Der verbotene Kuss
welche Schlussfolgerung Sie daraus gezogen haben.“
„Leugnen Sie, der Vater zu sein?“
„Würde mir das etwas nützen? Sie sind entschlossen, mich für den Verführer unschuldiger junger Frauen zu halten und in mir jemanden zu sehen, der wahllos Bastarde in die Welt setzt. Ich möchte Ihre falsche Meinung von mir nicht dadurch zerstören, dass ich Ihnen etwas so Nutzloses wie Fakten anbiete.“
Felicity empörte der Angriff auf ihre Integrität. „Falls Sie imstande sind, meine Schlussfolgerungen zu widerlegen, dann tun Sie das doch!“
„Also gut.“ Abrupt ging Lord St. Clair im Raum auf und ab und betrachtete die Einrichtung, als müsse er sie in einer Inventarliste aufnehmen. Er klappte eine silberne Schnupftabakdose auf, die auf einem Beistelltisch stand. „Nehmen Sie Schnupftabak, Miss Taylor?“ erkundigte er sich. „Natürlich nicht! Die Dose gehörte meinem Vater.“
„Also war das wohl auch sein Arbeitszimmer.“
„Ja.“
„Das dachte ich mir. Und der Degen, der dort an der Wand hängt? Gehörte er auch ihm?“
Worauf wollte der Viscount hinaus? „Nein, er gehörte meinem Großvater.“
Lord St. Clair schaute sich die Waffe genauer an. „Ach ja! Colonel Ansel Taylor. Die Soldaten des Regiments redeten oft über Ansel den Amboss, der ein eisernes Rückgrat hatte.“
„Im Regiment? Was haben Sie in einem Regiment gemacht?“
Seine Lordschaft lächelte leicht. „Ich habe im Krieg auf der iberischen Halbinsel gekämpft. “
Ungläubig starrte Felicity ihn an. Der Gedanke allein war lächerlich. Männer mit Titeln und großem Vermögen, noch dazu solche, die der einzige Sohn ihres Vaters waren, dienten nicht beim Militär. „Deshalb waren Sie so viele Jahre auf dem Kontinent?“ fragte sie, ohne sich die Mühe zu geben, die Skepsis zu verhehlen.
„Warum wollen Sie das wissen? Haben Sie vor, meine Kriegserlebnisse in Ihrer Zeitung abdrucken zu lassen?“ Die Wachsamkeit ausdrückende Miene des Viscounts verstärkte noch Felicitys Misstrauen vor ihm. „Können Sie mir einen Grund nennen, warum ich Ihre Kriegsgeschichten nicht abdrucken lassen sollte?“
„Ich befürchte, Sie würden dann behaupten, ich hätte für die Gegenseite gekämpft“, erwiderte Lord St. Clair in beißend herablassendem Ton.
Erbost schaute Felicity ihn an. „Ich sauge mir keine Informationen aus den Fingern, Sir, sondern gebe sie nur weiter!“
„Oder Sie stellen darauf basierende Mutmaßungen an.“ „Ja, wenn ich einigermaßen sicher bin, dass Fakten meine Vermutungen stützen.“
„Es wäre besser, Sie würden alle Fakten kennen, nicht nur die, welche von Interesse für Sie sind.“ Der Viscount schlenderte zum Kamin, betrachtete ein geschnitztes Schaf, das auf dem Sims stand, und drehte sich dann um. „Hatte Ihr Großvater Freunde aus seiner Militärzeit, für die er alles getan hätte?“
Felicity überlegte. „Ja. Er hat jede Woche mit einem Soldaten zu Abend gegessen.“
„Dann müssten Sie meine Situation verstehen. Miss Greenaway ist die Schwester eines Mannes, an dessen Seite ich in der Schlacht bei Vittoria gekämpft habe. Er starb in meinen Armen. Bevor er verschied, bat er mich, für seine Schwester zu sorgen. Das habe ich ihm versprochen. Sie wandte sich an mich, nachdem sie von einem Schuft verführt, geschwängert und im Stich gelassen worden war. Natürlich war ich einverstanden, ihr behilflich zu sein. Deshalb habe ich sie in dem Haus in der Waltham Street untergebracht.“
Felicity empfand starke Gewissensbisse. Wie konnte sie so voreilig falsche Schlussfolgerungen gezogen haben? Eine arme Frau, die schwanger und in Nöten war!
Plötzlich bemerkte sie, dass der Viscount sie anschaute, mit einem berechnenden und gänzlich unehrlichen Ausdruck in den Augen. Sie blickte zum Degen des Großvaters und auf die goldene Armeemedaille, die darunter hing. Darauf standen der Name des Großvaters und sein letzter militärischer Rang.
Der Schuft! Lord St. Clair hatte vorgegeben, Großpapa zu kennen, um seinen Lügen den Anstrich der Wahrheit zu geben, und damit sie sich schämte, weil sie seinen guten Ruf besudelt hatte. Felicity bezweifelte, dass der Halunke je von ihrem Großpapa gehört hatte, geschweige denn mit Männern zusammen gewesen war, die ihn kannten. Vermutlich hatte er einen Degen nur dann in der Hand gehalten, wenn er einer verheirateten Frau wegen, mit der er im Bett gewesen war, ein Duell ausgetragen hatte.
Oh! Sie würde ihm zeigen, dass sie nicht einfältig
Weitere Kostenlose Bücher