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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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erneut zurück. Ich steckte meinen Dolch in den Gürtel, beugte mich zum Kopf der Pandine herab und streckte meinen Arm aus …
    »Nicht berühren, Junge!«, hörte ich hinter mir Poseidonios’ Stimme.
    Ich wandte mich zu dem Philosophen um. Bei ihm standen die drei Uhrmacher. »Woher wisst Ihr, was ich gerade tun wollte?«
    »Das ist nicht schwer zu erraten, nachdem die anderen mir erzählt haben, wie du sie beseelt hast.«
    Diesmal missachtete ich den Rat des Meisters. Ich beugte mich zur Pandine herab, legte meine Hand an ihr eisig schönes Gesicht und wartete, bis es warm wurde. In dem stählernen Antlitz erschienen zwei rote, pupillenlose Augen. Feindselig starrten sie mich an. Irgendwie musste ich das Vertrauen der Skorpionfrau gewinnen. »Ich bin Theophilos von Menosgada. Nenn mir bitte eure Namen.«
    »Medusa heiße ich. Und die Pandine an meiner Seite, die ihr getötet habt, ist meine Zwillingsschwester …« Sie blickte zögernd zu derzerstörten Gefährtin. Thaurin hatte sich gegenüber dem Posten im Kastell durch eine unpersönliche Buchstaben-Nummern-Kombination zu erkennen gegeben. Fanden die Mekanisier ihre richtigen Namen erst, wenn sie beseelt wurden? »Meine Schwester hieß Euryale«, antwortete die Skorpionfrau mit einer Überzeugung, die wohl nur mit dem engen Band zwischen den beiden Pandinenzwillingen zu erklären war.
    Schwang da Mitleid in ihrer Stimme? Hatte sie ein Herz bekommen, das sich für das Gute gewinnen ließ? Ich ging neben ihrem Gesicht in die Hocke und blickte in die beunruhigenden Augen. Sie hatten weder Kreis noch Schlitz in der Mitte, sondern nur ein sternförmiges rotes Muster. »Nun bist du lebendig und hast einen freien Willen, Medusa. Ich wiederhole also meine Frage: Solltest du uns ernsthaft daran hindern, in die Kammer hinter dieser Tür einzudringen?«
    »Du lügst«, zischte sie. »Ein Rhinozeros steht auf meiner Brust, seine Handlanger hängen an meinem Leib, und du behauptest, ich sei frei.«
    Ich erhob mich, trat zwei Schritte zurück und beschrieb mit der Hand eine ausholende Geste. »Lasst sie bitte los, Freunde.«
    »Das ist nicht dein Ernst«, knurrte Lykos.
    »Sie soll dieselbe Chance bekommen wie ihr.«
    »Hast du dir das gut überlegt?«, fragte Thaurin.
    Ich nickte.
    Widerwillig ließen die Mekanisier die Skorpionfrau los. Arki tat sich damit am schwersten.
    Die Pandine rollte sich auf den Bauch herum, blieb aber geduckt.
    »Jetzt bist du frei«, sagte ich. »Geselle dich zu uns und es wird nicht zu deinem Schaden sein.«
    Sie lächelte und ihr Gesicht sah dabei aus wie das geheimnisvolle Antlitz einer Sphinx. »Du sprichst die Wahrheit, Menschenkind. Frei ist jedoch nur derjenige, der sich sowohl für die eine als auch für die andere Seite entscheiden kann.«
    »Packt sie!«, bellte Lykos.
    Seine Warnung kam zu spät. Die Pandine stieß sich mit sieben ihrer acht Beine kraftvoll vom Boden ab und setzte in einem hohen Bogen über mich hinweg. Ein gutes Stück hinter mir landete sie auf dem metallenen Hochglanzboden, schlitterte kurz, fing sich wieder und tippelte flink mit klickenden Schritten davon.
    Im Halbkreis standen wir um das eiserne Portal herum und starrten das seltsame Ding an, das in Griffhöhe beide Türflügel zu verbinden schien. Die meisten von uns waren ratlos.
    »Ich würde sagen, es ist ein Schloss«, schlug ich vor.
    »Du bist ein Genie!« Lykos war immer noch verstimmt, weil ich die Pandine hatte entkommen lassen.
    »Was denkt Ihr, verehrter Meister Poseidonios?«, fragte Giovanni.
    »Ich bin blind«, antwortete der Philosoph und tippte an seine dunkle Augenbinde.
    »Verzeiht. Ich vergaß …«
    »Habt Ihr schon versucht, ob sie überhaupt verriegelt ist?«
    Der Spanier griff nach den dicken Beschlägen, rüttelte daran und tatsächlich! Die Türflügel schwangen lautlos nach außen auf.
    »Das war wohl nichts«, quietschte Nullus enttäuscht.
    Im offenen Portal war die Achsenwand zum Vorschein gekommen. Langsam schob sie sich hinter dem Ausschnitt vorbei.
    Giovanni schlug die Türen sofort wieder zu und bekreuzigte sich. »Sie ist verhext!«
    Taqi gab einen unwilligen Laut von sich, trat näher ans Portal heran und deutete auf den Mechanismus. »Es scheint ein Kombinationsschloss zu sein. Ich nehme an, dass man diese Kuben in einer bestimmten Reihenfolge und Richtung verschieben muss. Im Orient benutzen wir so etwas schon lange.«
    »War ja klar. Die Muselmanen haben die Welt erfunden«, maulte Giovanni.
    Ich teilte Taqis Einschätzung.

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