Der verletzte Mensch (German Edition)
„Vergnügens mit fremden Damen“, sondern des Ungeheuerlichen – der Mann habe den elfjährigen Jungen „ohne Schlaf in die Schule geschickt“ – bezichtigt.
„Drei Viertel aller Fälle, in denen das Sorge- und Umgangs-recht geregelt werden muss, bekommen wir gar nicht zu Gesicht. Es ist unser Job, sanfte Lösungen zu finden“, sagt Strecker, „erst wenn das nicht klappt, gibt’s eine gerichtliche Entscheidung.“ Überforderte Richter sollen dann über vernichtetes Spielzeug, verbrannte Briefe eines Elternteils, die Organisation von Kindergeburtstagen, die Kostenteilung bei Zahnspangen, den moralischen Lebenswandel der neuen Lebenspartner und die Teilnahme der Kinder an Urlaubsreisen entscheiden. „Ich bin Familienrichter und kein Psychologe“, sagt Christoph Strecker. [27]
Auch in Deutschland sind es meistens die Väter, die das Gericht anrufen. In 70 Prozent aller Fälle, die gerichtsnotorisch werden, bekommt die Mutter das Sorgerecht zugesprochen. Organisationen, die für die Rechte der Väter eintreten, fordern daher „ein bedingungsloses Sorgerecht für beide Eltern“. Angesichts eines Elternkonfliktes sei eine Lösung im Sinne des Kindes Utopie. Das derzeit geltende Sorgerecht wird von diesen Gruppen als „Waffenlieferung ins Krisengebiet“ bezeichnet. Bei aller Kritik am derzeitigen Sorgerecht muss man aber immer bedenken, dass auch die besten Gesetze Menschen nicht daran hindern können, sinnlose Kriege zu führen.
Als 1980 der Iran-Irak-Krieg mit einem Angriff des Iraks begann, waren sich fast alle internationalen Militärexperten einig, dass dieser spätestens nach einem Jahr enden müsse, weil dann beiden Seiten die Waffen und die Munition ausgehen würden. Der Krieg dauerte entgegen diesen Prognosen acht lange Jahre. Er endete ohne Sieger und mit unvorstellbaren menschlichen und wirtschaftlichen Verlusten auf beiden Seiten. Wo Menschen sich wechselseitig vernichten wollen, werden sie immer auch Lieferanten finden, die ihnen die dazu notwendigen Waffen liefern. Daran sollten Menschen immer denken, bevor sie dem anderen den Krieg erklären.
Der Kampf ums Kind
Unbestritten ist, dass derjenige Elternteil, bei dem das Kind wohnt, im Konfliktfall faktisch immer in der stärkeren Position ist. Das sind meist die Mütter. Mit Ausnahme ganz extremer Fälle, wie nachgewiesene Drogensucht oder Vernachlässigung, wird Müttern das Sorgerecht nicht entzogen, auch wenn sie das Besuchsrecht der Väter offen oder subversiv sabotieren. Daher haben auf dem neu entdeckten Schlachtfeld „Kampf ums Kind“ oft die Frauen Macht über die Männer. Sätze, wie „Du solltest endlich begreifen, dass es jetzt nach meinen Spielregeln läuft“, lassen die Männer im Sorgerechtsstreit zwischen Weißglut und Ohnmacht taumeln. Dann nützt den Männern auch ihre finanzielle Überlegenheit nichts.
Die Probleme haben sehr viel mit der derzeitigen Rechtssituation zu tun, die primär ein Auszahlungsrecht der Männer ist – im Positiven wie im Negativen. Oft wird unterstellt, dass der Mann sich seiner Vaterrolle durch finanzielle Zahlungen entledigen möchte und danach ohnehin nichts mehr damit zu tun haben will. Für jene Männer, die tatsächlich so ticken, ist das ja auch durchaus von Vorteil, vor allem dann, wenn sie finanzstark sind und eine Frau auf der anderen Seite haben, die ohnehin ihr Kind lieber allein aufziehen will. Die Ungerechtigkeit beginnt dort, wo es „neue Väter“ gibt, die sich sehr wohl als ganz wesentliche Beziehungsperson zum Kind verstehen und diese Rolle auch nach einer Trennung weiter ausüben wollen. Treten in der Trennungssituation Konflikte auf, wird das Kind zur Waffe am Schlachtfeld. Männer leiden dann wie Tiere und fühlen sich völlig hilflos. Dass sie damit oft nur die emotionalen Verletzungen zurückbezahlt bekommen, die sie selbst verursacht haben, wird ihnen natürlich nicht immer bewusst. Die Schlacht geht um Schuld und Sühne. Das Tragische ist, dass die Opfer aber in jedem Fall schon feststehen, bevor der Krieg meist in Form eines Anwaltsbriefes formal erklärt wird: die Kinder.
„Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das erröten kann. Es ist aber auch das einzige, das Grund dazu hat.“
Mark Twain
Papas Spatzi und sein Geld
Die Frau geht zu einem bekannten Gerichtspsychiater in München und erzählt ihm besorgt, dass ihre beiden Söhne im Alter von sieben und elf Jahren auf einmal so eigenartige Dinge über ihren Vater erzählen, zum Beispiel verwenden sie
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