Der verbotene Turm - 11
emporzuragen, groß und befehlsgewohnt. Die Matrix flammte an ihrer Kehle. Damon sah die Matrix in Dezis Hand glosen wie eine gl ü hende Kohle, f ü hlte sie durch seine Jacke und in sein Fleisch brennen. Dezi schrie vor Schmerz und Wut auf, und einen Augenblick lang sah Damon Callista, wie sie in Arilinn gewesen war, umwallt vom Karminrot ihrer rituellen Robe als Bewahrerin. Mit dem kleinen Dolch, den sie an der Taille trug, schnitt sie den Lederriemen um Dezis Hals durch. Die Matrix fiel zu Boden und loderte wie eine Flamme auf, als Dezi nach ihr fasste. Damon f ü hlte mit Dezi die Pein, als Dezis Hand zu brennen begann. Die Matrix rollte auf die Seite, ein nutzloses, schwarzes, totes Ding.
Und Dezi verschwand! Einen Sekundenbruchteil lang starrte Andrew auf die Stelle, wo Dezi gestanden hatte. Die Luft zitterte immer noch hinter ihm. Dann gellte in den K ö pfen aller ein entsetzlicher Todesschrei voller Verzweiflung und Wut auf. Und sie sahen es, als seien sie in jenem Raum in Armida k ö rperlich anwesend. Als Callista die Domenic gestohlene Matrix vernichtete, konnte Dezi es nicht ertragen, von neuem ohne Matrix zu sein. Mit seiner letzten Kraft teleportierte er sich durch die ü berwelt und materialisierte an der Stelle, wo Damon seine Matrix verwahrt hatte – eine Panikreaktion ohne vern ü nftige ü berlegung. Ein Augenblick des Nachdenkens h ä tte ihm gesagt, dass die Matrix sich in einem soliden, fest verschlossenen Metallkasten befand. Zwei feste Gegenst ä nde konnten nicht gleichzeitig denselben Raum einnehmen – nicht im stofflichen Universum. Und Dezi – sie sahen es alle und schauderten vor Entsetzen – hatte sich halb in, halb außerhalb des Kastens mit der Matrix materialisiert. Noch bevor der verzweifelte Todesschrei erstarb, hatten sie alle das Echo in Damons Geist geh ö rt.
Dezi lag auf dem Fußboden der Schatzkammer zu Armida, vollst ä ndig und auf sehr blutige Weise tot. Noch in seinem Grauen fand Damon Mitleid mit den Leuten, die sich dieses Leichnams annehmen mussten, teilweise in einem fest verschlossenen Kasten steckend, der seinen Sch ä del wie eine faule Frucht zerdr ü ckt hatte. Ellemir war zu Boden gesunken und wimmerte im Schock. Andrews erster Gedanke galt ihr. Er eilte zu ihr, nahm sie in die Arme, versuchte, ihr von seiner Kraft abzugeben, wie er es bei Damon getan hatte. Damon raffte sich langsam auf und starrte ins Nichts. Callista blickte entsetzt in ihre Matrix.
Jetzt bin ich wirklich eine Meineidige . , hauchte sie. Ich hatte meinen Eid zur ü ckgegeben . und ich benutzte die Matrix, um zu t ö ten . Sie begann wild zu schreien, sich mit den F ä usten zu schlagen, ihr Gesicht mit den N ä geln zu zerfleischen. Andrew hob Ellemir behutsam in einen niedrigen Sessel und lief zu Callista. Er versuchte, ihre um sich dreschenden Arme festzuhalten. Ein Schauer blauer Funken stob auf, und er landete bet ä ubt an der gegen ü berliegenden Wand. Callista sah ihn mit weit aufgerissenen, wahnsinnigen Augen an und schrie von neuem. Ihre N ä gel rissen ihre Wangen auf, und das Blut folgte ihnen in d ü nnen, scharlachroten Linien.
Damon sprang vor. Er packte ihre Handgelenke mit einer Hand, hielt die sich wehrende, kreischende Frau eisern fest und schlug ihr mit der offenen Hand heftig ins Gesicht. Das Schreien erstarb zu einem Keuchen. Sie brach zusammen, und er hielt sie aufrecht und bettete ihren Kopf an seiner Schulter.
Callista begann zu schluchzen. Ich hatte meinen Eid zur ü ckgegeben . Ich konnte mich nicht beherrschen . Ich bin ihm als Bewahrerin entgegengetreten! Damon, ich bin immer noch Bewahrerin, obwohl ich meinen Eid . meinen Eid .
Verdammt sei dein Eid! , rief Damon und sch ü ttelte sie. Callista! H ö r auf damit! Weißt du nicht, dass du uns allen das Leben gerettet hast?
Sie h ö rte auf zu weinen, aber ihr Gesicht, grausig anzusehen mit den Streifen aus Blut und Tr ä nen, war zu einer Maske des Entsetzens verzerrt. Ich bin meineidig. Ich bin meineidig.
Wir sind alle meineidig , stellte Damon fest. Jetzt ist es zu sp ä t. Verdammt noch mal, Callie, nimm dich zusammen! Ich muss nachsehen, ob es diesem Bastard gelungen ist, auch deinen Vater zu t ö ten. Und Ellemir . Der Atem stockte ihm. Callista, durch den Schreck wieder zu sich gekommen, ging schnell zu Ellemir, die bewegungslos in ihrem Sessel lag.
Einen Augenblick sp ä ter hob Callista den Kopf. Ich glaube nicht, dass das Kind gelitten hat. Oh, Damon, sieh, ob bei unserem Vater alles in Ordnung
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