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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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vielleicht sogar Oros eines Tages ins Tal der Gebeine werfen.«
    »Ist das auch deine Meinung, Andora?«, fragte Theo die Gliederpuppe.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ja. Seit ich zur Besinnung gekommen bin, konnte ich an nichts anderes denken.«
    Er nickte betrübt. Sophia spürte, wie seine Hand zitterte. Ihr war wohl mehr als jedem anderen hier bewusst, wie viel er auf sich genommen hatte, um seine Freunde aus Mekanis zu befreien. Und nun wiesen sie ihn zurück. So jedenfalls musste er empfinden. Sie hätte ihm so gerne etwas gesagt, das ihn trösten könnte, aber sie spürte selbst die lastende Endgültigkeit des Augenblicks wie ein schweres Gewicht auf ihrer Brust.
    »Es tut mir weh, euch so sprechen zu hören«, sagte Theo bitter.
    »Das verstehe ich, mein Freund«, erwiderte Thaurin mit seiner tragenden Posaunenstimme. »Doch bitte bedenke: Als du uns beseelt hast, bekamen wir auch den freien Willen von dir. Würdest du uns dieses Geschenk nicht wieder wegnehmen, wenn wir jetzt gegen unsere Überzeugung handeln müssten, nur um dir zu gefallen?«
    Theo seufzte und nickte abermals. Er schöpfte tief Atem, wohl um seine Einsicht kundzutun, als plötzlich an mehreren Stellen Türen aufflogen. Mechanische Wesen drängten in die Halle. Allen voran ein Trupp Dreifach Gehörnter Automanten, gefolgt von bewaffneten Gliederpuppen. Und dann kam Medusa herein.
    »O nein!«, schrie Sophia. Unvermittelt schwoll die Sphärenmusik zu noch größerer Lautstärke an.
    »Was ist passiert?«, keuchte Theo mit gehetztem Blick.
    »Ich hab vor Schreck den Schlüssel herumgedreht. Viel zu weit, glaube ich.« Rasch griff sie nach seiner Linken, mit der eigenen drückte sie sich das Weltenei an die Brust.
    Unterdessen stellten sich wie schon zuvor im Kerker Thaurin, Lykos und jetzt auch Andora schützend vor die Menschen.
    Anstatt die drei Verteidiger anzugreifen, belauerten die Maschinen des Stundenwächters sie nur. Sophia vermutete, dass sie kein geeignetes Programm für die Bekämpfung beseelter Artgenossen besaßen. Ein bizarrer Moment der Stille trat ein, in dem nur die Harmonien der Sphären zu hören waren – bis Theo den Schock überwunden hatte.
    »Das ergibt keinen Sinn, Sophia. Du musst dich täuschen. Wir sind immer noch hier?«
    Sie schüttelte verzweifelt den Kopf. »Dann ist die Uhr wieder kaputt.« Um sich zu vergewissern, drückte sie sich das Gehäuse ans Ohr. »Sie tickt. Sonst wäre ja kaum die Sphärenmusik lauter geworden.«
    »Verdammt!«, rief er, auch um die Halbkugeln zu übertönen. »Vielleicht war’s mit dem Aufziehen wirklich zu viel des Guten. Meister Nico hat mit seiner Reparatur ja etwas verändert. Eigentlich wär’s normal, wenn der Weltenwechsel nicht sofort kommt, da die Uhr nicht wissen kann, wie oft man den Schlüssel drehen will, aber …« Er verstummte, weil in diesem Moment Medusa ins Geschehen eingriff. Mit der freien Hand zückte er den Dolch.
    Thaurin wandte sich kurz zu ihnen um. Seine Miene verriet wilde Entschlossenheit. »Egal was auch geschieht: Lasst auf keinen Fall die Uhr los!«
    Die Zehngliedrige Pandine eilte auf die drei Verteidiger zu, den Skorpionschwanz drohend hochgereckt. Ihre acht Füße klickerten über den Boden. Etwa fünf Schritte vor den mekanischen Rebellen blieb sie stehen, mit dem Giftstachel auf den Automanten zielend. Voll boshafter Fröhlichkeit sagte sie: »Beim letzten Mal habe ich nur deine Hörner verstummelt, jetzt werde ich dich ganz verstümmeln.«
    »Aber nicht, ehe ich es dir befohlen habe!«, donnerte unvermittelt die Stimme des Königs durch die Halle der Sieben Goldenen Sphären.
    Umgeben von vier Gliederpuppen und vier Automanten, durchmaß Oros den Raum. Trotz seiner schwarzen Maske schien er das kleine Grüppchen aus Menschenkindern und Beseelten genau zu sehen und strebte zielsicher auf sie zu. Neben Medusa blieb er stehen.
    »Theo, sag deinen Freunden, sie sollen sich ergeben. Dann werde ich sie um deiner willen verschonen.«
    »Wer’s glaubt«, grollte Lykos und stürmte unvermittelt mit wütendem Knurren auf Medusa los. Nach drei langen Sätzen stieß er sich vom Boden ab, seine weit aufgerissenen Fänge zielten nach ihrem Hals.
    Die Pandine reagierte blitzschnell. Ihr Scherenarm wirbelte wie eine Keule durch die Luft und schleuderte den Wolf zur Seite, weg von sich und ihrem Herrn. Jaulend flog Lykos durch die Luft, prallte scheppernd auf den Boden, rutschte Funken stiebend darüber hinweg und blieb am Mauerring unter den Sphären

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