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Der verbotene Fluss

Der verbotene Fluss

Titel: Der verbotene Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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gerade zur Theke, um zu signalisieren, dass er bezahlen wollte, als Charlotte etwas einfiel, das sie in ihren Aufzeichnungen nicht berücksichtigt hatte. Es war ihr ein wenig peinlich zu gestehen, dass sie das Zimmer durchsucht hatte, doch dann überwand sie ihre Verlegenheit und berichtete von der Flasche mit dem Kaliumantimonyltartrat, die sie unter dem Dielenbrett entdeckt hatte.
    Mr. Ashdown stieß einen leisen Pfiff aus. »Sherlock Holmes.«
    Sie errötete und lachte erleichtert. »Diese Rezension habe ich auch gelesen.«
    »Tatsächlich? Ich kann Ihnen die Bücher nur empfehlen. Aber zu Ihrem Fund …« Er stützte das Kinn auf die Hände und schaute sie mit seinen dunklen Augen an. »Was halten Sie selbst davon?«
    Charlotte zuckte mit den Schultern. »Ich kann mir keinen Reim darauf machen. Das Mittel könnte noch aus Lady Ellens Mädchenzeit stammen; es war ja ihr Zimmer. Sie könnte es auch während ihrer Ehe dort versteckt haben. Oder jemand anders.«
    »Haben Sie die Dienstboten darauf angesprochen?«
    »Nein«, erwiderte sie entschieden. »Das kann sich eine Gouvernante, die noch neu im Haus ist, nicht leisten. Ich … Ich hätte mich blamiert. Es hätte Gerede gegeben.«
    »Und wenn es der Sache dient?«, fragte er ungerührt, worauf Charlotte zu ihrem Ärger wieder die Hitze im Gesicht spürte.
    »Aber es hätte ausgesehen, als würde ich spionieren. Das macht einen sehr schlechten Eindruck.«
    Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Verzeihung, natürlich dürfen Sie Ihre Stellung nicht gefährden.« Sie meinte, bei diesen Worten eine leise Enttäuschung in seinen Augen zu lesen, die ihr einen Stich versetzte. »Dieser Fund erscheint mir wichtig, auch wenn ich mir noch keinen Reim darauf machen kann. Wir sollten der Sache nachgehen.«
    Diesmal war er es, der »wir« gesagt hatte.
    Charlotte traf erst gegen halb sieben mit der Mietdroschke in Chalk Hill ein, wo Mrs. Evans sie mit einem sonderbaren Blick empfing.
    »Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Nachmittag«, erklärte sie steif.
    »In der Tat«, sagte Charlotte und meinte es auch so. Mr. Ashdowns Reaktion auf die Sache mit dem Brechmittel hatte ihr keine Ruhe gelassen, und sie hatte beschlossen, »der Sache zu dienen«, wie er es ausgedrückt hatte.
    »Ich möchte Sie etwas fragen, da Sie diesen Haushalt am besten kennen.«
    Mrs. Evans schaute sie verwundert, aber nicht unfreundlich an. »Bitte.«
    Sie begaben sich in das kleine Zimmer, in dem Mrs. Evans ihren Verwaltungsaufgaben nachkam. Charlotte blieb mit dem Rücken zur Tür stehen. »Zufällig habe ich in meinem Zimmer eine lose Diele entdeckt.«
    »Ich werde sofort Bescheid geben, dass man sie repariert«, erwiderte Mrs. Evans prompt. »Es ist nicht ungefährlich, wenn ein Brett hochsteht, man kann stolpern oder sich einen Splitter einreißen.«
    Charlotte hob beschwichtigend die Hand. »Danke, aber darum geht es nicht. Unter dem Dielenbrett habe ich etwas gefunden.«
    Die Haushälterin blieb äußerlich ungerührt, doch ihr Blick verriet Neugier.
    »Es handelt sich um eine Apothekerflasche mit einem weißen Pulver. Sie enthält Kaliumantimonyltartrat, besser bekannt als Brechweinstein. Können Sie sich vorstellen, wie sie dort hingelangt ist?«
    Mrs. Evans wandte sich kaum merklich zur Seite, als wollte sie sich vor Charlottes durchdringendem Blick schützen.
    »Das ist mir ein Rätsel. In diesem Haushalt wird so etwas nicht verwendet. Und ich wüsste nicht, weshalb man es unter den Dielen versteckt haben sollte.«
    »Ich habe natürlich keine Ahnung, wie lange die Flasche dort gelegen hat.«
    »Das Zimmer stand lange leer, nachdem Lady Ellen und Sir Andrew geheiratet hatten. Es wurde erst wieder genutzt, als die Gouvernanten ins Haus kamen«, erklärte Mrs. Evans. »Möglicherweise hat eine von ihnen die Flasche dort hinterlassen. Ich werde Millie und Susan fragen, bin mir aber sicher, dass sie nichts damit zu tun haben.«
    Charlotte nickte. »Das wäre sehr hilfreich. Ich habe jedoch noch eine weitere Frage. Wir sprachen vor einiger Zeit über Tilly Burke.« Sie sah, wie ein Schatten über Mrs. Evans’ Gesicht huschte. »Vor Kurzem bin ich ihr bei einem Spaziergang begegnet. Wir kamen ins Gespräch. Sie erkannte mich wieder, brachte mich mit diesem Haus in Verbindung und begann, von Lady Ellen zu erzählen. Sie sagte, ihr Mann habe sie fortschicken wollen.«
    Der Griff legte sich wie Eisen um ihr Handgelenk, und Charlotte schaute erschrocken hoch. Die grauen Augen der

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