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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Bedienstete luden unser Gepäck in die Barken, dann ruderten sie uns über die Lagune hinüber zur Einfahrt des Canal Grande.
    Während der Überfahrt, die länger als eine Stunde dauerte, saß Alessandra neben mir und hielt meine Hand ganz fest in der ihren, als habe sie Angst, mich zu verlieren, wenn sie mich auch nur einen Augenblick losließ.
    Als wir durch den goldfunkelnden Canal Grande fuhren, schmiegten wir uns eng aneinander, betrachteten das schwankende Spiegelbild der schönsten Stadt der Welt auf den Wellen der Canali und die tanzenden Lichtreflexe unter den Brücken, ohne sie wirklich zu sehen. Die Musik, die aus den offenen Fenstern der Palazzi erklang, das fröhliche Gelächter aus den Gassen und den schwermütigen Gesang der Gondolieri hörten wir nicht. Jeder Ruderschlag auf dem Canalazzo schien mich Athen und Byzanz ein wenig näher zu bringen.
    Alessandra, die spürte, was ich empfand, drückte tröstend meine Hand. Ihr zuliebe zwang ich mich zu einem Lächeln.
    Wir ruderten an der Ca d'Oro vorbei, fuhren unter dem hölzernen Ponte di Rialto hindurch und erreichten schließlich die Ca Foscari. Am schwankenden Bootssteg legte die Barke an. Basilios, Alessandra und ich folgten dem Sohn des Dogen die mit schlüpfrigen Algen bedeckten Stufen empor in den Palazzo, während unser Gefolge zum Kloster auf der Insel San Giorgio Maggiore gerudert wurde.
    Der Doge hatte uns drei großzügig ausgestattete Räume zur Verfügung gestellt. Basilios und ich sollten zwei nebeneinander liegende Zimmer mit Blick auf den Canalazzo beziehen. Alessandra wurde ein Schlafgemach mit einem Fenster zum Garten am Rio Nuovo zugewiesen, in dem sie schon während ihres Aufenthaltes vor zwei Jahren gewohnt hatte.
    Mein Freund fand einen Grund, warum ihm sein Zimmer nicht gefiel: Das nächtliche Treiben auf dem Canalazzo sei ihm zu laut. Er brauche seine Ruhe und seinen Schlaf. Wenn Alessandra keine Einwände habe, würde er gern die Schlafzimmer tauschen ...
    Jacopo Foscari sah ihn verdutzt an, doch dann begriff er.
    »Ich werde Alessandras Gepäck heraufbringen lassen«, erklärte er, nachdem er endlich bemerkt hatte, dass sie meine Hand hielt. Er schloss die Verbindungstür zwischen ihrem und meinem Zimmer auf. »Der Empfang im Palazzo Ducale findet um acht Uhr statt. Bis dahin ist ja noch etwas Zeit, damit Ihr Euch von der anstrengenden Reise ausruhen könnt ...«
    Mit einem verschwörerischen Augenzwinkern verließ er uns und schloss die Tür hinter sich.

    An diesem schwülheißen Nachmittag liebten wir uns mit einer verzweifelten Leidenschaft, als wäre es das letzte Mal in unserem Leben. Eng umschlungen hielten wir uns aneinander fest und weinten und küssten uns die Tränen fort. Dieses stille Eingeständnis unserer tiefen Traurigkeit und unserer Furcht vor der Einsamkeit war einer der intimsten Momente unserer Liebe - es war viel mehr als ein »Ich liebe dich«, das mit einem Kuss besiegelt wird, oder ein »Ohne dich will ich nicht leben«.
    Wir sprachen nicht, während wir uns zärtlich trösteten, streichelten und küssten und schließlich leidenschaftlich liebten. Wir weinten nur.

    Am Abend ließ uns Jacopo Foscari in einer Gondel zum Palazzo Ducale rudern. Ich legte meinen Arm um Alessandra, und sie lehnte sich entspannt gegen mich. Ihre Hand lag wie selbstverständlich auf meinem Knie, ihr Kopf ruhte an meiner Schulter. Ich rieb meine Nase an ihrer Wange und küsste sie zärtlich. Sie lächelte versonnen und schmiegte sich noch enger an mich. Basilios, der uns still beobachtet hatte, wandte den Blick nach vorn zu der venezianischen Galeere, die uns nach Hause bringen sollte.
    Wir steuerten zum Molo und stiegen über einen Bootssteg hinauf zur Piazzetta. Vor der Porta del Frumento, dem Hauptportal des Palazzo Ducale, hatten Schreiber ihre Tische aufgebaut und boten denen, die nicht lesen oder schreiben konnten, ihre Dienste an: Sie verfassten Briefe an die venezianischen Behörden und kannten auch die Höhe der ›Gebühren‹, die dem Antrag beigelegt werden sollten, um dem Anliegen die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen.
    Ein griechischer Matrose hockte neben dem Tisch eines Schreibers und diktierte einen Brief. Als er Basilios und mich in unseren schwarzen Metropolitengewändern erblickte, fiel er vor uns auf die Knie, küsste uns die Hände und bat um unseren Segen. Er heiße Nikolaos, ließ er uns wissen, und stamme aus Piräus, dem Hafen von Athen. Ob wir denn schon von der Unterwerfung des Basileus unter

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