Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
das Sophia ihrem Geliebten schenken könnte, doch nur von dir stammen könne. Denn der Basileus hat sich in den Betten seiner drei Basilissas bisher vergeblich bemüht, einen Sohn zu zeugen.«
»Wie geht es Sophia?«
»Sie ist in Tränen ausgebrochen, als Demetrios sie während eines Banketts als Ehebrecherin bloßstellte.«
»Und Ioannis?«
»Er hat getobt. Er hofft, Sophia könnte ihm endlich einen Erben schenken. Seine Ehe mit Maria ist die dritte und letzte. Der Patriarch wird ihm niemals gestatten, ein viertes Mal zu heiraten. Demetrios' Bemerkung hat ihn zutiefst gedemütigt, weil sein Bruder ihn damit als impotent bezeichnet hat.«
»Und dann?«
»Demetrios hat urbi et orbi verkündet, er würde sich niemals einem römischen Papst unterwerfen, einem Häretiker gegen den wahren Glauben Jesu Christi. Die Verbrüderung mit den Schismatikern in Rom sei Verrat an der Orthodoxie. Die Einführung der lateinischen Liturgie in griechischen Kirchen sei eine frevelhafte Missachtung des antiken hellenistischen Erbes der Kirche!
Nach fast einem Jahr der Streitereien im Konzil sind alle, die nicht bereits gegen den Willen des Kaisers abgereist sind, verbittert und enttäuscht. Der sonst so ruhige und besonnene Basilios sprüht Funken des Zorns, wenn er dem Bischof von Ferrara begegnet, weil der orthodoxe Gottesdienste in seinen Kirchen verbietet.
Mit seiner Rede hat Demetrios alle Metropoliten und Erzbischöfe, die noch immer gegen die Kirchenunion sind, auf seine Seite gezogen - allen voran Markos Eugenikos. Wenn Demetrios seinen Bruder stürzt, hat er etliche einflussreiche Metropoliten hinter sich. Und ein paar deiner Bischöfe.«
»Allmächtiger Gott!«
Und in Athen drohte ein Aufstand der Gläubigen! »Basilios hat stundenlang auf den Kaiser eingeredet, um ihn davon abzuhalten, Demetrios wegen Hochverrats zu verurteilen.«
»Und?«
»Ioannis weigert sich, seinen Bruder zu empfangen, um ihm zu vergeben.«
Seit sechzehn Jahren waren Ioannis und Demetrios unversöhnlich zerstritten, seit der Bruder des Basileus überstürzt nach Ungarn an den Hof des Königs und späteren Kaisers Sigismund geflüchtet war, nachdem er mit seinem unstillbaren Ehrgeiz sämtliche Brüder gegen sich aufgebracht hatte. Seit seiner Rückkehr hatte es in der kaiserlichen Familie keinen Frieden mehr gegeben.
Zutiefst besorgt schritt ich mit Natanael durch die von Fackeln beleuchtete Via Larga. Kurz darauf erreichten wir San Marco. Fra Serafino half mir, meine Reisetruhen zu packen, die er und zwei andere Mönche eine halbe Stunde später in meine neue Residenz brachten. Natanael und ich ritten zurück zur Piazza del Duomo und wandten uns am Palazzo d'Ascoli nach rechts in die Straße zur Piazza della Signoria, dann nach links in den Borgo degli Albizzi.
Der Palazzo Albizzi, wo ich während der nächsten Wochen des Konzils mit Basilios und unser beider Gefolge wohnen würde, war dunkel und kalt. Niemand erwartete uns, denn ich hatte angekündigt, dass ich erst nach Basilios' Ankunft hier einziehen würde - also in zwei Wochen.
Während Natanael und ich unsere Truhen auspackten, eilte Fra Serafino in den nur wenige Schritte entfernten Palazzo d'Ascoli und holte zwei Diener, die in unseren Schlafzimmern die Kamine entzünden, die Betten frisch beziehen und für Ordnung sorgen sollten.
Nach einem heißen Bad aßen Natanael und ich vor dem flackernden Kamin zu Abend und sprachen über die Ereignisse der letzten Tage in Ferrara und Florenz. Mein Bruder war sehr still, als ich ihm von meinem Treffen mit dem Papst berichtete und ihm dessen Wunsch offenbarte, ich möge ihm als erstem Pontifex einer vereinigten griechisch-römischen Kirche zur Seite stehen. Traurig fragte er:
»Glaubst du, er wird dich in Rom zum Kardinal ernennen?«
Am nächsten Morgen stand ich neben den Würdenträgern der Republik Florenz auf den Stufen von Santa Maria del Fiore und beobachtete den Einzug des Metropoliten von Kiew.
Schaulustige Florentiner drängten sich in der Via Larga, um seine Gefolgsleute aus dem fernen Russland zu bestaunen, die in einer langen Prozession zur Piazza del Duomo ritten.
Hinter Isidor von Kiew erkannte ich einen dunkelhäutigen Priester im langen Brokatgewand. Er mochte um die achtzig sein. Sein Gesicht wirkte wie aus poliertem Ebenholz geschnitzt. Einer seiner Diakone hielt einen mit Kreuzen bestickten Brokatschirm über seinen Kopf, ein anderer trug ein hohes Prozessionskreuz aus ineinander verwobenen Ornamenten.
»Wer ist
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