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Der verbotene Fluss

Der verbotene Fluss

Titel: Der verbotene Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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Wie gut, wenn ich fragen darf?«
    »Gut genug, um es Kindern beizubringen«, erwiderte Charlotte schlagfertig.
    Der Geistliche lächelte. »Dann werde ich Sie vielleicht einmal zu einem unserer musikalischen Abende in Mickleham bitten, sie sind sehr beliebt. Wir bemühen uns, in unserer Gegend die schönen Künste zu fördern.«
    »Wenn meine Tätigkeit es erlaubt, bin ich gern dazu bereit«, erwiderte Charlotte, die den Reverend auf Anhieb sympathisch fand.
    »Wunderbar, Fräulein Pauly. Ich hoffe, Sie leben sich in unserer kleinen Gemeinde gut ein. Und du, Emily, lernst sicher fleißig bei deiner neuen Lehrerin.«
    Das Mädchen nickte. »Darf ich mir demnächst noch einmal Ihre Kaninchen ansehen, Sir?«
    »Selbstverständlich. Du kannst mit Fräulein Pauly zum Tee kommen, dann darfst du sie auf den Arm nehmen und streicheln. Jetzt muss ich mich leider verabschieden, ein Krankenbesuch …«
    Mit einem Nicken machte er sich auf den Weg, und Charlotte kehrte mit ihrem Schützling in die Crabtree Lane zurück. Als sie durch das Tor von Chalk Hill traten, kam ihnen Wilkins entgegen.
    Sie wollte ihn freundlich grüßen, doch er nickte nur knapp und ging schnellen Schrittes weiter, als wollte er ein Gespräch mit ihr vermeiden. Charlotte sah ihm verwundert nach.
    Sie nahmen das Abendessen gemeinsam mit Sir Andrew ein. Charlotte beobachtete aufmerksam, wie er und Emily miteinander umgingen, weil sie sich ein Bild von der Beziehung zwischen Vater und Tochter machen wollte. Was sie sah, zerriss ihr fast das Herz.
    Wann immer er das Wort ergriff, schaute Emily erwartungsvoll zu ihrem Vater. Sie hielt das Besteck so fest umklammert, dass ihre Knöchel weiß hervortraten, doch er schien seine Toch ter gar nicht zu bemerken. Charlotte versuchte, Emily in die Unterhaltung einzubeziehen, und erwähnte, wie kundig sie sie durchs Dorf geführt hatte, doch Sir Andrew war nur an den schulischen Leistungen interessiert.
    »Sie werden verstehen, dass ich mir noch kein umfassendes Bild machen konnte«, erklärte Charlotte. Warum nur musste er diese Dinge in Anwesenheit des Kindes erörtern?
    »Ihre Tochter ist wissbegierig und lernwillig. Ich glaube, wir werden gut zusammenarbeiten.«
    »Schön, schön«, sagte er und legte die Serviette beiseite. »Nächste Woche Samstag habe ich Gäste. Ich würde Sie bitten, nach dem Essen für uns Klavier zu spielen.«
    Es war keine freundliche Anfrage, wie sie zuvor der Reverend geäußert hatte, sondern eine klare Anweisung. Etwas in Charlotte sträubte sich gegen die Selbstverständlichkeit, mit der Sir Andrew über sie verfügte; andererseits war es eine Aufgabe, die von Hauslehrerinnen durchaus verlangt werden konnte. Daher nickte sie.
    »Wenn Sie mir sagen, welche Musik Sie bevorzugen …«
    »Das entscheiden Sie, Fräulein Pauly«, sagte er in einem Ton, als wäre er in Gedanken schon ganz woanders.
    Sie warf Emily einen Blick zu. Das Mädchen saß mit gesenktem Kopf da und schaute auf den fast unberührten Teller vor sich. Charlotte tat das Herz weh, und sie fragte sich, was der Grund für die kühle Haltung des Vaters sein mochte. Dann kam ihr ein Gedanke. War es vielleicht die Trauer um seine Frau, die zwischen ihm und der Tochter stand? Die ihn daran hinderte, dem Mädchen freundlich und liebevoll zu begegnen? Erinnerte ihn Emily an das, was er verloren hatte?
    Kurz darauf klopfte es, und Nora kam herein, um Emily ins Bett zu bringen. Sie warf Charlotte einen flüchtigen Blick zu, in dem diese etwas wie Triumph zu lesen meinte. Jetzt gehört sie wieder mir, schien das Kindermädchen sagen zu wollen. Sie blieb hinter Sir Andrew stehen, der Emily einen geistesabwesenden Kuss auf die Stirn drückte. »Schlaf gut.«
    Als Nora mit dem Mädchen zur Tür gehen wollte, drehte sich Emily noch einmal um und kam zu Charlotte zurück. Sie knickste und sagte: »Gute Nacht, Fräulein Pauly. Das war ein schöner Tag.«
    Charlotte lächelte still und spürte, wie Sir Andrews Blick zu ihr wanderte. »Mir scheint, Sie hatten einen guten Einstand.«
    »Ihre Tochter ist ein nettes und verständiges Mädchen«, erwiderte sie aufrichtig. Dann fasste sie sich ein Herz. »Sir Andrew, ich habe letzte Nacht mitbekommen, dass Emily schlecht geträumt hat. Darf ich fragen, ob so etwas öfter vorkommt? Dann wäre ich vorbereitet, wenn sie am nächsten Tag im Unterricht unaufmerksam oder müde ist.«
    Die Stille im Raum war undurchdringlich, und Charlotte glaubte schon, er werde nicht antworten. Dann aber schaute er

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