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Der Vermesser (German Edition)

Der Vermesser (German Edition)

Titel: Der Vermesser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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nach ihr. Backstein. Fester Backstein. Das Ende des Tunnels. Er saß in der Falle. Verzweifelt machte er kehrt und kämpfte sich den Weg zurück, den er gekommen war. Seine Beine waren wie Bleigewichte, erschöpft von der Mühsal, ihn durchs Wasser zu schieben. Das Tunnellabyrinth verzweigte sich, beschrieb Kurven, fiel nach unten ab, und William taumelte verzweifelt umher, getrieben nur noch von dem Instinkt, endlich Licht zu sehen. Aber es kam kein Licht, kein Ausgang. Die Tunnel verengten sich, überall um ihn bröckelten die Wände, ihr Verlauf war trügerisch. William verlor den Halt; vom stinkenden Strom mitgerissen, rappelte er sich mühsam wieder hoch und stapfte vorwärts. Das Messer in seiner Tasche schnitt ihm ins Bein. Er schrammte sich die Knöchel auf, die Stirn, stieß sich an Schultern und Knien. Wie aus weiter Ferne hörte er den Widerhall seiner eigenen Stimme, fremd und aufgeregt, üble Verwünschungen und zärtliche Worte ausstoßend. Er betete, schrie in die Dunkelheit hinein, flehte zu Gott, ihm den Glauben wiederzugeben, und verwünschte ihn zugleich, weil er ihn verlassen hatte. Und immer noch narrten ihn die Tunnel, zogen ihn tiefer und tiefer ins Erdinnere, bis das ganze erstickende Gewicht der Metropole auf ihm lasten und ihn bei lebendigem Leib begraben würde. Und immer noch stieg die Flut. Die Dunkelheit war erfüllt von dumpfen Schlägen und deren Widerhall. Die Mächte der Hölle, ausgeschickt, um ihn in Empfang zu nehmen. Sie waren ihm dicht auf den Fersen. Er konnte nicht mehr. Seine Kräfte waren erschöpft.
    Die Flut reichte ihm fast bis zur Hüfte. William taumelte weiter, die Hände wild fuchtelnde Paddel im schmutzigen Strom. Er kam kaum mehr von der Stelle. Die Kälte war ihm ins Innerste seines Körpers gedrungen. Er zitterte am ganzen Leib. Mit jedem Schritt verschwamm der Tunnel zu einem Schützengraben und der Schützengraben zu einem Tunnel. Er war müde. So müde. Wenn er nur bis zur nächsten Wache durchhalten könnte, bis zum Gitter, bis die Ablösung eintraf. Er war so müde. Nur noch mit äußerster Anstrengung konnte er die Beine bewegen. Doch was war da vor ihm? – er riss die Augen auf. Die Dunkelheit wich. An den Rändern der Nacht zeigten sich die ersten blassen Filamente des Tages. Zurück im Lager, gäbe es frischen, grünen Kaffee, wenn er noch die Kraft fand, ihn zu rösten. Wenn genügend Holz für ein Feuer vorhanden war. Wenn er es nur schaffte weiterzugehen. Er musste einfach weitergehen. Ein Soldat darf niemals seinen Posten verlassen. Da stieß sein Fuß gegen einen Stein, so dass er stolperte und bäuchlings in einen Haufen Sandsäcke fiel, wie es schien. Er hatte keine Kraft mehr, wieder aufzustehen. Aber das Licht war heller. Die Sonne – oder war es der Mond? – stand über ihm, rund, weiß und blendend. Der Anblick tat ihm in den Augen weh. Und neben diesem Licht, so hell, als sei er selbst aus Licht gemacht, die Gestalt eines Mannes. Eines aus Licht geschaffenen Mannes. Der allmächtige Gott, Schöpfer des Himmels und der Erde. Vergib uns unsere Schuld. Neben ihm ein kleiner, weißer Hund. Mit einem purpurroten Maul und Zähnen, scharf wie Messer. William spürte, wie ihn das Entsetzen packte. Das Licht war ein Trick, ein Leuchtfeuer, das ihn in die Flammen der ewigen Verdammnis locken sollte. Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
    Und dann blickte er in das Gesicht des Mannes.
    »Mr. Rawlinson?«
    Robert Rawlinson schien den schmutzigen Strom um ihn herum überhaupt nicht wahrzunehmen. Sein Hut glänzte, sein gestärkter Kragen war steif und makellos weiß. Auch der Hund war weiß, weiß wie frischer Schnee von der Krim.
    »Mr. May«, fragte Rawlinson ernst. »Möchten Sie denn sterben?«
    William sah ihn an, geblendet vom Licht. Vor Erleichterung hätte er am liebsten geweint. »Ist … ist das die Morgendämmerung?«
    Rawlinson betrachtete ihn nachdenklich. Schließlich packte er William unter den Achseln und hievte ihn auf die Beine. Er war stark. Er sprach zu William, obgleich sich die Worte im Rauschen des Wassers verloren. Dann legte er sich Williams Arm um den Nacken und trug ihn halb durch den wogenden Strom des voll gelaufenen Schützengrabens. William ließ den Kopf auf Rawlinsons Schulter sinken.
    »Wir müssen sie begraben«, flüsterte William. »Die Leichen. Wir müssen zurück und sie begraben.«
    »Still jetzt«, sagte Rawlinson sanft. William schwieg, die Hand um den beruhigenden Knauf des Messers in seiner

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