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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bahn ankamen. Die besten Reisenden benutzten das Flugzeug. Dort, am Flughafen Calcutta, hatte Tawan bisher keine Chance gehabt. Die Flughafenpolizei paßte auf und trieb jeden weg, der nach Bettler aussah. Nur ein paar Gaukler und Fakire waren zur Einstimmung der Gäste zugelassen und spielten ihnen das geheimnisvolle Indien vor; dafür mußten sie aber auch dreißig Prozent ihrer Einnahmen an die Polizei abgeben. Versuchten sie diese zu betrügen, wurden sie aus den Hallen verjagt.
    Also kaufte sich Tawan an diesem Morgen einen feudalen Strohhut, sah noch vornehmer aus, rief ein Taxi herbei und ließ sich zum Flughafen fahren. In den Hallen und Gängen herrschte ein dichtes Menschengewimmel vor den Schaltern und in den Warteräumen, lange Schlangen standen vor den Check-ins, aber sie interessierten Tawan kaum. Viel größer war sein Interesse an den Ankunftstüren und an der Anzeigetafel, auf der die landenden Flugzeuge angekündigt wurden: 10:30: Air India aus Neu-Delhi; 10:46: Garuda aus Jakarta; 11:14: BEA aus Colombo; 11:29: TWA aus Manila; 11:44: Quantas aus Darwin – eine Riesentafel, die Tawans neue Kundschaft anzeigte.
    Tawan bummelte zum Zollausgang III, lehnte sich dort gegen eine Säule und wartete auf das Flugzeug aus Jakarta. 10 Uhr 46, also in zehn Minuten, wenn die Maschine pünktlich war. Er betrachtete die Menschen, die wie er auf die Landung des Flugzeugs warteten, um Geschäftsfreunde, Verwandte oder Bekannte abzuholen – nicht einer war so vornehm wie er, und er fragte sich, ob er nicht zu auffällig gekleidet sei. Aber als er dann den dicken Amerikaner sah, der gerade hereinkam, in einem bunt bedruckten Hemd, karierten schwarzweißen Hosen, zweifarbigen Schuhen, eine Basketballmütze auf dem runden Kopf und eine Zigarre im Mundwinkel, verflogen seine Bedenken. Auch entdeckte er etwas anderes: Aus der Gesäßtasche des Amerikaners ragte ungefähr einen Zentimeter hoch das Portemonnaie heraus. Es schien prall gefüllt zu sein.
    Tawan löste sich von der Säule, ging ein paarmal unruhig hin und her und stellte sich dann nahe hinter den Amerikaner. Niemand schöpfte Verdacht – einen Herrn beobachtet man nicht.
    Das Flugzeug aus Jakarta landete pünktlich. Eine helle Stimme gab über den Lautsprecher die Landung bekannt. Unruhe entstand unter den Wartenden vor der Zollsperre, alle drängten nach vorn, und auch der Amerikaner rückte in dem Gedränge vor.
    Tawan folgte ihm, rempelte ihn an, sagte entschuldigend: »Entschuldigung, Sir, aber von hinten stößt man mich«, griff dabei blitzschnell nach dem Portemonnaie, zog es blitzschnell aus der Hosentasche, wandte sich dann ab, ging ruhig zum Ausgang und verließ die Halle. Draußen aber sprang er in ein Taxi, sagte: »Zum Hotel Majestic, schnell! Ich habe es eilig!« und atmete auf, als der Fahrer mit einem Schnellstart davonraste.
    Vor dem Hotel Majestic stieg Tawan aus, setzte sich in das unter Palmen liegende Café, bestellte Tee und öffnete das Portemonnaie. Die Papiere wie Führerschein, Kreditkarten, Visitenkarten und einige Telefonadressen interessierten ihn nicht; er zählte die Dollarnoten und betrachtete die Zahlen. Da er nie gelernt hatte, größere Beträge zusammenzuzählen, wußte er nicht, wie hoch die Beute war, aber nach der Vielzahl der Scheine mußte es ein guter Fang gewesen sein.
    Es waren genau fünfhundertfünfzig Dollar.
    Nachdem er den Tee getrunken hatte, fuhr Tawan sofort zur Punjab National Bank und zahlte seinen ›Gewinn‹ ein.
    Der erste Tag im neuen Leben hatte sich gut angelassen.

2
    Edward Burten fühlte sich von Tag zu Tag wohler.
    Das Fieber hatte nur vier Tage angehalten und war dann zur Normaltemperatur abgeklungen. Die Narbe verheilte gut und war nur noch ein leicht geröteter, schmaler Strich. Wenn Burten sie im großen Spiegel seines Badezimmers betrachtete, kam sie ihm außergewöhnlich klein vor; er hatte sich zuvor damit abgefunden, den halben Rücken zerschnitten zu sehen. Er kannte Bilder von Nierenoperierten, und immer waren es häßliche Narben, die man in einer Badehose nicht verstecken konnte.
    Dr. Banda war sehr zufrieden. Er hatte Burten in den vergangenen drei Wochen sechsmal besucht, hatte ihm lange in einem wunderschönen Seidenbrokatsessel gegenübergesessen und ließ sich von seinem Patienten Anekdoten aus Amerika erzählen. Er war auch dabei, als Burten, untergefaßt von Schwester Myriam, die ersten Schritte im Park unternahm, einmal rund um den Springbrunnen ging und dann erschöpft

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