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Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Titel: Der verborgene Hof: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Haus unserer Göttin ist voller Türen.« Sie gähnte. »Keine Frau ist hier gefangen, am wenigsten du. Bist du nicht oft genug auf den Straßen unterwegs?«
    »Ohne dass mich die Leute erkennen?«
    Sie öffnete ein Auge. »Die Leute hier oder die Leute da draußen?«
    »Die Leute draußen, Mutter. Ich nehme nicht an, dass hier im Tempel jemand Heimlichkeiten haben kann.«
    Mutter Argai lachte. »Wo zweihundert oder mehr der widerspenstigsten und unabhängigsten Frauen der Stadt unter einem Dach zusammenstecken? Mit den Augen der Göttin hinter jeder Ecke wie ein Furz an den Höfen? Nichts kann hier geheim bleiben. Man gewöhnt sich daran.«
    Ihre leichtfertigen Worte überraschten mich. Die Frauen im Lilientempel pflegten sich mit ihrer göttlichen Schirmherrin wohl zu fühlen, und ich hörte selten jemanden so respektlos über die Liliengöttin sprechen.
    »Wie auch immer, Mutter, ich würde trotzdem gern unbemerkt zum Hafen gehen, um Neuigkeiten von der Welt draußen zu erfahren.«
    »Vermisst wohl dein anderes Zuhause, hm?« Sie drückte mich herzlich mit ihren nassen Armen. »Dann geh nicht als Klinge und nicht als Green. Geh als jemand anderer.«
    »Wie?«
    »Verschleiere dich. Oder maskiere dich, Mädchen. Für jeden, der dich sieht, ist dein Gesicht, wer du bist.«
    Ich kuschelte mich fester in ihre Arme, und meine Finger suchten den Punkt an ihrer Hüfte. »Ich werde darüber nachdenken.«
    Es war schon eine Zeit her, dass ich mehr als meine Glöckchen genäht hatte. Ich fand die Werkstätten im Erdgeschoss des Tempels, wo ich mir Materialien für mein Vorhaben erbettelte. Die Mütter dort schenkten mir schwarz gefärbten Musselin, ein Stück Leder und die notwendigen Nadeln und Fäden. »Gibt hier niemanden, der sich für unser Handwerk interessiert«, erzählte mir eine weißhaarige Frau. »Wenn man nicht am Altar ist oder im Rechtsorden, ist man hier so gut wie unsichtbar.«
    »Ich habe mich fast mein ganzes Leben für Stoffe und Kleidung interessiert, Mutter«, sagte ich höflich. »Ich möchte mich jetzt wieder damit beschäftigen, bis ich meinen Schwur ablege.«
    »So ein liebes Mädchen. Komm am Abend zu mir. Dann habe ich vielleicht noch etwas Besonderes für dich.«
    »Natürlich, Mutter.«
    Im Schlafraum begann ich, eine Hose und eine Tunika, dazu ein Cape und eine Maske zu nähen. Vorbild war ein Bild aus einem von Mistress Danaes Kinderbüchern von Carmine Flaxweed. Er war der jüngste Sohn aus einem vornehmen Haus, das in Houghharrow in Feindeshand gefallen war, und er hatte unerkannt gekämpft, um das Vermögen seines Bruders und seiner Geliebten wieder zurückzuholen. Ich schätzte, dass das Kostüm eines theatralischen Möchtegernrächers von der Steinküste gut genug in diese Stadt endloser Feste und Aufmärsche passte.
    Zwar machte ich kein großes Geheimnis aus meinem Vorhaben, aber ich zog es vor, allein daran zu arbeiten. Ich brauchte mehrere Wochen. Als ich fertig war, besaß ich eine gebauschte Hose, eine taillierte Tunika mit langen Puffärmeln, eine lederne Halbmaske und einen Spitzenschleier. Einen Hut musste ich kaufen, denn ich wusste nicht, wie man einen herstellte. Krempen waren in Kalimpura nicht üblich, deshalb war diese lederne Kopfbedeckung rund gearbeitet und lief oben spitz zu.
    Die Leute konnten nur das Funkeln meiner Augen sehen. Alles andere war dunkel und rätselhaft. Es war die Sorte Kostüm, in dem sich kein echter Übeltäter erwischen lassen möchte. Ich wollte den Eindruck eines naiven, aber möglicherweise gefährlichen Dilettanten erwecken. Wenn ich nicht anonym bleiben konnte, würde ich als etwas anderes in Erinnerung bleiben, als ich wirklich war.
    Ich hatte einen kleinen Sack Paisas dabei, als ich an einem Spätnachmittag in meinen selbst genähten Sachen die Avenue der Schiffe entlangging. Einige blickten mir nach, als ich den Tempel der Silbernen Lilie verließ. Der kleine Abstand, den man zu den Müttern des Tempels in der Menge hielt, wurde meinem Kostüm nicht zuteil. Diebsgesindel hielt sich aber von mir fern. Taschendiebe wandten sich ab. Zwei Straßenräuber ebenso. Vielleicht lag es an meinem entschlossenen Auftreten.
    Auf der Avenue der Schiffe würdigte mich keiner mehr eines Blickes. Genug fremdartig Kostümierte kamen von den Schiffen im Hafen, sodass ich eine unter vielen seltsamen Gestalten war. Ich schritt die Straße entlang, als die Sonne unterging. Niemand behelligte mich.
    Als die Dunkelheit kam, trat ich in eine Taverne. Das Schild hing

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