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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Angst!«, gestand sie mit bebender Stimme. »Bleib heute Nacht bei mir, und halte mich fest in deinen Armen! Lass mich bitte nicht allein!«

    Eng aneinandergeschmiegt lagen wir in jener Nacht in ihrem Bett, teilten die Decke, das Kissen und die Wärme unserer Körper. Mit Händen und Lippen liebkosten wir einander zärtlich und genossen das Gefühl der Liebe und der Zärtlichkeit, das uns bewies, dass wir noch am Leben waren.
    Welch berauschendes Gefühl, so sehr geliebt zu werden!
    Welch sinnliche Verführung zum Hoffen, zum Leben, zum Begehren und zum Glücklichsein! Mein Lebenslicht brannte ohne zu flackern und so strahlend hell wie nie zuvor. Ich verschwendete keinen Gedanken daran, dass es in einigen Monaten verlöschen könnte.
    Wie gern hätte ich meine Gelübde vergessen und mich ihr mit Herz und Seele hingegeben! Doch ich wollte meinen Schwur nicht brechen, denn noch war ich ein Priester.
    Am nächsten Morgen kehrten Natanael und ich nicht in den Palazzo Albizzi zurück - ich wollte Alessandra nicht verlassen. Wie kostbar waren die wenigen Stunden, in denen ich mit ihr glücklich war! Funkelnde Juwelen in einer Schatztruhe voller Erinnerungen an ein Leben, das bald enden würde.
    Obwohl Natanael sich wünschte, ich möge mich auf das Gebot Gottes besinnen und meine sexuelle Enthaltsamkeit aufgeben, war mein Bruder nicht glücklich über meine Liebe zu Alessandra. Denn er ahnte, dass ich mich irgendwann zwischen ihm und ihr entscheiden musste. Mein Bruder sehnte sich zurück nach Konstantinopolis. Der Judenhass in Venedig und Ferrara hatte ihn zutiefst erschreckt. Sobald das Unionsdekret unterzeichnet war, wollte er Italien verlassen und abreisen - zuerst nach Athen, wo wir einen Aufstand der Gläubigen verhindern mussten, und dann nach Hause. In den letzten Monaten meines Lebens wollte er mich umsorgen, um mir die verlorenen Jahre meiner Kindheit wiederzugeben.
    Seit meiner Unterredung mit Eugenius fürchtete Natanael, der Papst werde mich zum Kardinal der griechisch-römischen Kirche ernennen und ich könnte mich entschließen, wegen Alessandra in Florenz zu bleiben.
    Alessandra ahnte, was in meinem Bruder vorging.
    Natanael hatte eine Weile an ihrem Bett gesessen, bevor er zum Freitagabendgottesdienst in die Synagoge ging. Währenddessen saß ich am Schreibtisch in Alessandras Arbeitszimmer und schrieb an meinem Buch über Paulus. Durch die offene Tür vernahm ich ihr Getuschel.
    »... nehme ihn dir nicht weg!«, beteuerte sie.
    Still legte ich die Feder aus der Hand und lauschte.
    »Niketas und ich, wir lieben uns. Aber er wird mich verlassen. Ich werde ihn nach Venedig begleiten, mich am Molo von ihm verabschieden und traurig zusehen, wie sein Schiff auf das offene Meer hinaussegelt.
    Ihr werdet gemeinsam nach Athen gehen. Von dort werde ich einen langen und sehr gefühlvollen Brief erhalten. Er wird mir schreiben, wie unglücklich er ist und wie sehr er mich vermisst. Der nächste Brief wird aus Konstantinopolis gesandt werden - es ist der letzte. Dann folgt ein langes Schweigen. Irgendwann wirst du mir mitteilen, dass Niketas gestorben ist. Nein, Natanael, ich kann ihn nicht festhalten. Schon sehr bald wird er mich verlassen.«
    Durch die offene Tür hörte ich sie weinen.
    Tränenblind starrte ich auf die Worte von Paulus' Hohelied der Liebe, die ich zuletzt niedergeschrieben hatte: ›Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe. Aber die Liebe ist die größte unter ihnen. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles und hält allem stand. Sie hört niemals auf.‹
    »Unser Glück währt nicht länger als ein paar Wochen. Dann bleiben mir nur noch die Sehnsucht und die Erinnerungen - bis ich eines Tages deinen Brief erhalte, dass die Liebe meines Lebens tot ist.
    Bevor ich Niketas kennenlernte, glaubte ich, nicht lieben zu können. Doch das ist nicht wahr. Ich liebe ihn mehr als mein Leben. Wenn Niketas stirbt ... und mit ihm unsere Liebe ... dann werde ich ... einen qualvollen inneren Tod sterben.«
    Sie weinte still.
    So wie ich.

    Alessandra schlief noch fest, ganz eng an mich geschmiegt und ihren Arm über meine Brust gelegt, als Tayeb leise an die Schlafzimmertür klopfte und den Raum betrat. Es war früh am Sonntagmorgen - die Sonne war noch nicht aufgegangen.
    Verlegen murmelte er »Guten Morgen« und trat ans Bett. »Es tut mir leid, Niketas, dass ich dich geweckt habe«, begann er. »Fra Antonino bittet Alessandra, so schnell wie möglich nach San Marco zu kommen.«
    Noch ganz verschlafen

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