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Der Verehrer

Der Verehrer

Titel: Der Verehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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plötzlich denken: ein verpfuschtes Leben. Ein völlig verpfuschtes Leben, das ein elendes Ende in der Gewalt eines Psychopathen finden wird.
    »So, raus jetzt aus der Dusche!« kommandierte Robert. »Es reicht! Ich habe noch anderes zu tun heute.«
    Tränenblind und unbeholfen wie ein nasser Sack, kletterte sie aus der Wanne, tastete nach ihrem Badetuch,
hüllte sich darin ein. Für Momente wenigstens war ihr Körper in all seiner Unzulänglichkeit seinen Blicken entzogen. Das Tuch fühlte sich tröstlich flauschig an und roch nach dem Duftvlies, das sie der Wäsche im Trockner immer beilegte. Im Spiegel konnte sie ihr Gesicht sehen: verquollen vom Weinen, unschön gerötet von der Hitze des Wassers, fleckig und irgendwie aufgelöst.
    Immer noch in das Badetuch gewickelt, stolperte sie in ihr Schlafzimmer. Sie sah, daß er ihr Bett frisch bezogen und dann offenbar die Nacht darin verbracht hatte. Die alte Bettwäsche lag zusammengeknäult in der Ecke.
    Sie zog ihren Trainingsanzug an; nun, da ihr Bademantel beschmutzt war, war er das Bequemste, was sie hatte, und da ihr schwante, daß sie die nächsten Stunden wieder verschnürt und verknotet auf dem Sofa würde verbringen müssen, erschien es ihr als das klügste, sich mit ihrer Kleidung nicht noch mehr zu belasten.
    »Darf ich noch auf die Toilette gehen?« fragte sie schließlich mit Piepsstimme.
    Er machte eine ungeduldige Handbewegung. »Okay. Aber beeile dich!«
    »Allein?«
    Die Vorstellung, er könnte ihr auch dabei noch zusehen, war nicht erträglich.
    Robert überlegte, nickte schließlich.
    »Gut. Aber die Tür bleibt angelehnt. Ich stehe direkt davor. Wenn ich höre, daß du versuchst, ans Fenster zu kommen, bist du in der nächsten Sekunde tot. Klar?«
    Gefesselt und geknebelt setzte er sie dann auf ihren Fernsehsessel im Wohnzimmer, nachdem sie zuvor ein Glas Wasser hatte trinken und eine Buttersemmel hinunterwürgen dürfen. Sie konnte hören, wie die Wohnungstür hinter ihm zufiel und seine Schritte auf der
Treppe verklangen. Wenn ihm doch ein Nachbar begegnete! Einer, der das Fahndungsbild in den Zeitungen gesehen hatte!
    Aber Robert war schlau. Er hatte sich mit Sicherheit überzeugt, daß das Treppenhaus leer war, ehe er losging.
     
    Robert kam am Nachmittag zurück, bester Laune und bepackt mit zahlreichen Einkaufstüten. Er streckte nur kurz den Kopf ins Wohnzimmer und vergewisserte sich, daß Lydia noch genauso dasaß, wie er sie am Morgen plaziert hatte. Dann verschwand er, und nach einer Weile hörte sie ihn in der Küche hantieren. Teller und Töpfe klapperten, und schließlich zog köstlicher Essensduft durch die Wohnung. Lydia spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog, wieder und wieder. Sie hätte gedacht, in einer Lage wie der ihren finde ein Gefühl wie Appetit überhaupt nicht mehr statt, aber jetzt war ihr geradezu schlecht vor Hunger. Seit dem Frühstück am Vortag hatte sie nur eine einzige Semmel bekommen.
    Robert tauchte wieder im Wohnzimmer auf und begann den Tisch zu decken. Er deckte für zwei Personen!
    Sie wurde von ihren Fesseln befreit, durfte auf die Toilette gehen, sich die Hände waschen. Sie durfte mit ihm am Tisch sitzen und essen, Nudeln mit Gulasch, und einen Rotwein dazu trinken. Ein Gefühl von Sympathie, beinahe Liebe überschwemmte sie. Sie war dankbar wie ein kleines Kind, das man in einen dunklen Schrank gesperrt und plötzlich wieder hinausgelassen hat. Ihr Peiniger, der mit ihr verfahren konnte, wie er wollte, bekam in Momenten, da er sie gut behandelte, gottähnliche Züge.
    »Sie kochen sehr gut«, sagte sie vorsichtig.
    Robert schien sich über das Kompliment zu freuen.
    »Ja? Ich habe immer gern gekocht. Manchmal stehe ich
stundenlang in der Küche und bereite irgend etwas ganz Besonderes zu.«
    Ermutigt durch seinen freundlichen Plauderton, fuhr Lydia fort: »Eva war da ganz anders. Sie haßte es zu kochen. Sie sagte, schon ein Spiegelei sei ihr im Grunde zuviel. Sie liebte es, wenn ich für sie kochte.«
    »Eva war ziemlich verwöhnt. Leider bin ich die Ursache. Ich habe viel zu viel für sie getan, immer schon.« Sein Gesicht hatte sich verfinstert. Er nahm einen Schluck Rotwein. »Sie war ein launisches, undankbares Geschöpf, fandest du nicht?«
    Es schien Lydia angebracht, vorsichtig zu sein.
    »Ich weiß nicht. Ich mochte sie.«
    Ungeduldig trommelte er mit den Fingern auf den Tellerrand.
    »Natürlich. Ich mochte sie auch. Aber ich war nicht blind gegenüber ihren Fehlern.«
    Lydia schwieg. Sie

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