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Der verbotene Turm

Der verbotene Turm

Titel: Der verbotene Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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müssen?«
    Langsam suchte er sich einen Weg durch diese Vorstellungen wie durch ein Labyrinth. Es war nicht leicht. Er hatte geglaubt, seine kulturellen Vorurteile zum größten Teil abgeschüttelt zu haben. Doch nun enthüllte das Entfernen einer Schicht wie bei einer Zwiebel nur eine tiefere Schicht, dick und undurchdringlich.
    Er dachte daran, wie er in Ellemirs Bett erwacht war und Damon sich über ihn beugte. Vielleicht hätte er Damon gern zornig gesehen, weil ein Mann seiner eigenen Welt zornig gewesen wäre und er den Wunsch nach einer wohl vertrauten Reaktion hatte. Sogar Schuldgefühle wären ihm willkommen gewesen …
    »Und Ellemir? Du hast es schlicht von ihr erwartet . Niemand hat sich mit ihr beraten oder sie gefragt, ob sie dazu bereit sei.«
    »Hat Ellemir sich beklagt?« fragte Callista lächelnd.
    Teufel, nein, dachte er. Sie schien es zu genießen. Und auch das machte ihm zu schaffen. Wenn Ellemir und Damon so glücklich verheiratet waren, wie konnte sie so viel Freude – verdammt noch mal, so viel Vergnügen! – daran haben, mit ihm ins Bett zu gehen? Andrew war wütend und schuldbewußt, und noch schlimmer wurde es dadurch, daß Callista auch das nicht verstand.
    Callista erklärte: »Als Elli und ich heirateten und zustimmten, unter einem Dach zu leben, haben wir das als selbstverständlich vorausgesetzt. Falls eine von uns einen Mann geheiratet hätte, den die andere … nicht akzeptieren könnte, dann, das kannst du dir doch denken, hätten wir dafür gesorgt …«
    Das ließ in Andrews Kopf eine Warnglocke erklingen. Er hatte jedoch keine Lust, über die offensichtlichen Folgerungen nachzudenken.
    Callista fuhr fort: »Bis vor ein paar hundert Jahren hat es Ehen, so wie wir sie heute verstehen, überhaupt nicht gegeben. Und man hielt es nicht für recht, wenn eine Frau mehr als ein oder zwei Kinder von demselben Mann hatte. Bedeutet dir der Ausdruck genetischer Pool irgendetwas? In unserer Geschichte hat es eine Periode gegeben, als sehr wertvolle erbliche Begabungen beinahe verschwunden waren. Deshalb sollten in den Kindern so viele genetische Kombinationen wie möglich erzeugt werden, damit wichtige Gene nicht zufällig verloren gingen. Nur einem Mann Kinder zu gebären kann eine Form der Selbstsucht sein. Deshalb gab es damals keine Ehen im heutigen Sinn. Bei uns werden die Frauen nicht wie bei den Trockenstädtern gezwungen, die Konkubinen ihrer Männer in ihrem Haus aufzunehmen, aber mit anderen Frauen teilen müssen sie immer. Was macht ihr Terraner, wenn eure Frauen schwanger, wenn sie zu schwer, zu müde oder krank sind? Verlangt ihr von einer Frau, daß sie ihren Instinkten Zwang antut, nur damit ihr eure Bedürfnisse befriedigen könnt?«
    Wenn Ellemir ihn das gefragt hätte, wäre es in Andrews Augen ein Punkt für sie gewesen, aber Callista sprach ohne jede Herausforderung. »Kulturelle Vorurteile sind nicht rational«, erwiderte er ruhig. »Wir sind dagegen, mit anderen Frauen zu schlafen. Eure Einstellung gegen Sex während der Schwangerschaft ist unsinnig für mich, es sei denn, die Frau wäre wirklich krank.«
    Callista zuckte die Schultern. »Biologisch betrachtet, will kein schwangeres Tier den Geschlechtsverkehr, und die meisten würden ihn nicht ertragen. Wenn eure Frauen kulturell konditioniert sind, ihn als Preis für die Erhaltung des sexuellen Interesses ihrer Männer zu akzeptieren, kann ich nur sagen, daß sie mir leid tun. Würdest du es von mir verlangen, wenn ich aufgehört hätte, Freude daran zu haben?«
    Zu seiner eigenen Überraschung mußte Andrew lachen. »Liebes, von all deinen Sorgen läßt sich diese am leichtesten zurückstellen, bis es so weit ist! Gibt es bei euch auch ein Sprichwort des Sinnes: Über diese Brücke gehen wir, wenn wir dort angekommen sind?«
    Auch Callista lachte. »Wir sagen, dies Fohlen werden wir reiten, wenn es groß genug ist, einen Sattel zu tragen. Aber im Ernst, Andrew, was tut ihr terranischen Männer …«
    Er unterbrach sie: »Gott helfe mir, Liebling, ich weiß nicht, was die meisten Männer tun. Ich bezweifele, daß ich von dir irgendetwas verlangen würde, das du nicht willst. Ich würde wahrscheinlich … wahrscheinlich die Dornen mit der Rose nehmen. Vermutlich gehen manche Männer zu anderen Frauen, werden aber verdammt aufpassen, daß ihre Gattinnen es nicht erfahren. Es gibt noch ein altes Sprichwort: Was das Auge nicht sieht, macht dem Herzen keinen Kummer.«
    »Aber in einer Telepathen-Familie läßt sich eine

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