Der verbotene Kuss
St. Clair Sie gern hat?“
Felicity brauchte Ehrlichkeit. Vertrauen. Doch das konnte sie Mrs. Box nicht sagen. Die Haushälterin hätte das nicht verstanden. „Nichts von alledem zählt, weil alles sich nur ums Geld dreht. Geld bedeutet Ian nichts. Er hat mehr als genug davon, und wenn er seine Börse aufmacht, hat das nichts zu sagen.“
„Vielleicht. Oder vielleicht macht er sie deshalb auf, weil er nicht weiß, wie er sein Herz öffnen soll. Lassen Sie ihn das Erste tun, Miss Felicity, und dann wird er es eines Tages leichter finden, auch das Zweite zu tun.“
Wenn sie das doch glauben könnte! Sie bezweifelte jedoch, dass er ihr je sein Herz öffnen werde. Wenn sie doch nur erfahren könnte, was ihn quälte! Dann fand sie vielleicht eine Möglichkeit, um auf ihn einzuwirken. Und vielleicht Miss . . .“
Felicity straffte sich. Ja! Miss Greenaway.
„Ich habe vergessen, dass ich fort muss. Vor der Trauung muss ich noch etwas erledigen.“
„Was? In weniger als zwei Stunden werden wir von Lord St. Clairs Kutscher abgeholt. Bis dahin haben wir noch viel zu tun.“
„Ich weiß, aber die Sache ist mir wichtig. Ich muss jetzt weg, ehe Ian mich aus der Stadt bringt.“ Felicity griff nach den obersten zwei Knöpfen des Rückenverschlusses. „Helfen Sie mir, das Ding auszuziehen. “
„Meiner Meinung nach haben Sie den Verstand verloren.“ Mrs. Box schüttelte den Kopf, fing jedoch an, das Kleid im Rücken aufzuknöpfen. „Zwei Stunden vor der Trauung wollen Sie weg! Was für ein Einfall! Wenn Sie nicht rechtzeitig in der Kirche sind, wird Seine Lordschaft mir den Kopf abreißen.“
„Ich schwöre, ich werde nicht lange fort sein.“ Felicity sprang vom Schemel und zog sich rasch das Tageskleid an. „Ich werde im Nu wieder hier sein. Sollte ich jedoch noch nicht wieder da sein, wenn es Zeit zum Aufbruch ist, dann fahren Sie ohne mich los und bringen Sie das Hochzeitskleid mit. Wir sehen uns dann vor der Kirche.“
Kaum eine Minute später rannte sie aus dem Haus und hielt eine Droschke an. Sie nannte dem Kutscher die Adresse in der Waltham Street, stieg in den Wagen und ließ sich auf den Sitz fallen. Inständig hoffte sie, dass Miss Greenaway zu Haus war.
Zwanzig Minuten später wurde ihr, nachdem sie an die Haustür geklopft hatte, von Miss Greenaway, die das Kind auf den Armen hielt, geöffnet. „Sie!“ rief sie aus und versuchte. Felicity die Tür vor der Nase zuzuschlagen.
Rasch stellte Felicity den Fuß in den Spalt und zuckte zusammen, als die Tür gegen ihren Schuh prallte. Damenschuhe waren eindeutig nicht dazu geeignet, als Türanschlag zu dienen.
„Gehen Sie fort! “ rief Miss Greenaway ihr durch den Spalt zu. „Ich habe Ihnen nichts zu sagen.“
„Bitte, lassen Sie mich herein, nur für einen Augenblick! Ich bin Lord St. Clairs Verlobte“, fügte sie hinzu, als Miss Greenaway ihr auf den Fuß trat.
Jäh herrschte Stille auf der anderen Seite der Tür. Dann beugte Miss Greenaway sich um die Türkante, das Kind an die Brust gedrückt. „Sie? Lord St. Clairs Verlobte?“
„Ich befürchte, ja.“ Felicity zog die Kette mit dem Siegelring hervor, nahm sie ab und hielt sie Miss Greenaway hin. „Ich bin wirklich Lord St. Clairs Verlobte.“
Misstrauischen Gesichts nahm Miss Greenaway den Ring entgegen. Als sie ihn betrachtete, schwand ihre misstrauische Miene, und ihr Gesicht drückte Verwirrung aus. „Ich begreife das nicht. Master Ian . . . ich meine, Lord St. Clair hat mir gestern gesagt, er werde eine gewisse Miss Felicity Taylor heiraten, aber er hat mir nicht gesagt, dass Sie auch . . . ich meine ... ich habe mir nicht vorgestellt, dass Sie...“
„Dass er Lord X heiraten würde? Nein, das hätte auch ich vor einigen Wochen noch nicht gedacht.“ Er war also hier gewesen und hatte Miss Greenaway von der bevorstehenden Hochzeit erzählt. An sich hätte Felicity eifersüchtig sein sollen, aber Miss Greenaway wirkte erstaunlich gelassen. Und würde die Mätresse eines Mannes ihn „Master“ nennen? „Ich bin Felicity Taylor und mit Ian verlobt. Die Trauung findet heute um elf statt. Daher habe ich nicht viel Zeit. Würden Sie mich bitte hereinlassen? Ich muss wirklich mit Ihnen reden!“
Miss Greenaway zögerte kurz, ehe sie dann doch die Tür aufmachte. „Seine Lordschaft wird wütend sein, wenn er hört, dass Sie bei mir waren. “
„Dann sollten wir ihm das nicht sagen“, erwiderte Felicity und betrat das Haus.
Neugierig betrachtete Miss Greenaway sie. „Also
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