Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
Niketas. Ich glaube, es ist besser, wenn ich Euch endlich schlafen lasse.«
»Ich will nicht, dass Ihr jetzt geht, Alessandra.«
»Eben aus diesem Grund sollte ich so schnell wie möglich gehen, Euer Seligkeit.«
Sachte strich sie mir über das Gesicht. Ich ergriff ihre Hand und liebkoste sie. Sie genoss die Berührung mit einem traurigen Lächeln. Da zog ich sie an mich und küsste sie.
Tränen rannen über ihr Gesicht, als sie sehr leidenschaftlich meinen Kuss erwiderte.
Kapitel 13
Und dann legte er sich auf mich und barg sein Gesicht an meiner Schulter. Sein Atem streichelte meine Haut. Mit beiden Händen fuhr ich ihm durch das Haar. Als ich ihn umarmte, richtete er sich auf und sah mich mit seinen dunklen Augen an. »Alessandra?«
Sein Kuss war atemberaubend ...
»Alessandra!«, riss Tayeb mich aus meinem Traum.
Seufzend schlug ich die Augen auf und drehte mich zu ihm um. Erschrocken zog ich die Bettdecke über meinen Körper.
Die Fensterläden von Lucas Schlafzimmer waren weit geöffnet, und das blassblaue Licht des frühen Morgens erhellte den Raum. Die Glocken von Santa Maria del Fiore begannen dröhnend ihr Geläut zur Prim. So spät war es schon?
Tayeb saß neben mir auf dem Rand von Lucas Bett. »Wie geht es dir?«
»Bin müde. Hab die Laudes verschlafen«, nuschelte ich.
»Ich habe dir dein Frühstück gebracht.« Er wies auf ein Tablett mit Speisen, das er auf dem Nachttisch abgestellt hatte. »Alexios, Tito und ich haben schon gegessen.«
»Danke, Tayeb«, murmelte ich. »Ist Niketas schon wach?«
»Ja, seit einer Stunde. Er ist blass und zittrig. Und er hat noch immer Schmerzen. Ich wollte ihm Opium geben, aber er hat es abgelehnt. Er ist noch sehr krank.«
»Ich werde nach ihm sehen.« Ich setzte mich auf.
»Er ist gegangen.«
»Was?«
»Vor einer Stunde hat er Alexios gebeten, ihn zum Morgengebet der Laudes nach San Marco zu begleiten. Er sei zu schwach, um allein zu gehen. Alexios hat zwei Pferde gesattelt und ihn ins Kloster gebracht. Er ist eben erst zurückgekommen.«
Enttäuscht ließ ich mich in die Kissen zurücksinken.
Niketas war gegangen - ohne ein Wort des Abschieds!
»Abgesehen von Eurem verliebten Getuschel, von dem ich kein Wort verstanden habe - ist gestern Nacht irgendetwas zwischen euch gescheh...«
»Nein!«
Tayeb schmunzelte. »Wenn nichts geschehen ist, dann frage ich mich, warum er sich ins Kloster flüchtet, nachdem du ...«
»Wir haben uns geküsst.« Er hob die Augenbrauen. »Und?«
»Dann bin ich gegangen. Niketas musste sich ausruhen.« Tayeb drang nicht weiter in mich.
Sobald er die Tür hinter sich geschlossen hatte, ging ich in mein Schlafzimmer. Mein Bett war zerwühlt. Eines der Kissen war ganz zerdrückt. Es sah aus, als habe Niketas es umarmt. Ich setzte mich auf die Matratze und schob meine Hand unter die Bettdecke. Die Stelle, wo er gelegen hatte, war noch warm. Ich ließ mich zurücksinken und presste das Gesicht ins Kissen, um den schwindenden Rest seiner Wärme zu spüren und den verwehenden Duft seines Körpers in mich aufzunehmen. Wie lange ich so auf dem Bett lag und weinte, weiß ich nicht mehr.
Nachdem ich mich für die Audienz beim Papst angekleidet hatte, kehrte ich in Lucas Schlafzimmer zurück und durchwühlte seine Kleidertruhen. Mit seinem Habit über dem Arm ging ich schließlich hinunter in die Kapelle.
Mit zum Gebet gefalteten Händen hielt Luca die Ikone. Ganz sanft berührte ich sein Gesicht. Es war so kalt! Wie erfroren lag er da. Die Totenstarre war noch nicht geschwunden.
»Ich bringe dir etwas, damit du nicht so frierst, Papa.« Wie eine wärmende Decke breitete ich den weißen Habit und das schwarze Skapulier über seinen Körper, faltete die weiten Ärmel und legte seinen hölzernen Crucifixus mit dem Lederband auf seine Brust.
»Vor zwanzig Jahren hast du meinetwegen alles aufgegeben, was dir jemals etwas bedeutet hat. Den Dominikanerhabit, das Priesteramt und deine Lebensaufgabe im Dienst der Kirche.
Wäre ich nicht geboren worden, dann wärst du heute noch ein Diener Gottes. Du hättest es nicht abgelehnt, zum Kardinal ernannt zu werden, denn du wärst niemals mit mir aus Rom geflohen, nachdem du mich den Inquisitoren entrissen hattest. Als Kardinal hättest du am letzten Konklave teilgenommen und wärst vielleicht jetzt Papst. Du wärst niemals exkommuniziert worden.
Papa, weißt du, wie schwer es all die Jahre für mich war, mit dieser Schuld zu leben? Hier in der Kapelle hast du auf dem Boden gelegen
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