Der verbotene Turm - 11
die ich nicht trage. Und wenn sie versuchten, mich zu vergewaltigen . – sie lachte auf – . dann k ö nnte es ihnen schlechter ergehen als mir.
Andrew wandte das Gesicht ab. Er war froh, dass Callista es fertig brachte, zu lachen, aber dieser Witz eben war seiner Meinung nach von fragw ü rdigem Geschmack.
Ich werde nicht lange brauchen, bis ich gen ü gend Blumen gesammelt habe. Sie sind schon weit aufgebl ü ht und reich an ö len. Warte hier auf mich, mein Lieber.
Er tat, wie sie gesagt hatte. Callista verließ ihn und stieg in das Blumenfeld hinauf. Sie b ü ckte sich und schnitt die K ö pfe ab, die sie in einen mitgebrachten dicken Beutel stopfte. Andrew legte sich neben den Pferden ins Gras und sah ihr zu, wie sie sich leichtf ü ßig durch das Feld goldener und blauer Bl ü ten bewegte. Ihr rotgoldenes Haar fiel ihr in einem Zopf ü ber den R ü cken. Die Sonne schien warm, w ä rmer, als er sich an irgendeinen Tag auf Darkover erinnern konnte. Bienen und andere Insekten summten und schwirrten leise, und in der Luft waren ein paar V ö gel. Mit gesch ä rften Sinnen roch er rings um sich die Pferde und einen s ü ßen, fruchtigen, durchdringenden Duft, der, wie er annahm, von den Kireseth-Bl ü ten kam. Er sp ü rte, wie er ihm den Kopf f ü llte. Eingedenk Damons Warnung, nicht einmal die getrockneten Bl ü ten anzufassen oder daran zu riechen, f ü hrte er die Pferde gewissenhaft ein St ü ck weiter fort. Es war ein ruhiger, windstiller Tag. Nicht das leiseste L ü ftchen wehte. Andrew zog seine Reitjacke aus und legte sie sich unter den Kopf. Die Sonne machte ihn schl ä frig. Wie anmutig Callista sich niederbeugte, hier eine Bl ü te und da eine Bl ü te abschnitt und in ihren Beutel tat! Andrew schloss die Augen, aber hinter den Lidern konnte er immer noch das Sonnenlicht sehen, das sich in leuchtende Farben und Prismen brach. Er musste einen Hauch von den Pollen abbekommen haben; Damon hatte gesagt, es sei ein Halluzinogen. Aber er f ü hlte sich entspannt und zufrieden und ohne die geringste Neigung, etwas von den verr ü ckten Dingen anzustellen, die Menschen und Tiere unter diesem Einfluss tun sollten. Ihm gen ü gte es vollkommen, hier auf dem warmen Gras zu liegen und sich der wechselnden Regenbogenfarben hinter seinen Augenlidern vage bewusst zu sein. Als er die Augen wieder ö ffnete, war die Sonne heller und w ä rmer geworden.
Dann lief Callista auf ihn zu. Die Maske war ihr vom Gesicht gefallen, ihr Haar flatterte. Sie watete durch die schimmernden goldenen Wellen der sternf ö rmigen Blumen, die ihr bis zur Taille reichten, eine zarte, m ä dchenhafte Frau in einer Wolke leuchtend kupferfarbenen Haars. Einen Augenblick lang zitterte und verschwamm ihre Gestalt, als sei sie gar nicht da, als sei sie nicht seine Frau in ihrem Reitrock, sondern das geisterhafte Abbild, das er gesehen hatte, als ihr K ö rper in den H ö hlen von Corresanti gefangen lag und sie nur in unstofflicher Form durch die ü berwelt zu ihm kommen konnte. Aber sie war wirklich. Sie setzte sich neben ihn auf das Gras und beugte ihr gl ü hendes Gesicht mit einem so z ä rtlichen L ä cheln ü ber ihn, dass er nicht anders konnte, als sie an sich zu ziehen und ihre Lippen zu k ü ssen. Sie erwiderte seinen Kuss mit einer Leidenschaft, die ihn irgendwie wunderte . Doch mit seinen von den Pollen teils gesch ä rften, teils eingeschl ä ferten Sinnen konnte er sich nicht recht erinnern, warum er sich dar ü ber wundern sollte.
Er nahm sie in die Arme und zog sie neben sich auf das Gras. Er hielt sie fest und k ü sste sie st ü rmisch, und sie erwiderte seine K ü sse, ohne zu z ö gern und ohne sich von ihm zur ü ckzuziehen.
Ein Gedanke schoss ihm durch den Kopf wie ein Windhauch, der die goldenen Bl ü ten bewegte: Habe ich je gezweifelt, ob ich die richtige Frau geheiratet habe? Diese neue, willige Callista in seinen Armen, die vor Z ä rtlichkeit gl ü hte, ließ den Einfall absurd erscheinen. Er wusste, sie nahm den Gedanken wahr – er gab sich keine M ü he mehr, ihn vor ihr zu verbergen, er wollte nichts mehr vor ihr verbergen –, und er belustigte sie. Andrew sp ü rte durch die Wellen des Begehrens, die sie beide ü berfluteten, die zitternden Wellchen des Lachens.
Jetzt war er sich ganz sicher, dass er tun konnte, was er wollte, und sie w ü rde sich nicht widersetzen. Aber sein Gewissen hielt ihn davon ab, von ihr mehr zu verlangen als die K ü sse, die sie so leidenschaftlich erwiderte. Was sie auch
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