Der vergessene Mond Bd II - Zeit des Erwachens (German Edition)

kam das er so selten sprach und es deshalb umso mehr Aufmerksamkeit erzeugte, wenn er dann doch das Wort ergriff. Ein langer Bart zierte das Gesicht des kleinen Mannes, der nun Marlas Platz in der Mitte des Zeltes einnahm. „Seit Stunden diskutieren wir nun schon darüber, ob die Zeit gekommen ist oder nicht. Dabei ist diese Diskussion doch vollkommen unnötig.“ Ein fragendes Raunen ging durch den Raum. „Wenn die Zeit des Erwachens gekommen ist, wird sie nicht wieder weggehen nur weil wirsie verleugnen. Und wenn sie nicht gekommen ist, dann können wir sie auch nicht herbeireden. Sie ist da oder eben nicht, viel wichtiger ist doch die Frage, was wir tun wenn sich bestätigt, dass sie wirklich gekommen ist.“
    Stille machte sich in dem Zelt breit und Marla konnte sich ein stilles Grinsen nicht verkneifen. Kalos hatte den Zeitpunkt gut gewählt und sein Argument wirkungsvoll vor den Rat gebracht, genau wie sie es besprochen hatten. „Nun Kalos, was lehren uns die alten Schriften, was wir tun müssen?“ Sie stellte ihre Frage schnell, bevor eines der verdutzten anderen Ratsmitglieder reagieren konnte. „Wir helfen dem Auserwählten, die Welt wieder ins Gleichgewicht zu bringen.“ Zufrieden blickte Marla in die Runde. Sie hatte kein schlechtes Gewissen, dass sie den Dialog mit Kalos schon vor der Zusammenkunft festgelegt hatte, um ihren Punkt zu machen. Wichtig war nur, dass der Rat verstand, worauf es ankam. Schließlich stand Pesse von ihrem Platz auf, sie war ebenso alt wie Marla selbst und Anwärterin auf den Posten der Sprecherin, falls Marla etwas zustoßen sollte. „ Oder falls mich das Alter doch noch einholt. “ Marla mochte ihre direkte Konkurrentin nicht besonders und wusste, dass es auf Gegenseitigkeit beruhte. Das Kräftemessen zwischen ihr und Pesse fand nun schon über Jahrzehnte hinweg statt und doch war es immer noch Marla, die den Stab der Ratssprecherin trug.
    „Also gut Marla, nehmen wir für einen Moment an, du hast recht. Was werden wir tun? Die Klanlords informieren? Die werden Beweise fordern und trotz all deiner schönen Worte werden wir ihnen keine Beweise zeigen können, nicht wahr?“ Pesses Worte stachen wie spitze Dolche in den Raum und waren direkt auf Marla gezielt. Sie hatte ihre Argumentation genau verfolgt, analysiert und dann bei ihrer Schwachstelle gepackt, so wie Marla es erwartet hatte. Es war nun Zeit für Marla, ihren Trumpf zu spielen.
    „Es gibt einen Weg, es zu beweisen. Es ist mir gelungen, eine weitere der alten Schriften zu übersetzen, die ich bisher noch nicht vorgetragen habe. Sie berichtet von einem unmissverständlichen Zeichen. Tritt es ein, haben wir Gewissheit.“ Triumphierend sah sie in die zusammengekniffenen Augen Pesses, die sie mit ihrem wütenden Blick zu verzehren schien. Marla hatte ihren Zweikampf einmal mehr für sich entschieden.
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    Mit einem Gefühl von Ehrfurcht sah Herm hinab in die Ebene, die von tausenden Zelten bedeckt war. „ Unglaublich, so viele. “ Tyr hatte ihm erzählt, das es die größte Zusammenkunft seit Jahren werden würde, alle elf Klanlords würden kommen und ihre Krieger mitbringen, um Stärke zu zeigen. Und doch hätte Herm niemals gedacht, dass es so viele sein würden. Dann trat Kira neben ihn und legte ihre Hand auf seine Schulter, sie schien sich für einen kurzen Moment an ihn zu lehnen, bevor sie sich schließlich neben ihn stellte. Einen Augenblick lang versank Herm in ihrer Berührung und stellte sich vor, wie sie sich an ihn schmiegte, die Berührung ihres Körpers hatte nach wie vor eine erregende Wirkung auf ihn.
    Mit einem Schütteln warf er die Gedanken an Kira ab und starrte zusammen mit ihr wieder auf das Meer von ledernen Zelten, das sich vor ihnen wie ein brauner Teppich ausbreitete. In der Mitte des riesigen Teppichs ragten neun große Steine in den Himmel, die in einem Kreis angeordnet selbst die größten Zelte noch um das doppelte überragten. Um die Steine herum standen zwölf besonders große und prächtige Zelte, über elf von ihnen wehten die Fahnen der verschiedenen KlansValkalls, über dem zwölften und größten der Zelte jedoch wehten keine Fahnen. „ Wessen Zelt das wohl ist? “
    Gerade, als Herm sich die Frage in Gedanken gestellt hatte, stieß Kira ihn an und zeigte auf gerade dasselbe Zelt. „Das ist das Zelt der Runenleser. Der Rat der Neun tagt dort unter der Leitung von Marla, der Sprecherin. Es ist das Ziel deiner Reise.“ Sprachlos sah Herm sie an. Offenbar hatte Kira bei