Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
hinab, schritt man durch ein großes Felsentor und erblickte rechts im Hintergrund die Silhouette des Sonnentors mit dem Relief des Zeptergotts und dem vermutlichen Grundriß der Kammer der natürlichen Klänge. Wir beschlossen jedoch übereinstimmend, uns der Kammer erst zu widmen, nachdem wir die restlichen Ruinen studiert hätten, um uns auf bekanntem Terrain zu bewegen. Am Fuße des Treppchens also fand man mitten im Hof des Kalasasaya-Tempels eine seltsame menschenförmige Skulptur, die Ponce-Monolith genannt wurde. Sie war etwa zwei Meter hoch und stellte ein merkwürdiges Wesen mit Quadrataugen dar. Einige der Archäologen behaupteten kategorisch, es handele sich um das Standbild eines Monarchen oder Priesters, aber sicher wissen konnte man das nicht. Außerdem befanden sich im Hof weitere kuriose Statuen von Menschen einer unbekannten Ethnie mit großen Schnurrbärten sowie Kinnbärtchen, wie ich selbst eines trug.
    »Bedeutet Kalasasaya nun >der Reisende< oder nicht?« Jabba wurde langsam ungeduldig.
    »Nein«, antwortete Proxi. »Hab gerade gelesen, daß es >die rechten Pfeiler< bedeutet.«
    »O Mann!«
    Auch im Templete, dem halb unterirdischen Tempel im Osten des Kalasasaya-Tempels, befanden sich Stelen bärtiger Männer.
    »Es fällt mir auf«, bemerkte Jabba, »daß es hier ein bißchen viele Bärtige gibt, wo doch die indianischen Ureinwohner Amerikas gar keinen Bartwuchs haben, richtig?«
    »Richtig«, gab ich zurück.
    »Wenn man sich Tiahuanaco anschaut, kann man das kaum glauben!«
    Direkt links des Kalasasaya-Tempels erhob sich ein weiteres kleines Bauwerk, das etwa so groß war wie der Templete, nämlich Putuni, >Der angemessene Ort<. Von dem quadratischen Palast waren nur ein paar Quadersteine der Fassade sowie das Eingangsportal übrig, welches früher durch einen großen Stein verschlossen wurde, um den Palast uneinnehmbar zu machen. Die spanischen Eroberer erwarteten angesichts dieser Vorrichtung, daß sich dahinter große Schätze verbergen mußten. Sie zerstörten viel und fanden nichts anderes als eine Ansammlung leerer Steinkästen von einem Meter dreißig Breite, einem Meter vierzig Länge und einem Meter Höhe. Trotz ihrer nahezu quadratischen Form und ihrer Größe wurden diese Kästen von den Spaniern für Särge gehalten, so daß Putuni seitdem als >Palast der Sarkophage< bekannt ist, ohne daß es Beweise für oder gegen eine solche Annahme gäbe. Es wurde einfach vorausgesetzt, daß sich in jedem dieser Kästen eine Mumie mit allen notwendigen Utensilien für ihre Reise ins Jenseits befunden hatte. Denn für die Aymara war der Tod eine Art Reise mit Rückfahrkarte ins Leben - sie glaubten an so was Ähnliches wie die Wiedergeburt. Für sie war ein Toter nur ein Sarin, ein Reisender.
    »Wir haben es!« brüllte ich.
    »Spinn nicht rum, Arnau!« schnaubte Proxi. »Wir haben überhaupt noch nichts. Putuni ist keine Pyramide, okay?«
    »Und was ist mit dem Reisenden?«
    »Jabba, bitte sag ihm, er soll den Mund halten!«
    »Sei still, Root.«
    Die Akapana-Pyramide, der Templete, der Kalasasaya-Tempel und der Putuni-Palast bildeten den kompakten Kern im Zentrum des Ausgrabungsgebiets von Tiahuanaco. Verstreut um diesen gab es allerdings viele mehr oder weniger gut erhaltene Gebäude, von denen die meisten in den Texten über die Anlage nicht einmal erwähnt wurden. Entsprechend waren sie auch nicht auf den Karten eingezeichnet. Vier dieser Bauwerke wurden jedoch hier und da namentlich genannt, nämlich Kantatallita, Quirikala, Puma Punku und Lakaqullu. Entmutigt befürchteten wir schon, bald ein großes Problem zu haben, sollte keines davon der Beschreibung entsprechen, die Daniel im Delirium von sich gab. Selbst in Tiahuanaco Hand anzulegen und Ausgrabungen vorzunehmen lag jedenfalls außerhalb unserer legalen wie ökonomischen und zeitlichen Möglichkeiten.
    Von Kantatallita oder dem >Licht der Morgenröte< waren nur ein paar über das Gelände verstreute Fragmente übriggeblieben, darunter eine eigenartige Tür, die oben in einem Bogen auslief. Wir entnahmen den verschiedenen Websites, daß die vier Wände des Kantatallita nach den vier Himmelsrichtungen ausgerichtet worden waren. In dem Innenhof vermuteten einige die Werkstatt der Architekten Tiahuanacos, da dort Modelle einiger Paläste, Ornamentelemente und Bauteile gefunden worden waren. Andere hielten das Bauwerk für einen Tempel zu Ehren der Venus, neben Sonne und Mond einer der hellsten Himmelskörper und auch als Morgenstern

Weitere Kostenlose Bücher