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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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vor, ein Bote zu sein? Ein Bote Eures Königs?«
    »Ja, und? Was meint Ihr?«
    »Nun, überall dort, wohin Ihr Euren Fuß lenktet und wohin Euch Eure Reise führte, überall dort erscheint binnen Kurzem der Feind. Ist das nicht merkwürdig? Geradezu auffällig, findet Ihr nicht? Ein Zufall, werdet Ihr vielleicht sagen?«
    »Ich glaube nicht an Zufälle.«
    »Nein, das tut Ihr nicht, und Ihr tut gar wohl daran. Ihr wisst es schließlich besser, nicht wahr? Und ich stimme Euch zu. Auch ich glaube nicht an Zufälle, besonders dort nicht, wo ich eins und eins zusammenzuzählen vermag.«
    »Mir gefallen Eure Andeutungen nicht, Herr Gasakan.«
    Der Gauvogt wog bedächtig den Kopf.
    »Andeutungen? So versteht Ihr es? Ach, warum scheut sich immer nur alle Welt, die Dinge beim Namen zu nennen? Ich deute nicht bloß an. Ein Bote Eures Königs, ja? Wie wäre es mit   – ein Spion Eures sogenannten Feindes? Ich sage es Euch einfach und frei heraus: Ich erkenne einen Spitzel, wenn ich einen vor mir sehe! Ihr, höre ich, Ihr hetzt landauf landab die Vahits mit Eurem Gerede von drohendem Krieg und Brandschatz auf! Dabei folgt Euch das Unheil auf dem Fuße! Euch, hört Ihr? Oder stammt es gar von Eurem Fuß? Vielleicht sind es ja Eure Schritte, die Euren nebulösen Feind erst herbeilocken? Wer weiß? Was also sind Eure Heimlichkeiten? Was wisst Ihr, Herr Circendil   – und verratet es dem Feind?«
    »Das reicht jetzt, Gasakan!«, fuhr ihn Mellow an. »Hiermit entlass…«
    Circendil legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm. »Nein, Mellow. Lass ihn. Er denkt falsch, aber was er sagt, ist im Kern sogar richtig. Nur seine Schlüsse gehen in die Irre.«
    »Hört Ihr es?«, ereiferte sich der Gauvogt und sah sich Beifall heischend bei seinen Landhütern um. »Er gibt es sogar zu! Jetzt ist er hier, und so ist’s kein Wunder, wenn auch bei uns das Unglück Gestalt annimmt.«
    »Was für ein Unglück?« Bholobhorg sah sich verstohlen um, als erwarte er, jeden Augenblick einen Gidrog um die nächste Häuserecke biegen zu sehen.
    »Einen Überfall hat’s gegeben«, sagte Taram; der Ärmel seines Unterarms war inzwischen rot von Blut, da er ihn immer wieder an seine Lippe presste.
    »Wer ist überfallen worden? Und von wem?« Mellows Frage entfachte in Finns Magen ein erneutes Unbehagen.
    »Von wem?«, wiederholte Taram. Er zuckte mit den Schultern. »Wir tappen da noch im Dunklen. Wir   …«
    »Wir sind hier, um diesen Vorfall zu untersuchen!«, fiel ihm Gasakan ins Wort. »Von Amts wegen; und mit aller gebotenen Strenge.«
    »Was ist denn nun geschehen?«, wollte Circendil wissen.
    »Wisst Ihr es denn nicht?«, fragte Gasakan erstaunt zurück. Ein Lächeln kräuselte seine dünnen Lippen. »Ein Reisender ist knapp mit dem Leben davongekommen. Seine   …«
    »Ein Reisender? Nun nenn doch endlich seinen Namen!« Finn fühlte die eiskalte Hand erneut nach seinem Herzen greifen. Noch ehe der Gauvogt sprach, meinte er die Antwort schon zu kennen.
    »Einen Namen willst du wissen? Ein ehrenwerter Cuorderir aus dem Obergau ist’s   … Moment, sagtest du nicht vorhin, du seist einer der Fokklins aus Moorreet? Dann wirst du ihn wohl kennen, nehme ich an. Furgo heißt er.«
    »Er ist mein Vater.«
    »Dein Vater?«, fragte Taram ungläubig. »Aber weshalb stehst du dann noch hier herum und bist nicht drüben bei den anderen? Oder weißt du es etwa gar nicht?«
    »Was weiß ich nicht?«
    »Bei dem Überfall wurde Furgos Frau schwer verletzt   – entschuldige, deine Mutter, will ich sagen. Sie   … sie starb gestern Nacht. Es tut mir leid. Soeben tragen sie sie zu Grabe.«
    »Mama ist   – tot ?« Finn wankte. »Aber   … wie   …?«
    Seine Stimme brach ab. Alles um ihn herum schien sich zu drehen. Er krampfte seine Hand um die Tassel in seiner Tasche und wich taumelnd zurück. Er stieß gegen Mellows Schulter und wäre gefallen, wenn der ihn nicht aufgefangen hätte.
    Mellow trat hinter ihn und stützte seinen Freund.
    »Was bist du nur für ein Vahit, Gasakan«, sagte er, fassungslos wie selten in seinem Leben. »Wann hättest du es ihm gesagt? Nachdem der letzte Klumpen Erde ihren Leib bedeckt?« Er wandte sich ab und half Finn, der sich wie willenlos führen ließ, in den Sattel hinauf. »Wo liegen die Grabstellen?«
    »Weiter vorn«, antwortete Taram. »Hinter dem Rieselbach geht ein schmaler Weg zur Rechten ab. Nach den ersten Bäumen. Ich   … ich habe wirklich nicht geahnt   …«
    Mellow nickte stumm; dann

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