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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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zweiten Mal in seinem Leben saß er nun in einem Fischerprahm, und es gefiel ihm heute ebenso wenig wie damals.
    »Möglicherweise kann er das«, beantwortete er ebenso leise Abhros Frage.
    »So lass uns weiterhin flüstern.«
    Und er zischte nach vorn: »Franan? Giran? Habt ihr verstanden? Keinen Ton.«
    Die beiden paddelnden Vahits nickten.
    Ein Wasservogel erschrak, oder ein Fisch schnappte nach Luft. Jedenfalls klatschte es leise, dicht am rechten Ufer und etwas voraus. Finn zuckte zusammen, sagte aber nichts. Er starrte hinüber, ohne etwas zu erkennen.
    »Und du sagst, dieser Jemand ist gefährlich?«, fragte Abhro,ohne auf das Klatschen zu achten. Finn stieß den angehaltenen Atem aus.
    »Glaubst du, wir hätten uns tatsächlich an ein Lagerfeuer gesetzt? Und uns aus Unachtsamkeit daran verbrannt? Wir wurden überfallen, und dein Donnerhall und Wetterleuchten, das war der Angreifer, so wahr ich hier sitze.«
    Abhro wechselte mit seinem Paddel auf die andere Seite.
    »Also gut. Wo finden wir deinen Freund?«
    Eine aufgeschreckte Knäkente flatterte entrüstet davon, als ihr der Weidling zu nahe kam.
    »Er liegt etwa zweihundert Klafter vom Ufer fort. Hinter dem Sumpf, von deiner Schmiede aus gesehen. Ich drang durch den Wald, umrundete die Fenne, kam auf die Marschwiesen hinaus und ging dann noch ein Stück über die Riedgräser nach rechts.«
    »Gut«, wisperte der Schmied. »Dort können wir anlanden. Noch ein Stück, dann treten die Weiden zurück, und dichtes Schilf wächst an beiden Ufern. Die Bäume dahinter kannst du aber immer noch sehen. Erst wenn ihre Schatten uns verlassen, haben wir die Marschwiesen erreicht. Bis dahin dauert’s noch ein wenig. Vielleicht ’ne Viertelstunde, ehe wir dort sind. Eine gute Gelegenheit, Herr Finn, deine Geschichte zu erzählen. Was issses also für ’ne Sache mit der Botschaft von Herrn Wredian?«
    So knapp es ihm überhaupt möglich war, berichtete Finn von dem Zusammentreten des Rates in Mechellinde, und wieso es dazu gekommen war. Er erwähnte dabei kaum die Ereignisse am Acaeras Alamdil, sondern sprach nur allgemein von dem Feind und seinem Angriff auf das Hüggelland. Rudenforst sei aller Wahrscheinlichkeit nach schon verloren, erklärte er. Er umriss in aller Kürze den Plan, eine Vahitwehr auf die Beine zu stellen, und überbrachte zugleich Herrn Wredians Auftrag an Abhro, sich anderntags in Mechellinde einzufinden. Er verschwieg alles über Circendil, die Féar, die Gilwen und die Dwarge und die Suche nach der Gluda. Aber er deutete an, die Vahits stünden nicht alleine, Verbündete besäßen sie aus alter Zeit, so unerwartetdies auch für alle Vahits sei. Ganz am Ende erst erwähnte er, dass der Feind auf großen Vögel ritte, weit größer noch als Schwäne, weshalb er, Finn, darauf gedrungen habe, die Mistgabeln mitzunehmen. »Denn mit ihrer Hilfe, hoffe ich, können wir uns wenigstens notdürftig gegen deren scharfe Schnäbel und Klauen verteidigen!«
    Der Schmied hörte sich das alles wortlos an. Nur sein Gesicht wurde immer länger und ärgerlicher. Während er den Nachen steuerte, streiften sie immer wieder raschelndes Schilf zu beiden Seiten, an deren scharfen Halmen sich der Weidling mal links, mal rechts entlangdrückte.
    »Wenn das mal alles kein ausgemachtes Hirngespinst von dir is’«, murrte er, als Finn endlich in erschöpftes Schweigen verfiel. »Und, bei meiner Zange, es klingt mir sehr danach! Fliegende Reiter, die’s Feuer regnen lassen können! Aber wenn’s wahr is’, beim zerbrechenden Eisen, dann will’s mir im Herzen bang werden ums Hüggelland.« Wieder schüttelte er den Kopf, aber jetzt sah er eher verzweifelt als ärgerlich aus.
    »Die Bäume bleiben zurück«, sagte Finn und deutete ans linke Ufer.
    »Du hast Recht, wir sind fast da.«
    Eine Schilfhalbinsel reihte sich derweil an die andere; aber zwischen ihnen blieb immer genügend Raum, um den Nachen vorsichtig hindurchzusteuern. Als wieder eine Insel an ihnen vorbeigeglitten war, wendete Abhro den Bug zum linken Ufer. Büsche säumten seinen Rand, aber es gab Lücken zwischen ihnen. Eine davon steuerte Abhro an.
    Die Luft roch wieder erdiger und weniger modrig als zuvor unter den Weiden. Bald stießen sie an einige morsche Äste, und es ging nicht mehr weiter. Giran und Franan sprangen ohne ein weiteres Wort aus dem Nachen, und Finn sah zu seiner Überraschung, dass ihnen das Wasser nur bis zu den Knien reichte. Also wieder ins Nasse, dachte er bekümmert und rutschte über

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