeschützt daheim zu lassen.
Oberhalb der großen Tanzfläche blieb Nuriya stehen und blickte hinab. Au-
ßer den Go-go-Tänzern in ihren eisernen Käfigen tanzte niemand zu der lauten
Musik. Die Gäste standen stattdessen, wie auf einer Cocktailparty, in kleinen
Gruppen plaudernd zusammen. Nuriya meinte in ein nächtliches Meer zu bli-
cken, in dessen dunklen Wogen sich geheimnisvolle Lichter spiegelten.
Hätte Kieran sie nicht unauffällig gestützt, sie wäre in die Knie gegangen,
so überwältigend war die Atmosphäre. Jeder Einzelne trug eine andersfarbi-
ge Aura. Manche schienen in schwarzen Schatten zu verschwinden, andere
wirkten, als wären sie von züngelnden Flammen umgeben, und wieder ande-
re waren in eisblaues oder seegrünes Licht getaucht. Es kam ihr vor, als würde
die Lichtanlage des Clubs Amok laufen und dabei ihren Herzschlag immer
höher peitschen.
Konzentriere dich auf
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