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Der Verehrer

Der Verehrer

Titel: Der Verehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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keineswegs im See ertrunken, sondern ihm weggelaufen sei. Sie …«
    Plötzlich wurden ihre Augen groß und ihr Atem flach, als ihr aufging, was sie da gerade gesagt hatte.
    »Wolfgang , sie war der Auslöser! Verstehst du? Das wußte Robert auch. Ich habe es ihm ja gesagt. Er hat wie verrückt auf Millie geschimpft … Meinst du, daß er …?«
    Wolfgang vermied es, sie anzusehen.
    »Er war es, Leona, soviel steht schon fest. Seine Fingerabdrücke befanden sich an verschiedenen Stellen in der Wohnung des Opfers, zudem auf dem Messer, mit dem die Tat ausgeführt wurde. Sie haben sie verglichen mit Abdrücken in seiner Wohnung. Sie sind übrigens auch identisch mit den Fingerabdrücken auf unserer Küchentür.«
    Leona hatte das sichere Gefühl, daß ihr jeden Moment schwarz vor den Augen werden würde, und offenbar konnte man ihr das ansehen, denn Wolfgang war sofort neben ihr, kauerte sich nieder und nahm ihre eiskalten Hände in seine.
    »Ganz tief durchatmen«, sagte er eindringlich, »ganz tief und ganz ruhig, Leona. So ist es gut.«
    Tatsächlich verebbte der Schwindel, und das Flimmern vor den Augen verschwand. Sie konnte Wolfgangs besorgtes Gesicht dicht vor sich sehen.
    »Meine Güte«, sagte er, »du bist eben grau bis in die Lippen geworden. Ich dachte, du bist jede Sekunde weg.«
    Sie strich sich über die Stirn, auf die sich ein kalter Schweißfilm gelegt hatte.
    »Das war wohl eben einfach zuviel.«

    »Du trinkst jetzt erst einmal einen Schnaps«, bestimmte Wolfgang und stand auf. »Und danach gehen wir irgendwohin zum Essen. Du bist sehr dünn geworden, Leona. Jemand muß dich endlich aufpäppeln.«
    Aber nicht du, dachte sie, selbst erstaunt über die Aggressivität, die sich in ihr breitmachte. Sie beobachtete ihren Mann, wie er ein Glas aus dem Schrank nahm, eine Schnapsflasche aus dem Eßzimmer brachte, öffnete. Rasche, geübte Handgriffe. Es waren sein Haus, seine Gläser, seine Flaschen. Und hätte er nicht im vergangenen Jahr plötzlich geglaubt, seine ungebrochene Potenz und seinen maskulinen Charme im Bett einer anderen Frau zur Schau stellen zu müssen, dann hätte alles bleiben können, wie es gewesen war: das behagliche Haus, das gute Leben. Wäre er nicht ausgebrochen, dann hätte das Grauen dieses Alptraums nie von ihnen allen Besitz nehmen können. Dann würde Dolly noch leben und die arme Millie Faber, und Paul würde nicht auf der Intensivstation eines Krankenhauses mit dem Tod kämpfen. Sie müßten nicht zittern vor Angst, wer der Nächste sein würde.
    Warum konnte nicht alles bleiben, wie es war, dachte sie, gleichermaßen verzweifelt und wütend, warum hat er alles kaputtmachen müssen?
    Sie stand auf. Zu ihrem eigenen Erstaunen trugen ihre Beine sie besser, als sie erwartet hatte. Als Wolfgang an sie herantrat, um ihr das Glas zu reichen, hob sie die Hand und schlug ihm ins Gesicht.
    »Du Schwein!« sagte sie. »Du verdammtes Schwein mit diesem verdammten Flittchen, das du unbedingt beglücken mußtest! Ist dir eigentlich klar, was du angerichtet hast?«
    Er sah sie völlig perplex an. Auf seiner Wange zeichneten sich alle fünf Finger ihrer rechten Hand ab. Der
Schnaps war übergeschwappt, lief den äußeren Rand des Glases hinunter.
    »Bist du verrückt geworden?« fragte er schließlich.
    »Ob ich verrückt geworden bin? Das ist eine wirklich gute Frage! Vielleicht werde ich noch verrückt, wenn das so weitergeht.« Ihre Stimme hatte einen unschönen, schrillen Klang angenommen. »Bisher haben wir ja auch nur eine tote Katze, eine tote Frau und einen halbtoten Mann. Das ist ja noch gar nichts, aber vielleicht wird es noch besser, nicht? Robert hat bestimmt noch eine ganze Reihe guter Einfälle auf Lager, wir dürfen richtig gespannt sein!«
    Wolfgang stellte das Glas auf dem Tisch ab. »Leona, es ist kein Wunder, daß dir die Nerven versagen. Aber du mußt versuchen, jetzt …«
    »Ach, ich muß versuchen? Ich ?« Sie wich seiner Hand aus, die er ihr beruhigend auf den Arm legen wollte. »Hast du mal darüber nachgedacht, inwieweit du für das alles hier verantwortlich bist? Für den ganzen Schlamassel, in dem wir jetzt bis zum Hals stecken? Du mit deinem …«
    »Jetzt hör aber auf!« Er war nun auch wütend. »Bin ich mit Jablonski ins Bett gegangen oder du? Wer von uns beiden hat denn diesen Perversen an Land gezogen?«
    »Na, großartig! Jetzt bin ich schuld an allem. Jetzt …«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    » Du bist ausgebrochen! Du hast mich verlassen! Du hast

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