Der Vergessene
draußen bleiben. Er darf nicht hereinkommen, verstehst du das? Er darf es nicht…«
»Aber…«
»Kein aber, lauf weg!«
Sie lachte ihn an und zugleich aus. »Du bist wohl eifersüchtig, wie? Keine Sorge, Amos. Ich werde nicht bei dir bleiben, das sei schon mal gesagt. Ich habe soeben einen richtigen Mann gesehen, und ich weiß, dass ich mit ihm besser zurechtkomme.«
»Du bist verrückt, Carol! Er macht dich fertig. Er wird dich vernichten. Du bist nicht mehr als ein Spielzeug für ihn.«
»War ich das nicht auch für dich?«
»Nein, nie. Ich habe dich nur…«
Es ging nicht mehr weiter. Keine Worte mehr, dafür ein heftiger Schlag von außen gegen die Scheibe, der das dicke, wärmeabhaltende und fast panzerhaft starke Glas nicht nur erschütterte, sondern gleich von einem mörderischen Krach begleitet durchbrach.
Carol schrie auf, während Amos Atkins in seinem Sessel hockte und sich nicht bewegte. Für ihn war nicht nur die Tür zusammengebrochen, sondern eine Welt. Kamuel ließ sich nicht mehr aufhalten. Er hatte lange genug gewartet. Auf der Schwelle war er stehen geblieben, den rechten Arm mit der geballten Hand nach vorn gestreckt. Mit der Faust hatte er das Glas durchschlagen. Seine Hand hätte bluten müssen, es hätten auch Splitter in ihr stecken müssen, aber nichts davon war zu sehen. Sie wies keine sichtbare Verletzung auf.
Er ging weiter. Scherben knirschten unter seinen Sohlen. Wind fuhr in den großen Raum. Das alles war nur zweitrangig, zumindest für Carol, denn sie hatte ausschließlich Augen für ihn, für ihren Neuen, der auch sie wollte, denn er hatte sich nach links gedreht.
Amos Atkins beachtete er nicht. Die Frau war für ihn viel wichtiger, und sie lächelte er an. Nach dem nächsten Schritt sprach er auch, und was Carol hörte, ließ sie erschauern. »Küssen werde ich dich, küssen…«
***
Mitternacht lag schon hinter uns, als Suko und ich ziemlich derangiert aus dem Aufzug stiegen, Manchmal bewegten wir uns wie alte Männer, die den Weg zurück ins Leben noch nicht gefunden hatten. Die Beule an Sukos Kinn war gewachsen, er litt auch unter Kopfschmerzen, aber klagte nicht. Das tat ich auch nicht. »Ich werde mich von Shao etwas pflegen lassen. Nimm du auch ein Bad und reib dich ein.«
»Worauf du dich verlassen kannst.«
Suko hatte noch eine Frage. »Denkst du auch daran, was uns Elohim gesagt hat?«
»Du meinst das Schwert des Salomo?«
»Ja, Suko, ich denke, es ist eine Waffe, mit der ich dem Engel gegenübertreten kann. Allerdings glaube ich auch, dass wir Elohim nicht zum letzten Mal begegnet sind. Da kommt noch was nach. Davon bin ich überzeugt.«
»Würde mich sogar freuen, denn er steht auf unserer Seite. Ansonsten hau dich nieder.«
Ich wartete, bis Suko nebenan in seiner Wohnung verschwunden war und schloss meine Tür auf. Ich hatte es mir schon zur Angewohnheit gemacht, in gewissen Situationen die Wohnung sehr vorsichtig zu betreten. Das tat ich auch jetzt und schaute mich sofort um, aber es war nichts Ungewöhnliches zu sehen. Nichts wies darauf hin, dass ich ungebetenen Besuch bekommen hatte.
Diese Fälle kannte ich allerdings und schaute mich dementsprechend vorsichtig um. Nein, da war nichts. In allen Räumen schaltete ich das Licht ein und erlebte sie nur leer.
Mit schleichenden Schritten ging ich wieder zurück ins Wohnzimmer.
Ich war nicht direkt müde, sondern einfach nur kaputt, aber das Bett lockte mich nicht. Dazu war ich innerlich zu aufgedreht.
Vom Kampf gegen Kamuel waren bei mir einige Blessuren zurückgeblieben. Die Krämpfe und die Schmerzen wollte ich mit heißem Wasser bekämpfen. Deshalb ging ich ins Bad, zog mich dort aus und stellte mich unter eine heiße Dusche.
Es war wirklich eine Wohltat. Während die Strahlen auf mich niederprasselten, hatte ich das Gefühl, dass die Schmerzen nachließen.
Zumindest spürte ich sie nicht mehr so stark. Um mich herum wallte der Dampf, und ich kam mir vor wie in einer Sauna.
Lange Zeit duschte ich mich ab. Dabei schaffte ich es, die Gedanken an Kamuel auszuschalten und mich nur auf mich selbst zu konzentrieren. Das heiße Wasser wurde vom Abfluss verschluckt, ebenso wie die Reste des Duschgels.
Ich stieg wieder aus der Dusche hervor. Der erste Griff galt dem Badetuch, in das ich mich einwickelte. Ich rubbelte mich ab, aber ich merkte auch, wo der Körper überall schmerzte. Da brauchte ich nur den geringsten Druck auszuüben, und einige Stellen liefen schon farbig an.
Egal, das überstand
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