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Der vergessene Tempel

Der vergessene Tempel

Titel: Der vergessene Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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Festland. Er war Archäologe – aber nicht so einer wie Pemberton. Er war ein Schwein. Er hat Leute gezwungen, wie Sklaven für ihn zu schuften. Viele sind dabei umgekommen. Und er wollte das Notizbuch. Von meiner Cousine erfuhr ich, dass er auf der Suche nach Pembertons Ausgrabungstagebuch die ganze Villa Ariadne auf den Kopf stellen ließ. Als er nichts fand, ließ er die Leute zusammentreiben, die dort gearbeitet hatten. Er hat ihnen Unbeschreibliches angetan, um aus ihnen herauszubekommen, was aus dem Buch geworden ist.»
    «Was wollte er damit?»
    «Ich weiß es nicht. Ich bin ihm nie persönlich begegnet – ansonsten hätte ich ihn umgebracht.»
    Grant starrte das Buch an und überlegte. Was konnte es enthalten, das so bedeutend war? Er dachte daran zurück, wie er Pemberton hatte sterben sehen: ein alter Mann, der sein Leben in der Sicherheit der Vergangenheit verbracht hatte, nur um dann der Gewalt eines neuen geschichtlichen Kapitels, das sich gerade abspielte, zum Opfer zu fallen. Welche Entdeckung hatte er gemacht, die in den letzten dreitausend Jahren irgendeine Rolle gespielt haben mochte?
    «Hast du darin gelesen?», fragte er Marina.
    «Nein.»
    «Aber du hast doch für Pemberton gearbeitet. Warst du nicht neugierig?»
    Sie schüttelte unwirsch den Kopf. «Der Krieg kam her. Dieses Leben habe ich vergessen. Ich habe die Archäologie vergessen; und Pemberton auch. Wenn du jetzt nicht hier aufgetaucht wärst, hätte man das Buch wahrscheinlich in tausend Jahren ausgegraben und in ein Museum gebracht.» Sie funkelte ihn aufgebracht an. «Wärst du doch bloß nicht wieder hergekommen. Dann hätte ich dich auch vergessen können.»
    «Dann will ich nicht länger stören.» Grant streckte die Hand nach dem Buch aus. Marina rührte sich nicht.
    «Was willst du damit anstellen?»
    «Es lesen. Schauen, ob …» Marina brach in Gelächter aus, und er verstummte. «Was ist?»
    «Nichts.» Ihre Stimme klang unbeteiligt, aber um ihre Mundwinkel zuckte es. «Nimm es. Lies es.» Sie warf es ihm quer durch die Scheune zu. Grant fing es mit einer Hand und schlug es auf. Er betrachtete die Seite und blätterte dann weiter, und mit jeder Seite nahm seine Enttäuschung sichtlich zu. «Das ist ja alles in Griechisch.»
    «Altgriechisch. Selbst wenn du Griechisch so gut lesen könntest wie Englisch, wäre das so, als wolltest du versuchen, die Canterbury Tales zu lesen.»
    «Das habe ich nie versucht.»
    Sie nahm es mit einer Miene auf, als würde sie das nicht sonderlich überraschen. «Viele der Wörter würden gleich aussehen, aber eine andere Bedeutung haben, als du vermuten würdest. Und viele würdest du überhaupt nicht erkennen.»
    «Himmel. Leicht hat er es uns aber nicht gerade gemacht.»
    «Er hat seine Aufzeichnungen immer auf Altgriechisch gemacht. Weil er sich der Vergangenheit dann näher fühlte, hat er gesagt.»
    «Tja, jetzt ist er ihr ganz nahe.» Grant fragte sich kurz, ob der Leichnam wohl noch dort lag, wo er ihn begraben hatte, unten im Tal, in den Ruinen des Palastes von Knossos. «Wie soll ich denn das entziffern, verdammt nochmal?»
    «Besorg dir ein Wörterbuch.» Aus ihrem Gesicht leuchtete jetzt die ungestüme Leidenschaft, an die er sich so gut erinnerte. «Und auch ein Handbuch der Archäologie. Und einen Haufen Geschichtsbücher. Selbst wenn du das lesen könntest, würde es ein halbes Jahr dauern, bis du begreifst, wovon er da spricht.»
    Grant senkte den Blick auf das Buch. Die peniblen Reihen kryptischer Zeichen schienen ihm vor den Augen zu verschwimmen. Marina verspottete ihn zwar, aber was sie sagte, entsprach der Wahrheit. Natürlich könnte er es einfach verkaufen – den Mistkerl vom SIS aufspüren und mit ihm handelseinig werden. Doch wie sollte er einen angemessenen Preis herausschlagen, wenn er nicht einmal wusste, was er da verkaufte? Mehr noch: In ihm war der schlichte, eigensinnige Wunsch erwacht, herauszufinden, was ihm da jemand vorzuenthalten versuchte.
    «Du wärst nicht zufällig …» Er warf ihr einen raschen Blick von der Seite zu. Sie stand neben dem Loch, das Kleid voller Staub und Stroh. Von der Anstrengung, den Stein herauszustemmen, glänzte ihr Gesicht noch vor Schweiß. Ein triumphierendes Lächeln spielte um ihre halbgeöffneten Lippen, und ihre Augen blitzten herausfordernd. Sie hatte sich bereits entschieden – doch zuvor würde er sie bitten müssen, so viel war klar.
    Er räusperte sich. «Hilfst du mir dabei, Pembertons Aufzeichnungen zu

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