Der vergessene Templer
noch seinen Arm aus, aber einen Halt fand er nicht. Vor meinen Augen brach er zusammen.
Ich konnte mich nicht um ihn kümmern. Es gab noch einen zweiten, und der hatte eine Geisel.
Während ich startete, warf ich einen Blick auf den Beginn der schmalen Einfahrt. Beide waren nicht mehr zu sehen. Wäre es anders gewesen, hätte ich es auch als Wunder angesehen. Der Typ hatte seine Gefangene bereits weitergezogen.
Ich jagte weiter und erreichte den Durchgang, der nicht eben lang war. Mein Blick erwischte sofort sein Ende, und ich sah sehr gut, was sich dort ,abspielte auch wenn es mir mehr wie ein lebendiger Scherenschnitt vorkam.
Dort wehrte sich die Entführte. Sie trat und schlug um sich. Sie schrie nicht, sondern keuchte, aber der Kerl, der sie entführen wollte, bekam Probleme.
Genau das war meine Chance.
Ich huschte durch den mülltonnenbreiten Gang und machte mich zudem durch einen Ruf bemerkbar. Ich wollte den Kerl von seiner Geisel ablenken. Er sollte sich auf mich konzentrieren.
Das gelang mir auch. Plötzlich stieß er die Frau zur Seite, die aus meinem Blickfeld verschwand.
Im nächsten Moment sprang ich den Mann an.
Beide gerieten wir ins Taumeln. Ein jeder versuchte, sich auf den Beinen zu halten und nicht zu Boden zu stürzen. Es gelang mir, und es gelang auch meinem Gegner.
Eigentlich hätte alles perfekt sein können, aber der Schrei der Frau warnte mich. Ich wollte mich auf den Kerl einstellen, als er von der linken Seite auf mich zuhuschte. Aus dem Augenwinkel bekam ich die Bewegung noch mit. Leider war es zu spät für mich, mich darauf einzustellen, denn der Gegenstand traf mich voll.
Er klatschte gegen meinen Kopf. Der Schrei der Frau nahm ab. Ich spürte den scharfen, stechenden Schmerz, merkte, dass ich fiel, drehte mich im Fall und hielt die Augen offen und den Kopf so gedreht, dass ich in die Richtung des Angreifers schauen konnte.
Ich sah eine mächtige Gestalt ohne Gesicht und einen langen glänzenden Gegenstand, der sich von mir wegbewegte, dann landete ich am Boden und hatte den Eindruck, irgendwie in eine andere Welt zu tauchen, ohne die eigentliche richtig zu verlassen...
***
Es gab keinen Übergang bei Dagmar Hansen, aber sie saß plötzlich starr neben ihrem Partner.
»Das war doch ein Schuss!«
»Wo?«
»Draußen! Im Hintergrund und...«
Harry Stahl fragte nichts mehr. Er stieß noch ein Schimpfwort aus und sprang so heftig auf, dass der Stuhl hinter ihm umkippte.
Bevor Dagmar, die davon überzeugt war, den Schuss gehört zu haben, ebenfalls aufstehen konnte, war Harry bereits an ihr vorbei. Er rannte auf den Ausgang zu, und Dagmar hatte Mühe, ihm zu folgen. Da spielten die Schuhe mit den etwas klobigen Absätzen nicht mit.
Harry schaute sich nicht um. Auch wenn die Gäste feierten, er konnte sich auf Dagmars Gehör verlassen. Wenn sie sagte, einen Schuss gehört zu haben, dann stimmte das.
Harry hatte sich innerhalb des Hotels nicht großartig umgeschaut. Er wusste auch, dass er sich hier nicht verlaufen konnte, und der Flur zog ihn an wie ein Magnet das Eisen.
Zudem stellte er fest, dass Wind durch eine offene Hintertür wehte und die nächtliche Kühle brachte. Alles musste sich an der Rückseite abgespielt haben, auf einem Gelände, das er nicht kannte.
Mit gezogener Waffe lief er die letzten Meter und schaute durch die offene Tür in einen jetzt nur spärlich beleuchteten Hinterhof. Aber die eine Lichtquelle war gut, denn am Rand ihres Scheins stand ein jammernder Mann, der nicht wusste, was er unternehmen sollte und einfach in die Gegend gestikulierte.
Wie nebenbei sah Harry einen der Gäste aus dem Restaurant links neben sich flach auf dem Rücken liegen. Da er sich nicht bewegte, ging Harry davon aus, dass er tot war.
Aber wo steckte John?
Er schnappte sich Sven Nolte, der ihm mit einem grimassenhaften Ausdruck im Gesicht anstarrte.
»Weg! Sie ist weg – weg...!«
Harry war klar, dass es sich bei der Person nur um Sharon handeln konnte.
»Wohin?«
»Ich... ich...«
Da erschien Dagmar Hansen. Harry hatte sich bereits nach rechts gedreht und entdeckte die Mündung einer schmalen Durchfahrt. Augenblicklich stand für ihn fest, dass sie nur diesen Weg genommen haben konnten.
»Kümmere dich um Sven!«
Mehr rief er Dagmar nicht zu, denn noch in der gleichen Sekunde nahm er die Verfolgung auf.
Harry Stahl war ein alter Hase. Obwohl er wusste, dass die Zeit drängte, beging er nicht den Fehler, sofort in die Einfahrt hineinzurennen. Er stoppte kurz
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