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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Wiedersehen?

    Nach einer ruhigen Überfahrt erreichten wir den Hafen von Athen, wo ich nach einem herzlichen Abschied von Basilios am 6. August mit meinem Gefolge an Land ging.
    Der Empfang, den mir meine Bischöfe in meiner Residenz unterhalb der Akropolis bereiteten, war eisig. Sie verfluchten mich als Häretiker und als Verräter am orthodoxen Glauben. Sie forderten mich auf zu widerrufen, und als ich mich trotz meines blutig gegeißelten Gewissens weigerte, hetzten sie die Gläubigen gegen mich auf. Nach einer Messe in meiner Metropolitankirche wurde ich auf offener Straße angegriffen und fast zu Tode geprügelt, bevor die Leibgarde des Herzogs von Athen mich rettete und in seinen Palast auf der Akropolis brachte. Noch auf dem Krankenlager erhielt ich ein Schreiben von Seiner Seligkeit, Papst Philotheos von Alexandria, dem dreizehnten Apostel und Richter der Ökumene‹, der nach dem Tod des Patriarchen von Konstantinopolis der höchste orthodoxe Patriarch war.
    Philotheos wurde seinem Titel als Schiedsrichter der Orthodoxie gerecht, verurteilte mein Handeln auf der ›Räubersynode von Florenz‹ auf das Schärfste, beschimpfte mich als ›größten Häretiker nach den Ketzern Arius und Nestorius‹ und drohte mir mit dem Kirchenbann, wenn ich nicht widerrief.
    Nachdem ich mich von meinen Verletzungen erholt hatte, reiste ich mehrere Wochen lang auf Paulus' Spuren durch mein griechisches Exarchat und besuchte Korinth, Mistra und Thessaloniki. In stillen Augenblicken schrieb ich lange Briefe an Alessandra, um ihr zu sagen, wie traurig ich war. Wie hoffnungslos. Und wie einsam. Doch die meisten dieser verzweifelten Bekenntnisse schickte ich nicht ab, weil ich sie nicht ängstigen wollte. Ob die wenigen anderen je nach Florenz gelangten, wusste ich nicht, denn ich erhielt nie eine Antwort. Beunruhigt wandte ich mich an Cosimo, der im September seinen fünfzigsten Geburtstag feierte, doch auch er antwortete mir nicht.
    Ende November kehrte ich nach Athen zurück, um mit Phantinos, meinem Nachfolger als Metropolit, zu sprechen. Auch er überhäufte mich mit beschämenden Vorwürfen und weigerte sich, die Kirchenunion anzuerkennen.
    Bis zum Tag meiner Abreise nach Konstantinopolis erhielt ich keine Nachricht von Alessandra.

    Sobald ich von Bord gegangen war, begab ich mich in den Kaiserpalast, um mit Konstantin zu sprechen.
    »Die Mönche, die Priester, das Volk - alle lehnen die Union von Florenz ab. Es droht ein Bürgerkrieg! Ioannis und du, Niketas, wie konntet ihr das Unionsdekret nur unterschreiben?«, fragte mein Bruder verbittert. »Hat man euch in Florenz in Ketten gelegt und gefangen gehalten? Hat man euer Leben bedroht, damit ihr eurem Glauben abschwört? Niketas, wie konntest du zwei Jahre deines Lebens mit diesem Irrsinn vergeuden? Glaubst du immer noch, dass man dieser demütigenden Unterwerfung unter die römische Häresie irgendeinen Sinn abgewinnen könnte? Ich kann es nicht!
    Als Ioannis' Erbe werde ich meinem Bruder eines Tages auf den Purpurthron nachfolgen. Als Regent des Byzantinischen Reiches und als orthodoxer Christ werde ich ihn bei seiner Rückkehr nach Konstantinopolis auffordern, alles zu widerrufen - um zu retten, was noch zu retten ist! Als Regent und Basileus werde ich nicht zulassen, dass in der allerheiligsten Hagia Sophia lateinische Messen gefeiert werden!«
    Ich flüchtete mich zur Kaiserin, die seit Monaten schwer krank war, und suchte bei ihr Trost.
    Maria lag im Sterben, und die Ärzte hatten wenig Hoffnung, dass sie Ioannis' Rückkehr nach dem Christfest noch erleben würde. Stundenlang saß ich an ihrem Bett und erzählte ihr von Florenz und von Alessandra. Wie sehr ich sie liebte. Wie schwer mir die Trennung vor vier Monaten in Venedig gefallen war. Und wie unglücklich ich war, weil ich nicht wusste, warum sie meine Briefe nie beantwortet hatte.
    Maria und ich hatten uns immer sehr nah gestanden, seit sie vor zwölf Jahren den Basileus geheiratet hatte. Ich war mehr als nur ihr Beichtvater oder der jüngere Bruder ihres Gemahls. Wir hatten uns anvertraut, was uns bewegte, was wir liebten, was wir fürchteten, was uns glücklich machte oder zu Tränen rührte. Maria und ich hatten uns vertraut.
    In jener Nacht vor unserem Aufbruch nach Ferrara war sie verzweifelt schluchzend in mein Bett gekommen, um sich von mir trösten zu lassen, nachdem ihr die Ärzte verkündet hatten, sie habe sich die Schwangerschaft wochenlang nur eingebildet und würde dem Basileus nun doch keinen

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