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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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durch den Wald. Schon schwoll das Rauschen des Wasserrades vor ihnen an, und ehe sie sich versahen, knirschte der Bug des Bootes auf dem Grund der Schiffslände.
    Mit einer letzten Anstrengung hoben sie Glimfáin aus dem Weidling und schleppten ihn auf seiner Trage den Trampelpfad entlang zum Hof.
    »Wohin mit ihm?«, fragte Franan, der abermals mit Giran voranging. »Er is’ groß, Meister. Unsre Betten sind für’n Dwarg zu klein.«
    »Nee, er is’ zu lang, so isses.« Es war der längste Satz, den Finn Giran hatte sprechen hören. Abgesehen davon stimmte, was beide sagten.
    Sie brachten den Dwarg deshalb in eine Scheune und Tallia und Finn schufen ihm dort, so gut es unter den Umständen eben ging, ein weiches Lager. Franan brachte ein Kissen und ein Bündel weiterer Decken, dann betteten sie den Verwundeten darauf und deckten ihn zu. Er schlief schon, seitdem sie ihm im Weidling niedergelegt hatten, und er erwachte auch jetzt nicht. Ob das ein gutes Zeichen war oder ein schlechtes, wagte Finn nicht, sich zu fragen.
    »So, das war’s aber auch für heute«, meinte der Schmied und schickte Franan und Giran zu Bett. »Mehr können wir nich’ tun, Herr Finn. Alles Weitere muss der nächste Morgen zeigen. Ist spät geworden. Wenn ihr nich’ mehr weiter wollt heut Nacht, dann bleibt von mir aus gern. Obwohl ich euch auch nich mehr als das Stroh da drinnen anbieten kann.« Er wies mit dem Daumen über die Schulter zum Scheunentor.
    »Wir bleiben hier«, sagte Finn und gähnte. »Da du es uns gestattest und alles. Jetzt noch bis Moorreet zu fahren   – das geht über meine Kräfte. Andererseits, nur das Stroh, sagst du? Und du hast keine Kammer für Tallia?« fragte Finn den Schmied.
    Abhro kratzte sich verlegen den Hinterkopf.
    »Also, wir sind hier auf Frauensleut’ nich wirklich eingerichtet, wie du dir denken kannst. Unsere Betten sind hart, und mehr als drei ham wir nich’, was noch dazukommt. Ich kann dir höchstens meins anbieten, Fräulein Tallia, das schon. Aber –«, er stockte, »na ja, es is’ wahrscheinlich muffig und unaufgeräumt und alles.«
    »Schon gut«, lachte sie. »Behalte dein Bett und nimm meinen Dank für dein Angebot. Es ist nicht die erste Nacht, die ich in einer Scheune verbringe. Außerdem muss jemand nach Glimfáin sehen. Mir ist es recht.«
    »Ganz wie du willst. Du wirst es am besten wissen. Na dann   – gute Nacht.« Er drehte sich um und schlurfte ins Wohnhaus hinüber.
    Die Tür fiel zu. Dahinter hörten sie die Treppe knarren.
    »Ich werde mir hier draußen ein Plätzchen suchen«, sagte Finn.
    »So siehst du aus«, erwiderte sie, nahm ihn bei der Hand und zog ihn mit sich in die Scheune.
    Eine Laterne brannte in Glimfáins Nähe. Es gab einen halben Heuboden, auf den eine Leiter führte. Sie kletterten mit der anderen Laterne hinauf und streckten sich auf dem trockenen Stroh aus, jeder in einer Ecke, zwischen sich das Licht und einen Arm weit Abstand. Sie sahen sich eine Weile an, ohne zu sprechen. Die Verlegenheit umgab Finn wie eine Wolke, und sie lächelte, als sie sah, wie emsig er auf einem Strohhalm herumbiss.
    »Du fragst dich sicher«, brach Tallia irgendwann das Schweigen, »ob ich das ernst gemeint habe. Ehe du fortgingst, um Hilfe zu holen. Du weißt schon.«
    »Was?«, fragte er, obwohl er es genau wusste.
    »Dass du mich gefunden hast.«
    »Ja, das stimmt. Das frage ich mich. Das   – und wie es weitergehen soll.«
    »Mit uns?«
    »Ja. Das auch. Nicht nur, will ich damit sagen. Es ist nur so: Es gibt so vieles zu bedenken. Was machen wir mit Glimfáin,zum Beispiel. Ich sollte nicht hier liegen, sondern Circendil und Mellow benachrichtigen. Allein komme ich mir so hilflos vor.«
    Sie streckte eine Hand aus und berührte seinen Arm. »Du bist nicht allein.«
    Er lächelte schwach und sagte: »Ja. Das weiß ich. und ich danke dir dafür. Ich meine damit   – ich finde, das alles ist viel zu groß für mich. Das war es von Anfang an. Ich weiß nicht, Tallia. Das alles fühlt sich so   … so falsch an. Nein, nicht du!«, verbesserte er sich schnell, als er ihre zusammengekniffenen Lippen bemerkte.
    »Ich meine, eigentlich sollte ich friedlich zu Hause in meinem Bett liegen und morgen früh in die Werkstatt hinübergehen, um meine Arbeit zu verrichten. Verstehst du? Stattdessen gerät um mich herum alles an den Fugen. Schwärme von Criargs. Der Angriff auf das Hüggelland. Saisárasar. Und jetzt auch noch Glimfáin. Dazu dieser Guan Lu und was nicht alles.

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