Der Vergessene
Reaktion. Mit ruhiger Stimme sagte sie: »Doch, ich betreue dich, und seit einiger Zeit nicht nur beruflich. Ich habe dich in der Zwischenzeit kennen gelernt, und ich weiß, dass du anders geworden bist. Amos, du bist nicht mehr der Mann, den ich gekannt habe, auch wenn du es hundertmal behauptest. Du hast dich verändert. Das ist mir besonders in den letzten Tagen aufgefallen. Bedrückt dich etwas? Hast du Angst? Spürst du so etwas wie einen Erfolgsdruck, dem du nichts entgegensetzen kannst? Ist es vielleicht das Premierenfieber oder was auch immer?«
Er sagte nichts. Er schaute sie an. Amos wusste, dass sie grüne Augen hatte. Die Farbe war bei diesen Lichtverhältnissen nicht zu sehen, ebenso wenig wie ihr Gesicht, das im Schatten lag.
»Warum gibst du mir keine Antwort?«
»Die bekommst du, Carol.«
»Und?«
Amos Atkins hätte um das Problem herumreden können, und das genau wollte er nicht. Deshalb sagte er knallhart: »Ich will, dass du mich verlässt. Und zwar sofort. Jetzt und hier! Ich möchte auch, dass du dieses Haus nicht mehr betrittst. Verstanden?«
Carol Maxwell hatte verstanden, aber sie sagte nichts. Sie starrte ihn nur an. Ihr Mund stand offen, trotzdem sagte sie kein Wort. Jetzt waren sogar ihre weit aufgerissenen Augen zu sehen, und tonlos drangen die nächsten Worte aus ihrem Mund.
»Sag das noch mal.«
Er wiederholte es.
Carol schloss die Augen. Bisher hatte sie mehr auf der Sesselkante gehockt. Jetzt drückte sie ihren Körper bis gegen die Lehne zurück und schleuderte die Beine hoch. »Das darf doch nicht wahr sein! Das kann ich nicht fassen. Wir sitzen hier, es ist nichts zwischen uns passiert, und du gibst mir den Laufpass?«
»So ist es.«
Die drei Worte schockierten Carol Maxwell noch mehr. Sie hob die Hände und presste sie gegen ihr Gesicht. Sie flüsterte auch etwas, das Amos nicht verstand. Schließlich nahm sie die Hände wieder herab, und jetzt wirkte sie wütend. »Kannst du mir eigentlich einen Grund nennen, weshalb du dich so entschieden hast?«
»Nein.«
»Was?« Sie sprang plötzlich auf. Der Knoten war nicht fest genug geschlossen, und das Badetuch machte sich selbständig. Es rutschte an ihrem Körper herab, blieb auf dem Boden liegen, und sie stand nur mit einem dunklen, dünnen Slip bekleidet vor ihm.
»Du willst es mir nicht sagen?«
»So ist es.«
»Ha, das ist Wahnsinn! Das ist machohaft. Das ist typisch Mann.« Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Einfach so. Einfach abschieben. Der große Junge hat genug von seinem lebenden Spielzeug gehabt, und jetzt ist es vorbei, wie?«
»So ungefähr.«
Carol saugte pfeifend die Luft ein. Zugleich schnellte ihr rechter Arm vor. Der Zeigefinger zielte wie die Spitze einer Lanze auf den Moderator. »Nein, mein Bester, so haben wir nicht gewettet. Das akzeptiere ich nicht. Ich lasse mich nicht einfach abschieben oder abwerfen wie eine alte Decke. Da hast du dich geschnitten. Ich will zumindest wissen, was vorgefallen ist. Oder hast du mit den anderen Tussis da rumgemacht?«
»Auf keinen Fall.«
»Dann verstehe ich es erst recht nicht.«
»Bitte geh. Und geh sofort.«
Carol war nicht auf den Mund gefallen. Jetzt wusste sie nicht, was sie sagen sollte. So etwas war ihr noch nie vorgekommen, aber sie konnte auch keinen Hass auf Amos empfinden. Hinter seinem Verhalten musste etwas anderes sein, das spürte sie genau. Er befand sich in Schwierigkeiten, kämpfte dabei mit persönlichen Problemen, das hatte sie bereits seit einigen Tagen festgestellt. Diese Dinge hatten sich verdichtet, und nun war es aus ihm hervorgebrochen. Vielleicht konnte er nichts dafür. Es war ja möglich, dass er von einer anderen Seite Probleme bekommen hatte. Vor allen Dingen berufliche. Sie kannte die TV-Welt ebenfalls, und sie wusste, welche Haifische sich dort bewegten und wie gnadenlos dieses Geschäft war.
Er nickte ihr zu. »Ja, Carol, du hast mich doch verstanden. Ich möchte, dass du gehst.«
»Und warum?«
»Nicht jetzt - bitte.«
Sie lachte ihn an. »Das heißt, du willst mir den Grund später erklären, oder? Wenn es dir passt, zum Beispiel.«
»Das ist nicht so wie du meinst, Carol. Was ich dir sage, geschieht zu deinem Besten.«
»Hör auf, verflucht. Solche Sprüche kenne ich. Darüber kann ich nicht einmal lachen. Nein, nein, mein Lieber. Hier laufen andere Dinge, aber die werde ich herausbekommen, darauf kannst du dich verlassen. Ich lasse mich nicht so einfach abschieben. Auch ich habe in unsere Beziehung
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