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Der vergessene Strand

Der vergessene Strand

Titel: Der vergessene Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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Vergangenheit sprechen. Ich muss einfach irgendwas tun, sonst werde ich noch verrückt.»
    Michael dachte kurz nach. Dann nickte er. «Okay, es ist deine Entscheidung. Wenn du nach Pembroke willst, halte ich dich nicht auf. Ich will nur … du kommst zurück, oder?»
    Darauf konnte sie ihm keine ehrliche Antwort geben. Verbissen schweigend stopfte sie Kleidung in den Koffer. Sie schob sich an Michael vorbei und ging ins Badezimmer, um den Kulturbeutel zu packen. Er blieb in der Tür stehen und beobachtete sie im Spiegel. «Du weißt es also nicht.»
    «Ich weiß im Moment gar nichts», gab sie zu und hielt inne. Im Spiegel schauten sie sich an, und Amelie sah, wie traurig er darüber war. «Es liegt nicht nur an Sabina und der ganzen Geschichte. Irgendwie habe ich das Gefühl, nicht mehr ich selbst zu sein.»
    «Liegt es an mir? Oder ist es nur deine Vergangenheit, die dir keine Ruhe lässt?»
    Sie lächelte traurig. «Beides, vermute ich.»
    Er ließ sie allein. Amelie packte fertig, dann setzte sie sich erschöpft aufs Bett und starrte auf Koffer und Reisetasche. Sie konnte so lange fortbleiben, wie sie wollte. Und der Gedanke war nicht beunruhigend, sondern wie eine Befreiung. Als wäre dies der erste Schritt in ein neues Leben.
    Sie freute sich darauf.
     
    Michael schlug vor, sie könne seinen Wagen nehmen, dann würde er ihr Auto bei Gelegenheit holen. Amelie zögerte nicht lange und nahm an. Sie wollte einfach nur so schnell wie möglich aufbrechen.
    Schnell, schnell, ehe sie der Mut verließ.
    Wie bei ihrer ersten Flucht vor fünf Wochen schaffte sie es auch diesmal nicht, an einem Tag die ganze Strecke zu bewältigen. Das Autofahren ermüdete sie mehr als sonst, ihre Augen schmerzten, und sie fuhr kurz hinter der holländischen Grenze von der Autobahn ab und suchte eine Pension für die Nacht. Im Grunde war es diesmal keine Flucht, sondern eine mit Bedacht getroffene, erwachsene Entscheidung. Abstand suchen und dann aus der Ferne beurteilen, ob das, was sie da tat, richtig war. Sich Zeit lassen.
    Und so ließ sie sich auch unterwegs Zeit, machte viele Pausen, fuhr auch mal von der Autobahn ab und über Landstraßen weiter. Erst am späten Abend des nächsten Tages erreichte sie Pembroke, aber das machte nichts. Unterwegs hatte sie mehrmals versucht, Dan zu erreichen, aber er ging nicht ans Handy – auch nicht schlimm. Inzwischen war das Sängerfest längst Geschichte. Sie würde bestimmt ohne Probleme ein Hotelzimmer bekommen, falls er nicht da wäre.
     
    Es fühlte sich nach Heimkehr an, diese letzten Kilometer zu fahren. Hier kannte sie ein Wäldchen, dort war ihr die Küstenstraße vertraut. Da vorne stand ein Schild an einer Kreuzung: Bis Pembroke waren es nur noch drei Meilen. Dort war die Tankstelle, an der Michael und sie sich vor ein paar Wochen verabschiedet hatten. Amelie schluckte hart.
    Sie erreichte die Apotheke, als es schon fast dunkel war, und parkte auf der gegenüberliegenden Straßenseite. In der Küche brannte Licht, ebenso im Wohnzimmer darüber. Ihr wurde das Herz ganz leicht. Dan war da. In wenigen Minuten würde sie in seiner Küche sitzen, sie bekäme seinen wunderbaren Tee serviert und durfte sich fallen lassen.
    Leichtfüßig und nur mit der Reisetasche lief sie quer über die Straße und klingelte. Schritte polterten auf der Treppe, das Licht im kleinen Hausflur zwischen Apotheke und Wohnung flammte auf.
    Sie konnten auf dem Balkon sitzen und bis spät in die Nacht reden. Hier durfte sie wieder Amy sein.
    Er öffnete die Tür. Barfuß, mit zerfetzter Jeans und schwarzem T-Shirt, wie er am liebsten abends und an den Wochenenden herumlief. Die Haare so verwuschelt, dass sie am liebsten mit beiden Händen darin wühlen wollte. Und sofort war sein Geruch wieder da und brachte die Tage und Nächte bei ihm zurück, die sie fast verdrängt hatte.
    «Hallo», sagte sie leise, trat auf ihn zu. Sie spürte seine Überraschung. Er umarmte sie, und sie vergrub das Gesicht an seiner Schulter. Atmete tief durch, spürte die Tränen der Erleichterung, die sich ihren Weg suchten. «Hey», sagte er leise und schob sie auf Armeslänge von sich weg. «Ist es so schlimm?»
    Sie heulte jetzt, schüttelte den Kopf und musste dann doch nicken. Doch, ja. Irgendwie war es so schlimm.
    «Kann ich … nur für ein paar Tage?»
    «Bei mir bleiben?»
    «Ich könnte auch ins Hotel, wenn die Sänger weg sind, oder ich frag Jonathan …»
    Er lächelte nachsichtig. «Beides keine Option, mh? Ist das alles,

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