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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Anspruch genommen hatte - sofern meine Intuition mich nicht trog und meine
    Nachforschungen auf fruchtbaren Boden stießen. Hoffentlich machte ich mir da nichts vor. Noch am Vorabend hatte ich Ona versichert, daß alles nur Hirngespinste waren, die auf unsere Anspannung und die Sorge um Daniel zurückgingen. Aber was hatte ich schon zu verlieren außer der Zeit, die ich investierte? Und Daniel wäre, wenn er in den folgenden Tagen auf die Medikamente anspräche und zu sich käme, bestimmt der letzte, der mir Vorwürfe machte, weil ich einer lächerlichen Ahnung gefolgt war. Na ja, und wenn schon, das war mir egal.
    Als wir in der Calle Xiprer ankamen, ging ich mit meiner Schwägerin hinauf in die Wohnung. Ich wollte Daniels Notizzettel mitnehmen, um ihn mir am Nachmittag genauer anzusehen. Aber als ich wieder auf die Straße trat, war ich bepackt mit einem Berg Bücher über die Inka und Daniels Aktenordnern mit seinen Forschungsergebnissen über die Quipus.
    Gegen halb zehn legte ich mich hin. Ich war fix und fertig, mir brannten die Augen, und ich fühlte mich erschöpft wie selten zuvor. Durch den gestörten Schlafrhythmus litt ich an einer Art Jetlag, ohne daß ich den Atlantik überquert hätte. Trotzdem befahl ich dem Haussystem, es solle mich um drei Uhr nachmittags wecken, denn ich hatte mir viel vorgenommen und nur wenig Zeit.
    Ich schlief wie ein Stein, als das Allegro von Vivaldis Konzert für Mandoline durch das Haus schallte. Der Zentralrechner wählte jeden Tag aus meinen Lieblingsstücken ein anderes aus, passend zu Jahreszeit, Wetter und der Uhrzeit, zu der ich geweckt werden wollte. Das ganze Haus war darauf abgestimmt, meine Bedürfnisse zu erfüllen, und mit den Jahren hatte sich zwischen mir und der künstlichen Intelligenz hinter diesem System eine ganz eigene Symbiose herausgebildet. Das System lernte selbständig und entwickelte sich weiter. Mittlerweile versorgte es mich wie ein telepathisch begabter Butler, dem es allein darum ging, mir zu dienen und mich zu bemuttern.
    Die Vorhänge vor den ausladenden Glastüren zum Garten schoben sich sacht zur Seite und ließen ein sanftes, blaugrünes Licht ins Zimmer, und auf dem Bildschirm, der die gesamte Wand mir gegenüber einnahm, erschien Van Goghs Kirche von Auvers. Es war noch längst nicht Abend, und ich war hundemüde, deshalb kniff ich die Augen zu, zog mir das Kopfkissen übers Gesicht und brummelte »Noch fünf Minuten!«, was zum sofortigen Abbruch aller Special Effects führte.
    Dummerweise war Magdalena, meine Haushaltshilfe, gegen Spracherkennung immun und kam mit dem Frühstückstablett in der Hand herein. »Willst du wirklich weiterschlafen?« fragte sie ungläubig, während sie geräuschvoll über das Parkett eilte, Stühle verschob, Schranktüren öffnete und zuwarf und die Musik über einen Regler am Nachttisch wieder einschaltete. Daß sie mir nicht buchstäblich auf der Nasenspitze herumtanzte, lag nur daran, daß sie sich mit ihren über fünfzig Jahren dafür zu alt fühlte. »Du hast bestimmt keinen Appetit auf das Mittagessen, das ich gekocht habe, deshalb gibt es Frühstück wie immer: Orangensaft, Tee mit Milch und Toast.«
    »Danke«, nuschelte ich unter dem Kopfkissen.
    »Wie ging es deinem Bruder letzte Nacht?«
    Ich konnte mir nicht erklären, was zum Teufel sie tat, aber das Knarren, Poltern und Lärmen hörte nicht auf.
    »Unverändert.«
    »Das tut mir leid«, sagte sie mitfühlend. Magdalena hatte schon für mich gearbeitet, als Daniel noch bei mir wohnte.
    »Heute müßten die Medikamente langsam wirken.« Ich wühlte mich aus den Kissen.
    Ratsch! Durch die sperrangelweit aufgerissenen Verandatüren fegte ein kühler Luftzug wie ein Hurrikan ins Zimmer. Wofür um alles in der Welt hatte ich ein System, das die Temperatur und Frischluftzufuhr im gesamten Haus regelte? Wenn es nach Magdalena ging, für nichts und wieder nichts. Bloß gut, daß schönes Wetter war und es bald Sommer sein würde. Trotzdem mußte ich unwillkürlich niesen und war endgültig wach, als ich in der Nachttischschublade nach einem Taschentuch kramen mußte. Eine technikbegeisterte Großstadtpflanze zu sein hat eben auch seine Nachteile. Einer davon ist der Verlust der Fähigkeit, mit freiem Oberkörper den Unbilden der Witterung zu trotzen, wie ich, nur mit der kurzen Hose meines Pyjamas bekleidet, feststellen durfte.
    Ich frühstückte rasch, sah dabei die von Nuria allmorgendlich ausgewählten Pressemeldungen auf dem Bildschirm in meinem

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