Der vergessene Templer
»machen schienen, rannte sie zusammen mit ihrem Freund in den dunklen natürlichen Tunnel hinein und dabei immer die Furcht im Nacken spürend, von dieser Alptraumgestalt erwischt zu werden.
In ihren Ohren rauschte es. Die Lungenflügel schmerzten, die Beine wollten nachgeben, doch irgendwo gab es in ihrem Kopf einen harten Überlebenswillen. Noch war der Schalter umgestellt, aber sie war auch ein Stück Realistin und überzeugt, dass sie es bis zum Ort nicht mehr schafften und sie vorher zusammenbrach.
Dunkelheit, in der sich die Gespenster als tanzende Wesen aufhielten. Bäume, deren Geäst über die Ränder der Straße hinwegreichten, als warteten sie darauf, nach ihr greifen zu können.
Links neben ihr rannte Sven. Auch er war bald am Ende seiner Kräfte, denn wenn er einatmete, dann horte es sich nicht nur keuchend, sondern auch rasselnd an.
Ob sie die Hälfte der Strecke oder etwas mehr geschafft hatten, konnte sie nicht sagen. Ihr Leben hatte sich in den letzten Minuten radikal verändert. Beide hatten den kalten Hauch des Todes gespürt.
Dunkle Gespenster um sie herum, die sich plötzlich veränderten und eine weißgraue Farbe erhielten, als wären sie aus ihrer Welt in eine hellere hineingetreten.
Waren das schon die Begleiterscheinungen des ankommenden Irrsinns, die sie umfangen hielten?
Es war ihr unmöglich, darauf eine Antwort zu geben, aber das hellere Bild blieb, und sie hörte plötzlich ein sehr lautes Geräusch hinter sich. Es war der Klang einer Hupe.
Nicht nur einmal, sondern mehrmals hintereinander. Das Licht sah sie stärker, es zuckte auch etwas, und dann glaubte sie, dass etwas Dunkles, Kompaktes an ihnen beiden entlanghuschte, dass dafür sorgte, dass es direkt vor ihnen etwas dunkler wurde.
Aber das Licht blieb trotzdem. Es wanderte nicht. Es zielte nach wie vor nach vorn, allerdings etwas schräg, und durch das Rauschen in ihrem Kopf glaubte Sharon, eine Frauenstimme zu hören.
Plötzlich wurden die Knie weich, und es war ihr unmöglich, sich noch auf den Beinen zu halten.
Sie fiel, fiel... und das unendliche Loch schluckte sie mit seiner gesamten Tiefe...
***
Angst!
Ja, es musste die nackte Angst sein, die das Paar vorantrieb. Sie gehörten zusammen, sie demonstrierten dies auch, obwohl es ihnen verdammt nicht leicht fiel, den Kontakt mit dem Boden zu halten, aber daran dachten sie jetzt nicht.
Was mit ihnen passiert war, lag für Dagmar in den Sternen. Aber sie war auch eine Frau mit einem gewissen Sinn für Veränderungen, und dieses Gefühl teilte ihr mit, dass es mit der Vorfreude auf den Rest des Abends vorbei war.
Dagmar konnte nicht einfach an den beiden Flüchtenden vorbeifahren. Sie brauchten Hilfe. Möglicherweise waren sie irgendwo in einen Unfall verwickelt und aus lauter Panik losgelaufen und benötigten jetzt dringend Hilfe.
Dagmar gab etwas mehr Gas. Der Weg führte noch immer herab, und so dauerte es nur Sekunden, bis sie das Paar erreicht hatte. Sie blieb mit ihm nicht auf gleicher Höhe, sondern schaute sie nur für einen winzigen Augenblick an.
Zwei verzerrte Gesichter, in denen nicht nur die Anstrengung zu lesen stand, sondern auch die Angst.
Dagmar drückte aufs Gaspedal. Der Golf huschte an den beiden vorbei und wurde in einer bestimmten Entfernung und dicht vor einer Kurve abgebremst.
Sie schleuderte sich förmlich aus dem Wagen und lief den beiden winkend entgegen. Das Tempo musste verringert werden. Wenn nicht, würde Dagmar überrannt werden.
Sie lief ihnen noch entgegen. Sie riss sie Arme hoch und winkte damit.
Der Mann sah sie zuerst. Er schrie krächzend. Er warf seinen Körper zurück, geriet dabei ins Taumeln und verlor den Kontakt mit seiner Begleiterin.
Die stolperte über ihre eigenen Füße. Er sah aus, als würde sie jemand ziehen, und dann fiel sie mit dem letzten Schwung ihres panikartigen Laufs nach vorn.
Genau in die auffangbereiten Arme der Dagmar Hansen hinein, sodass beide zu Boden fielen und ineinander verschlungen ein Stück die Straße hinabrollten...
***
Minuten später!
Den drei Menschen war nichts passiert, aber Sharon Ford ging es schlecht. Sie hockte am Rand der Straße, würgte und musste sich übergeben.
Nicht weit von ihr entfernt lag Sven Nolte auf dem Rücken. Er rang nach Luft, und bei jedem Atemzug schleuderte er seinen Körper mal nach links, dann wieder nach rechts. Der Lauf hatte ihn fertig gemacht, ebenso wie seine Freundin.
Den Grund ihrer Flucht hatte Dagmar Hansen noch nicht erfahren. Es war
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