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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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konnte ich es nicht einordnen. Waren das Seufzen und das anschließende leise Klappern nur Einbildung gewesen? Hatte ich geträumt? Ich schlug die Augen auf.
    Schatten huschten über die Decke, von den Türlamellen in feine Streifen zerschnitten. Trotzdem glaubte ich, die Umrisse zweier Männer zu erkennen. Wechselten im Garten gerade die Wachen …?
    Unvermittelt erklangen ein Knarzen und Knirschen, das mir sämtliche Haare zu Berge stehen ließ. Erschrocken richtete ich mich im Bett auf und starrte zur Lamellentür. Jemand versuchte, sie von außen einzudrücken. Er ging dabei behutsam zu Werke, als wolle er jeden unnötigen Lärm vermeiden.
    Plötzlich war die Hölle los. Die Flügeltüren flogen auf und zwei Gestalten drängten in den Raum. An ihren Silhouetten konnte ich erkennen, dass sie Schwerter trugen. In dem von Fackeln erhellten Türausschnitt sah ich die Beine eines im Garten liegenden Wächters. Von rechts, wo Hyrkans Bett stand, rauschte ein Schatten durch mein Gesichtsfeld. Er krachte dem Eindringling ins Gesicht und zersplitterte hörbar in seine Einzelteile. Vermutlich war es ein von Hyrkan geworfener Stuhl.
    Etwas klimperte zu Boden. Blitzschnell bückte sich mein Freund danach. Ein Schwert! Als ehemaliger Pirat war er kampferprobt. Er riss die Waffe nach oben, um den gegen seinen Kopf geführten Hieb des zweiten Angreifers abzulenken. Eisen prallte auf Eisen. Funken sprühten. Eine hasserfüllte Stimme webte sich ins Singen der schwingenden Klingen.
    »Seit Aristobul dich mir vorgezogen hat, wollte ich schon immer wissen, wer der Bessere von uns beiden ist.«
    Obal!? Ich konnte nicht fassen, dass der Zenturio uns nicht nur gefunden, sondern auch noch unentdeckt in Pompeius’ Anwesen eingedrungen war. Oder gab es sogar hier Anhänger des armenischen Prinzen Tigranes?
    Ein neuerliches Aufeinanderklirren der Klingen ließ mich erschrocken an die Wand zurückweichen. Ich war der Sohn eines Druiden, der Schüler eines Philosophen, aber ich war kein Krieger. Ängstlich schlang ich die Arme um die angezogenen Beine und verfolgte mit eingezogenem Kopf und starrem Blick den Kampf.
    »Flieh, solange du noch kannst, Obal«, knirschte Hyrkan. Er war nach einem weiteren Schlagabtausch zum Gegner auf Distanz gegangen.
    »Nur keine Bange. Mamik und ich haben vorgesorgt«, entgegnete der Zenturio in verächtlichem Ton. Schnell wie eine Giftschlange stieß sein Schwert erneut vor.
    Als Hyrkan den Schlag parierte, verfingen sich seine Füße in den Beinen des besinnungslosen Legionärs. Er stolperte.
    Obal setzte sofort nach.
    Ein Gerangel auf Leben und Tod entstand.
    »Nein!«, schnappte ich entsetzt. Fassungslos verfolgte ich den Kampf. Weil er sich aus dem erleuchteten Türausschnitt herausverlagert hatte, konnte ich nur tobende Schemen sehen. Dazu kamen schreckliche Laute von Anstrengung und bald auch von Schmerz – ich sollte sie nie mehr vergessen.
    Plötzlich reflektierte blanker Stahl das Licht der Gartenfackeln. Ein erstickter Schrei erscholl und gleich darauf ein tiefes Seufzen. Hiernach erstarben sämtliche Geräusche.
    Lange lauschte ich nur. Mein Atem keuchte. Ich glaubte, mein heftig pochendes Herz zu hören. Ansonsten war gespenstische Ruhe um mich herum. Totenstille. Nicht nur im Zimmer, auch draußen im Garten war außer dem Zirpen der Grillen nichts mehr zu vernehmen. Warum hatte der Kampflärm keine Wachen auf den Plan gerufen? Waren sie alle von Obal und Mamik ermordet …?
    Unvermittelt hörte ich ein leises Stöhnen. Die Sorge um meinen Freund rang die Furcht nieder und ich rutschte vom Bett. Mein Fuß stieß an ein Stuhlbein. Ich hob es auf und schlich zu den drei reglosen Körpern in den Schatten. Ein unruhiger Lichtkeil, den Fackeln auf den Boden pinselten, erhellte ein einziges Gesicht. Das Gesicht von Hyrkan.
    Seine Augen waren geschlossen und aus seinem Bauch ragte ein Schwert.
    Mich ergriff eine übermächtige Angst. Ich glaubte, zusammenbrechen zu müssen. Irgendwie schleppte ich mich zu meinem Freund. Er stöhnte abermals. Seine Augenlider flatterten. Ich kniete mich neben seinen Kopf und strich ihm über die Stirn.
    »Hyrkan!« Meine Stimme klang so erbärmlich und piepsig wie die eines aus dem Nest gestoßenen Vogeljungen.
    Der Seemann stemmte die flatternden Lider hoch, sah mich an und hauchte: »Theo?«
    »Ja, ich bin es«, schluchzte ich. Meine Kehle war wie zugeschnürt und ich brachte kaum ein klares Wort heraus. Das Gesicht des Freundes verschwamm mir vor Augen, weil ich zu

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