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Der Vermesser

Der Vermesser

Titel: Der Vermesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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herausfordernd, und rote Flecken traten auf seine
    blassen Wangen.
    Hawkes Lächeln wurde breiter. »Ein klarer Fall, sagt man nicht
    so?«
    »Wenn es denn tatsächlich ein klarer Fall ist«, gab Rose zurück.
    Er funkelte Hawke böse an, bemüht, die Nerven zu behalten.

    369
    Hawke lächelte immer noch, aber er kniff die Augen zusam-
    men. »Ach ja?«
    »Wenn schwarz auf weiß das Gegenteil bewiesen werden kann,
    wenn Beweise vorliegen, die einen anderen beschuldigen, dann
    nennt man es anders«, fuhr Rose fort und presste sich die Akten-
    tasche wie ein
    en Schild an die Brust. »Dann nennt man es berech-
    tigte Zweifel.«
    »Tatsächlich?«
    »O ja. Insbesondere wenn es einen Brief gibt, den der Tote
    eigenhändig geschrieben hat und d
    er mit seinem Blut befleckt
    ist.«
    »Wie makaber. Könnte ich dieses faszinierende Schriftstück
    einmal sehen?«
    »Ich habe es nicht bei mir. Aber an Ihrer Stelle würde ich keine
    voreilige S
    n chlüsse ziehen, Mr. Haw e.«
    k

    »Sie haben diesen Brief gar nicht, Mr. Rose, hab ich Recht?«
    »Noch nicht, aber bald. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen
    wollen, ich muss einen Zeugen befragen. Eine fesselnde Person,
    wirklich. Eine Quelle faszinierender Informationen. Scheint die
    Abwasserkanäle wie seine Westentasche zu kennen.«
    Im Vorgefühl des Triumphs klopfte ihm das Herz bis zum
    Hals, während er auf die Tür zuging. Auf der Schwelle blieb er
    stehen und drehte sich um. »Ich nehme an, der Name Langarmi-
    ger Tom sa
    n
    gt Ihnen ichts, Mr. Hawke?«
    »Absolut nichts.«
    Hawkes Antwort kam leichthin, wie aus der Pistole geschos-
    sen. Aber seine Augen zuckten, als hätte man ihn geschlagen.
    Rose ballte siegessicher die Fäuste, während er die Treppe hinun-
    terstürmte. Erst als er draußen stand und die morgendliche
    Eiseskälte ihm das heiße Gesicht kühlte, fragte er sich, was in al-
    ler Welt er da getan hatte.

    370

XXXII

    B rassey hatte Binks, dem Wirt des Steakhauses, von Gerüchten
    erzählt, der Captain wolle am Samstagabend Lady zum Kampf
    antreten lassen, und der hatte wiederum Tom Bescheid gege-
    ben. Brassey habe getobt wie ein Herbststurm, sagte Binks zu
    Tom; mit hervorquellenden Augen habe er gezischt, er werde
    nicht zulassen, dass der betrügerische Schurke auch nur einen
    Fuß über seine Türschwelle setze. Binks zufolge hatte sich der
    Captain seit Monaten nicht mehr im Badger blicken lassen. Er
    hatte dort noch alle möglichen Rechnungen offen, unter an-
    derem nicht beglichene Wetten. Wenn sich der Captain ein-
    bilde, er könne so tun, als wäre nichts gewesen, so täusche er
    sich gewaltig, habe Brassey gepoltert. Aber dann habe er ein-
    geräumt, die Chance, sein Geld wiederzubekommen, stünde
    besser, wenn er dem Halunken nicht den Zutritt verweigere.
    Prinzipien hin oder her, manchmal müsse man eben ein Stück
    weit nachgeben, damit man bekam, was einem zustand. Das-
    selbe gelte für Tom. Brassey gab zwar nicht direkt zu, einen
    Fehler begangen zu haben, sagte aber, er habe damals Dinge ge-
    tan, die er aus heutiger Sicht anders machen würde. Tom solle
    das wissen. Und wenn Tom ins Badger kommen wolle, damit
    ihm wegen des Hundes Gerechtigkeit widerfahre, würde Bras-
    sey ihm keine Steine in den Weg legen. Er sei nicht nachtra-
    gend. Vielleicht sei er sogar bereit, wieder Ratten von ihm zu
    nehmen, fügte er beiläufig hinzu und zuckte die rundlichen
    Schultern. Geschäft war schließlich Geschäft, wenn nur der
    Preis stimmte.

    371
    Tom verzog den Mund zu einem müden Lächeln. Das also
    steckte dahinter. Tom hatte gehört, dass die Rattenfänger, die
    jetzt das Badger belieferten, die Käfige erst in letzter Sekunde
    brachten und den Preis hochtrieben, wenn es für Brassey zu spät
    war, sich woanders Ratten zu besorgen. Nicht überraschend
    also, dass der Wirt den Captain als Köder benutzte, um Tom
    wieder in
    e
    sein Schenke zu locken. Heutzutage war ein Penny
    pro Ratte offenbar doch kein so schlechter Preis.
    Trotz seiner Verachtung für Brasseys plump-dreiste Art war
    Tom plötzlich aufgeregt. Der Anwalt hatte zu Joe gesagt, er
    werde um sieben mit Lady im Kaffeehaus in der Narrow Lane
    sein, aber Tom glaubte es nicht so recht. Es erschien ihm unmög-
    lich, dass dieser tollpatschige Grünschnabel die ganze Macht des
    Gesetzes würde aufbieten können, um den Captain zur Räson zu
    bringen. Jungs wie er, dürr wie eine Bohnenstange und mit roten
    Ohren, tauchten von Zeit zu Zeit in den Massenquartieren auf in
    der Hoffnung,

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