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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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anschließend strich er daraus, so behutsam er es nur vermochte, eine helle Paste auf die Wunden. Dennoch ging das nicht ohne Zischen seitens des Dwargen ab.
    Er klingt beinahe, als ob er das Geräusch der ins Wasser tropfenden Feuerperlen nachahmen will, fuhr es Finn durch den Sinn. Er merkte selbst, wie er begann, albernes Zeug zu denken, und er schrieb es seiner Sorge um Glimfáin zu, denn er sah nur zu gut, wie sehr der Dwarg auf seiner Liegestatt litt.
    »Was ist das?«, fragte Tallia.
    »Froschsalbe, glaube ich«, erinnerte sich Finn. Vorhin hatte Abhro Giran oder Franan angewiesen, einen Napf mit Froschsalbe ins Boot zu legen.
    »Froschsalbe?« Tallia verzog ihr Gesicht vor Ekel.
    »Ja«, bestätigte der Schmied. »Die beste übrigens, die’s gibt. Aus Moorreet«, fügte er hinzu.
    Alle sahen, wie Glimfáin die Zähne zusammenbiss, als der kühlende Balsam abermals seine zitternden Beine berührte. »Und sie stammt nicht aus der Werkstatt deines Vaters, Herr Finn, falls du das dachtest. Ausnahmsweise mal kein Mühlensiegel. Die hier rührt Rana Rohrammer für uns an.«
    » Rohrammer?« , fragten Finn und Tallia verblüfft.
    »Ja, wieso? Stimmt was nich damit?«
    Finn hob beschwichtigend die Hände. »Doch. Nein. Ich wusste nur nicht, dass sie sich mit Fröschen auskennt. Ich meine: Frösche, ja? Brrr.«
    »Frau Rana ist die angeheiratete Kusine des Onkels meines Großvaters«, fügte Tallia hinzu. »Ich war auf dem Weg, sie zu besuchen, als das alles geschah. Als wir mit Glimfáin zusammentrafen, meine ich.«
    »Na, wenn du sie siehst, bestell ihr jedenfalls schöne Grüße von mir. Und sag ihr, wir benötigen dringend frische Froschsalbe.« Er zeigte ihr den Napf, der sich unter seinen vorsichtig arbeitenden Händen rasch leerte; er versorgte nur die am schlimmsten zugerichteten Stellen, und doch kratzte er schon am Boden des Tongefäßes. Als es nichts mehr zu verstreichen gab, legten sie die mitgebrachten Linnentücher um seine Beine, Lage um Lage, bis ein behelfsmäßiger Verband entstanden war. Eines der Tücher riss er in Streifen und band alles behutsam fest.
    Giran und Franan entfalteten derweil die Lehmtrage: zwei starke Holzstangen, zwischen denen ein derbes Stück Leinen mit Schlaufen befestigt war. Die Stangen waren länger als die Trage selbst, sodass zwei Vahits ihre Last zwischen sich aufnehmen konnten, wenn der eine vorne und der andere hinten ging und sie die überstehenden Hölzer als Griffe verwendeten. Die Stoffbahn war breit genug für den Dwarg; aber sie hätte kaum kürzer sein dürfen; entweder würde Glimfáins Kopf darüber hinausragen oder seine schrecklich zugerichteten Beine. Da das Letzte nicht ging, entschieden sie sich für das Erste. Sie rollten Glimfáins Mantel zu einem Kissen zusammen, das sie quer über die Stangen legten.
    Schließlich waren sie zum Aufbruch bereit. Oder fast, denn Finn fiel noch etwas ein.
    Glimfáins Helm lag noch in der Kuhle. Finn ging hin, säuberte ihn notdürftig und drückte ihn Tallia in die Hand. »Nimm auchseinen Dolch mit. Er sieht sehr kostbar aus. Wenn er genesen ist, wird er beides vermissen. Und da wir gerade seine Sachen einsammeln: Hast du, während du wachtest, irgendwo seine Axt gesehen?«
    Tallia verneinte. Ihr fielen vor Müdigkeit fast die Augen zu.
    Der Mond versank hinter den fernen Graten des Khênaith Eciranth. »Dann man los«, bestimmte Abhro. »Vier Vahits, vier Enden. Du hinten bei mir, Herr Finn. Du, junges Fräulein, schnappst dir die drei Mistgabeln. Dein   … ich meine, Herr Finn hier legt großen Wert auf sie. Und du trägst die Laterne. Etwas Licht brauchen wir jetzt. Aber halte die Flamme so klein, wie du nur kannst. Also los: zuuu   – gleich!« Finn keuchte, kaum dass er das Gewicht verspürte; er glaubte, seine Arme würden ihm aus den Gelenken gerissen. Seine Ecke der Trage kam langsamer hoch als die der anderen, und sie hing schief, so sehr er sich auch bemühte.
    Der Dwarg war schwer, viel schwerer als erwartet. Er wog gewiss so viel wie vier oder fünf Vahits, vermutete Finn; dazu kam sein dicker, fester Mantel. Er schnaufte und blies die Wangen auf   – Geräusche, dachte Finn, wie ein Frosch sie vermutlich machte, wenn er in Ranas Rohrammers Hände geriet und sie aus ihm die Salbe herauspresste oder was immer sie mit ihm tat, um den Froschbalsam zu gewinnen.
    »Wird’s gehen, Herr Finn?«, fragte Abhro. Es klang spöttisch und war auch so gemeint. Er grinste unter einem mondlosen Himmel.
    Ihn schien

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