Der verbotene Schlüssel
als Pompeius nach einer verlorenen Schlacht vor Iulius Caesar nach Alexandria floh.«
»Lass mich raten: Pompeius hat von Geminos’ Forschungen in Ägypten Wind bekommen und erhoffte sich, mithilfe des kosmischen Mechanismus den Spieß noch einmal umzudrehen.«
»Das trifft es ziemlich genau. Aus dem Konstruktionsplan heraus hörte ich, wie die beiden miteinander sprachen. Pompeius erwähnte, dass er am nächsten Tag neunundfünfzig werde, und wünschte sich die Macht des Diskus von Ys als Geburtstagsgeschenk. Er werde sich auch erkenntlich zeigen, versprach er Geminos. ›Nachdem ich meinen feinen Herrn Schwiegervater in den Orkus gejagt habe‹, versprach er, ›werdet Ihr neben mir der reichste Mann Roms.‹«
»Da hat Geminos natürlich gehofft, den Mechanismus doch noch bauen zu können.«
Theo wiegte den Kopf unschlüssig hin und her. »Da bin ich mir nicht so sicher. Seine Gedanken konnte ich ja nicht lesen. Jedenfalls hatte er kurz zuvor resigniert und die Arbeit an der Maschine eingestellt. Er wollte die Konstruktionszeichnung und seine Notizen der Bibliothek von Alexandria übergeben. Der Erste Bibliothekar hatte schon zugesagt, die Dokumente ›für die nächsten tausend Jahre sicher zu verwahren‹. Auch Paki, der junge Diener, wusste Bescheid. ›Sollte mir etwas zustoßen‹, hatte Geminos aus einer Vorahnung heraus zu ihm gesagt, ›dann bringst du mein Vermächtnis in die Bibliothek.‹«
»Vorahnung? Klingt so, als sei etwas gründlich schiefgegangen.«
Theo lief mit seinen neuen Sachen ins Badezimmer, um sie gleich anzuprobieren. Die Tür ließ er ganz ungeniert offen, damit er weitererzählen konnte. »So kann man es auch ausdrücken. Geminos weigerte sich und wies den Feldherren einmal mehr auf die gefährlichen Unwägbarkeiten hin. Paki stand verborgen hinter einer Trennwand, drückte sich den Diskus und die Pläne an die Brust, ohne zu ahnen, dass noch ein Vierter alles mitbekam …«
»Ein Junge im Labyrinth der Zeit.«
»Genau. Während Geminos und Pompeius noch miteinander stritten, stürmten plötzlich bewaffnete Männer in das Arbeitszimmer des Gelehrten. Ehe Pompeius überhaupt begriff, was geschah, war er schon tot. Die Hand, die sein Herz zum Stehen brachte, benutzte keine unheimliche Macht, sondern einen ganz gewöhnlichen Dolch. Dann geschah etwas Überraschendes: Agamemnon betrat den Raum.«
» Was? Ich denke, der ist im Meer ertrunken.«
»Das hatte ich auch angenommen. Am liebsten hätte ich vor Zorn über den Verrat laut geschrien. Stattdessen war ich – wie eine Fliege im Bernstein hermetisch eingeschlossen und trotzdem hellwach – zum Zuhören verdammt. Agamemnon berichtete Meister Geminos mit unverhohlener Schadenfreude von seinen Machenschaften, als seien es Heldentaten. Er hatte Obal zu Geminos’ Haus geführt, sich von seinen eigenen Kumpanen niederschlagen lassen und später seinen angeblichen Tod inszeniert.«
»Da war Geminos bestimmt platt.«
»Vor allem haderte er mit sich selbst. Meister Poseidonios habe ihm erzählt, dass sein Leibdiener aus Artaxata stammte, der Hauptstadt von Armenien, klagte er. Nach dem Überfall der Kilikier hätte ihm klar werden müssen, dass Agamemnon mit Tigranes unter einer Decke steckte. Mir ist in diesem bitteren Moment auch so einiges aufgestoßen.«
»So? Was denn?«
»Ich fragte mich, warum Obal an dem Tag, als Hyrkan uns die goldene Scheibe brachte, den Eingang von Poseidonios’ Haus unbewacht ließ. Oder wieso er mir, einem ›Barbarenbengel‹, hinterhergeritten ist und mich aus der wohl bestbewachten Villa des Imperiums entführt hat.«
»Und was war der Grund dafür?«
»Das sagte Agamemnon leider nicht. Er hatte es plötzlich sehr eilig und verlangte den Diskus von Ys .«
»Von Geminos? Hat er ihn rausgerückt?«
»Nein. Er wandte eine List an. ›Geh in die Bibliothek von Alexandria und lass dir geben, wonach dein falsches Herz begehrt. Hier wirst du vergeblich danach suchen‹, sagte er zu Agamemnon.«
»Und? Ist der ihm auf den Leim gegangen?«
»Er gab den Mördern von Pompeius einen Wink und sie fielen über Geminos her. Ich konnte die ganze Zeit das wild pochende Herz Pakis hören. Der Diener ahnte sicher, dass Agamemnon gleich das Haus seines hingemeuchelten Herrn durchsuchen lassen würde, und zog sich lautlos zurück. Er schlüpfte samt den Plänen und dem Diskus durch ein Fenster hinaus und lief zur Bibliothek von Alexandria.«
»Diese Ratte!«, stieß Sophia erbost hervor.
Theo kam aus dem
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