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Der verbotene Fluss

Der verbotene Fluss

Titel: Der verbotene Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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Landschaftsbilder aus der Umgebung, die Tische waren mit hübschen Decken und Kerzen geschmückt. Es sah fast aus wie in einem privaten Wohnzimmer, anheimelnd und warm.
    Eine ältere Dame mit weißem Häubchen kam auf sie zu, so schnell es ihr rundlicher Körper erlaubte.
    »Guten Tag, die Damen.« Sie stutzte und schaute Emily genauer an. »Wir kennen uns doch! Du bist die Tochter von Sir Andrew Clayworth aus Westhumble.«
    Emily nickte und machte einen Knicks. »Ja, Madam. Ich war früher einmal mit meiner Tante und meinem Kindermädchen hier.«
    »Wie schön, dich wieder zu Gast zu haben. Verzeihung«, wandte sie sich an Charlotte, »ich bin Ada Finch. Meiner Schwes ter Edith und mir gehört die Teestube. Sieh doch, wer hier ist, Lie bes!«, rief sie einer noch älteren Frau zu, die hinter der Ku chentheke stand.
    Diese kam herbei und begrüßte ihre Gäste ebenfalls. Äußerlich war sie das genaue Gegenteil ihrer Schwester, groß und hager, aber nicht weniger herzlich. »Die kleine Miss Emily aus Chalk Hill!«
    »Das ist meine neue Gouvernante, Fräulein Pauly aus Deutschland«, verkündete Emily stolz.
    »Sehr erfreut, Miss«, sagte die rundliche Miss Finch. »Es ist uns ein Vergnügen, Sie bei uns zu begrüßen. Was dürfen wir Ihnen bringen?«
    »Lass sie doch erst einmal Platz nehmen, Liebes«, mahnte die hagere Miss Finch sanft.
    Inzwischen waren die übrigen Gäste aufmerksam geworden und schauten die Neuankömmlinge an, als wären sie eine besondere Attraktion, was Charlotte eher unangenehm war. Sie setzten sich an einen Tisch in der Ecke, von dem aus sie den Raum überblicken konnten.
    »Möchtest du dir etwas an der Theke aussuchen?«, fragte sie, doch Emily schüttelte den Kopf. »Ich weiß schon, was ich nehme. Einen scone mit Rahm und Erdbeermarmelade. Das sollten Sie auch versuchen«, fügte sie schüchtern hinzu.
    »Ich sehe mir einmal an, was es Gutes gibt«, erwiderte Charlotte und ging zur Theke, wo sich ein herrlicher Anblick auftat. Verschiedene Kuchen und Torten, kleine Schüsseln mit Erdbeermarmelade, dicker Rahm.
    Miss Edith strahlte sie an. »Wenn Sie etwas nicht kennen, erkläre ich es Ihnen gern.«
    »Emily hat mir die scones empfohlen.«
    »Ja, das ist eine englische Spezialität, die Sie versuchen sollten. Möchten Sie erst einmal einen probieren?«
    »Gern. Für jeden von uns einen und dazu Tee, bitte.«
    Miss Edith zögerte und schaute sie prüfend an. »Darf ich fragen, ob Sie schon lange bei den Clayworths sind?«
    »Seit knapp einer Woche.«
    »Ich hoffe, Sie fühlen sich wohl in unserer Gegend.«
    »Mir gefällt es bis jetzt sehr gut. Im Frühjahr und Sommer stelle ich es mir hier noch schöner vor.«
    »O ja, dann kommen viele Ausflügler nach Dorking. Es herrscht ein buntes Treiben in den Straßen, und Sie sehen mehr Fremde als Einheimische. Fürs Geschäft ist das natürlich gut«, sagte sie lächelnd. Dann schaute sie über Charlottes Schulter zum Tisch, und ihr Gesicht wurde auf einmal ernst. Charlotte drehte sich um.
    Eine Frau stand bei Emily und sprach mit dem Kind, das sich mit flehender Miene umschaute.
    »Die alte Tilly Burke«, murmelte Miss Edith. »Gehen Sie lieber hin.«
    Charlotte eilte zum Tisch, worauf die alte Frau sofort zurückwich. »Darf ich fragen, wer Sie sind?«, fragte sie in strengem Ton und legte Emily die Hand auf die Schulter. Sie spürte, wie das Mädchen zitterte.
    »Tilly Burke. Ich tu der Kleinen nichts.«
    »Gehen Sie. Sie sehen doch, dass das Kind verstört ist«, befahl Charlotte in einem Ton, bei dem Emily erstaunt aufblickte.
    Tilly Burke sah sich um, doch niemand schien sie zu beachten. Ihr graues Haar war aus dem Knoten gerutscht und stand wild vom Kopf ab. Sie trug keinen Hut und hatte den Mantel schief zugeknöpft. In der knotigen linken Hand hielt sie einen Gehstock mit schwarz poliertem Knauf, auf den sie sich schwer abstützte, als drohte sie sonst umzufallen.
    Hinter der Theke standen die Schwestern Finch und beobachteten die Szene.
    »Die Kleine ist traurig.«
    »Gehen Sie bitte«, sagte Charlotte energisch.
    »Aber sie ist traurig. Wie ihre Mama. Die war auch traurig. Immer und immer. Und dann ist sie zum Fluss gegangen.«
    Emily sprang mit einem Schrei auf und stürzte zur Tür, die gerade von einem eintretenden Herrn geöffnet wurde. Er streckte instinktiv die Arme aus und fing das verängstige Kind auf, bevor Miss Ada herbeieilte und sie an sich zog. Sie strich Emily beruhigend über das Haar.
    Ihre Schwester war unterdessen zu

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