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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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großen Gelehrten und bedauerte aufrichtig, dass er nicht am Unionskonzil teilnahm, um das Schisma zu beenden. Und er gestand mir, wie enttäuscht er war, dass Luca an diesem Morgen so überstürzt abgereist war, ohne seine Einladung zum Abendessen anzunehmen - doch wie durch ein Wunder saß nun Lucas Tochter an seinem Tisch und ...
    Ich hörte ihm nicht mehr zu.
    Luca war in Ferrara gewesen?
    Doch dann atmete ich auf. Offenbar war weder in Florenz noch in Ferrara ein Attentat auf ihn verübt worden.
    Basilios Bessarion berichtete, dass mein Vater zwei Tage zuvor überraschend nach Ferrara gekommen war. Während er auf eine Audienz bei Seiner Heiligkeit wartete, hatte er sich mit mehreren Mitgliedern der florentinischen Kurie getroffen, darunter Kardinal Cesarini. Gestern habe der Papst ihn empfangen und zwei Stunden lang mit ihm gesprochen - unter vier Augen!
    Ungläubig schüttelte ich den Kopf: Luca bat um eine Audienz beim Papst! Und der Papst, der ihn exkommuniziert und aus Rom verbannt hatte, hatte sie ihm gewährt!
    Um Himmels willen, worüber hatten sie geredet?
    Ich ahnte, was so bedeutend und angesichts des drohenden Scheiterns der Kirchenunion so brisant war, dass der Papst und sein Richter ihre erbitterten Wortgefechte, ihre tiefe Verachtung und ihren Zorn einen Augenblick lang vergessen konnten:
    Das neue Evangelium, das ich gefunden hatte!

Kapitel 8

    Zart strichen meine Finger über die Gesichtszüge der Ikone Jesu Christi in blauer Robe auf Blattgoldhintergrund. Sein schmales Gesicht, umgeben von dunklem Haar und einem goldenen Heiligenschein, war so ernst! »... wie deines!«, hatte Ioannis gesagt. »Du bist auch immer so ernst und still, Niketas.«
    In der einen Hand hielt Jesus das Evangelium, die andere war segnend erhoben. Das Bild war eine Kopie des thronenden Christus in der Hagia Sophia.
    Ich war traurig, denn diese Ikone bedeutete mir sehr viel. Der Basileus hatte sie mir vor zwei Jahren anlässlich meiner Bischofsweihe geschenkt: »Niketas von Athen, als Nachfolger der Apostel bist du nun Sein Stellvertreter auf Erden!« Seither begleitete mich das kostbare Heiligenbild, wohin ich auch ging.
    Es fiel mir sehr schwer, doch dann nahm ich die Ikone von der Wand meiner Zelle, küsste sie zum letzten Mal und schob sie in ihr Futteral aus purpurnem Brokatstoff.
    Nie wieder würde ich sie anbeten.

    Den Prior von San Marco fand ich wenig später im Kapitelsaal neben dem Kreuzgang. Mit der aufgeschlagenen Bibel auf den Knien saß Fra Antonino auf einer Bank und beobachtete gedankenverloren, wie Fra Angelico inmitten eines heillosen Durcheinanders von Pinseln, Farbtöpfen und Säcken mit gemahlenem Gips sein Fresko der Kreuzigung vollendete.
    Fra Antoninos Finger ruhten auf den Worten: ›Pilatus schrieb eine Aufschrift und nagelte sie ans Kreuz. Es stand geschrieben: Jesus Nazarenus Rex Judaeorum.‹
    Als ich neben dem Prior im Eingang des Kapitelsaals stehen blieb, um das Fresko zu bewundern, entsann ich mich der Glaubensdisputationen mit Natanael im Kaiserpalast von Konstantinopolis und auf der Galeere während der Reise nach Venedig.
    Mein Bruder hatte mir jenen Jesus gezeigt, den die Apostel in Jerusalem verkündeten, Paulus jedoch nicht. Den Rabbi. Den Propheten. Den gesalbten König der Juden, der das Gottesreich in Israel errichten wollte.
    Jesus Nazarenus Rex Judaeorum, sinnierte ich, während ich den Gekreuzigten betrachtete. Jesus der Nazoräer, König der Juden. So steht es seit eintausendvierhundert Jahren im Evangelium. Warum lesen wir die Worte und verstehen sie doch nicht? Warum machen wir aus dem Messias, dem gesalbten König Israels, einen thronenden Herrscher über Himmel und Erde, einen zweiten Gott? Wieso verherrlichen wir seinen qualvollen Tod an einem römischen Kreuz? Weshalb glauben wir, dass er zur Vergebung unserer Sünden gestorben ist?
    Und wieso klammere ich mich so verzweifelt an die Hoffnung, ich könnte einen Weg finden, Priester bleiben zu können? Kein Priester Jesu Christi - sondern ein Diener Gottes. Im Psalm sprach der Herr: »Du bist Priester in alle Ewigkeit!‹ Ich sehnte mich danach, mit Luca über meine Seelennot zu sprechen! Ob er inzwischen nach Florenz zurückgekehrt war?
    »Bruder Niketas!«, riss mich Fra Antonino aus meinen Gedanken. »Setzt Euch zu mir!«
    »Evcharistó«, murmelte ich, raffte meinen Basilianerhabit und ließ mich neben ihm nieder. Obwohl ich mich vor drei Wochen ins Dominikanerkloster zurückgezogen hatte, trug ich nicht den

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