Der Venuspakt
Gastfreundschaft bekannt geworden!»
Donates fuhr herum und bemerkte erst jetzt den zweiten Mann, der nun auf
ihn zuschlenderte. Die schwarzen Haare reichten dem Unbekannten gut eine
Hand breit über den Kragen seines knöchellangen Mantels. Um den Hals trug
er ein großes, sichelförmiges Amulett an einem Lederband, und das gleiche
Motiv entdeckte Donates auch als Ohrring. Man hätte ihn auf den ersten Blick
leicht für einen typischen Gast des Hellfire halten können. Was ihn jedoch
von diesen Sterblichen deutlich unterschied, war, neben der Magie, die ihn
jetzt, da er ihr freien Lauf ließ, gefährlich umzüngelte, vor allem seine Täto-
wierung. Sie überzog die linke Gesichtshälfte des Fremden vom Kiefer bis zu
Scheitel mit feinen Linien und schien auf unheimliche Weise wie ein Lebewe-
sen ständig in Bewegung zu sein. Erst auf den zweiten Blick entdeckte Dona-
tes das silberne Licht in den interessiert auf ihn gerichteten Augen.
Der Fremde sah aus, als wäre er einem Hollywoodfilm entstiegen, doch ihn
umwehte eine Aura, wie sie Donates noch nie zuvor gespürt hatte. Er erkann-
te sofort, dies war die Magie einer uralten Macht.
«Du musst Donates sein. Ich bin schon lange niemandem mehr aus deiner
Familie begegnet», stellte er fest. «Wie geht es Sylvain?»
Donates verspürte wenig Lust, das Befinden seines Familienoberhauptes zu
diskutieren und schwieg. Der Mann streckte dessen ungeachtet seine Hand
zur Begrüßung aus und Kieran räusperte sich, als er das begreifliche Zögern
von Donates bemerkte.
«Das ist Sin», stellte er den Fremden vor und in seiner Stimme klang die
deutliche Warnung mit, die angebotene Freundlichkeit seines dunklen Gastes
nicht leichtfertig auszuschlagen.
Donates wusste, dass er dem geheimnisvollen Beschützer aller Vengadore
gegenüberstand, und schüttelte nun, auf alles vorbereitet, dessen Hand. Umso
erstaunter war er, nur einen festen, kühlen Händedruck zu spüren und nicht
den erwarteten Überfall auf seine Gedanken und Gefühle.
In Sins Augen leuchtete Verständnis, als er sagte: «Es muss etwas Wichtiges
sein, das dich hierher führt.»
Donates warf einen fragenden Blick zu Kieran, und als der nickte, sagte er:
«Es sieht so aus, als wüssten wir jetzt, wer hinter dem Überfall auf die beiden
Feenkinder steckt.»
«Wer?», fragte Kieran und starrte Donates ungeduldig an.
«Senthil. Offenbar sind sie sich im Hellfire begegnet.» Donates zog es vor,
die Details dieser Begegnung zu verschweigen, denn er konnte sich vorstellen,
dass Kieran nicht begeistert wäre, erführe er, dass seine Seelenpartnerin sich
in Spanner-Bars herumtrieb. Vermutlich waren die Mädchen dort ohnehin
nur zufällig oder aus reiner Neugier hineingeraten.
Bevor die beiden anderen Vampire etwas sagen konnten, fuhr er fort: «Er
scheint nicht erkannt zu haben, wen er vor sich hatte.»
«Das wäre nicht verwunderlich», bemerkte Sin, «sie können ihre Magie auf
bemerkenswerte Weise maskieren.»
Kieran warf ihm einen fragenden Blick zu. Was wusste Sin über die Schwes-
tern? Doch er ließ die Sache für den Moment auf sich beruhen, als Donates
mutmaßte: «Senthil wollte vermutlich nur ein wenig Spaß haben, nachdem
ihm die beiden eine deutliche Abfuhr erteilt hatten. Jeder weiß, dass er es
hasst, von einer schönen Frau zurückgewiesen zu werden.»
Kieran gab ein Knurren von sich, das nichts Menschliches an sich hatte,
und der unglückliche Überbringer dieser schlechten Nachrichten ergänzte
rasch: «Offenbar liegen den Überfällen der letzten Zeit zwei unterschiedliche
Motive zu Grunde.»
Kierans Fingernägel bohrten sich fest in die Handflächen und er schien
nicht zu bemerken, dass bereits Blut auf den Boden tropfte.
Sin warf ihm einen besorgten Blick zu. «Mehrere Motive vielleicht, aber nur
ein Verdächtiger: Senthil.»
«Es tut mir Leid, aber das ist noch nicht alles!»
Dann erzählte Donates von Órlas Plänen, die Auserwählte am nächsten
Abend in ihrem Club zu präsentieren. Kieran wurde aschfahl und sank in den
neben ihm stehenden Sessel.
Sin räusperte sich: «Kieran, du solltest sie morgen nicht alleine lassen.»
«Nuriya legt keinen Wert auf meine Gegenwart. Das hat sie mir deutlich ge-
nug zu verstehen gegeben.» Der Vampir lachte bitter. «Ich habe versagt. Es ist
mir bisher nicht gelungen, ihr Vertrauen zu erlangen, und sie wird mich nie als
Partner für die Zeremonie akzeptieren. Wir sind nicht füreinander bestimmt!»
Sin war
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