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Der Vermesser

Der Vermesser

Titel: Der Vermesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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aufstellen, damit er dort, die Pro-
    ben vor sich ausgebreitet, arbeiten konnte. Ohne fließendes Was-
    ser war keine Dränage möglich, so viel stand fest. Aber ebenso
    wenig – zumindest nach Bazalgettes Ansicht – konnte man ohne
    Backsteine und Mörtel Hauptkanäle für eine Stadt mit fast drei
    Millionen Einwohnern bauen. Für das Abwasser der einzelnen
    Straßenzüge ließen sich Rohre aus lasiertem Ton verwenden,
    aber diese Abwässer mündeten zwangsläufig in einen Haupt-
    strang mit einem Fassungsvermögen von mehreren Millio-
    nen Litern Wasser täglich. Um sicherzustellen, dass eine solche
    Durchflussmenge bewältigt werden konnte, entwarf Bazalgette
    bereits in seinen allerersten Plänen Hauptkanäle, die dreieinhalb
    Meter breit und bis zu vier Meter hoch waren. Nirgendwo auf
    der Welt konnte eine Rohrleitung in solchen Dimensionen ge-
    baut werden. Stein war teuer und unzweckmäßig. Lediglich
    Backstein und Mörtel verfügten über die erforderliche Festigkeit
    sowie die notwendige bauliche Anpassungsfähigkeit. Doch ge-
    wöhnlicher Mauerziegel und Mörtel waren porös. Sie absorbier-
    ten Wasser und feinste Partikel, die sie rissig und brüchig werden
    ließen; allmählich lösten sie sich auf und bewirkten, dass die Ka-
    näle verstopften. Ihre Instandhaltung wäre kostspielig und würde
    die Leistungsfähigkeit des Kanalnetzes schwer beeinträchtigen.
    Also musste eine andere Lösung gefunden werden. Experimente
    mit Portlandzement hatten alle Erwartungen übertroffen. Bazal-
    gette hatte bewiesen, dass dieses Material nicht nur die Grund-

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    lage für einen Wasser abweisenden Mörtel bildete, sondern dass
    der so hergestellte Mörtel erhärtete, ohne auszutrocknen. Blieb
    nur noch ein Problem. Zu Frühjahrsbeginn 1858, als die noch
    zartgrünen Schneeglöckchen am Soho Square im eisigen Wind
    fröstelten, rief Bazalgette May und zwei Ingenieure in sein Büro
    und übertrug ihnen unter Lovicks bewährter Leitung die Ver-
    antwortung für die Entwicklung eines kostengünstigen, wasser-
    undurchlässigen Backsteins.

    William starrte auf das Abendessen, das vor ihm auf dem Tisch
    stand, und wischte sich die feuchten Handflächen an den Knien
    ab. Obwohl er nur ein Baumwollhemd trug, schwitzte er unter
    den Achseln, und der dünne Stoff klebte ihm am Rücken. Er hatte
    keinen Appetit. Der Fisch glänzte auf dem Teller, schlaff und mit
    offenem Maul, als machte auch ihm die Hitze zu schaffen.
    »Woran denkst du?«
    William blinzelte gedankenverl r
    o en, dann lä h
    c elte er seine
    Frau an.
    »Ich dachte gerade über blaue Staffordshires nach«, sagte er
    entschuldigend.
    »Lass mich raten. Das ist doch nicht etwa eine Backsteinart?«
    »Ich fürchte, doch.«
    Polly kicherte und ließ sich vorsichtig in einen Stuhl aus Bug-
    holz sinken. »Das hätte ich mir denken können«, meinte sie
    kopfschüttelnd. »Deine Staffordshire-Ziegel sind womöglich
    blau wie Saphir und ein wahres Weltwunder, aber ich habe in
    den vergangenen Monaten so viele Backsteine gekauft, dass ich
    mir ein ganzes Haus damit bauen könnte.« Schwer atmend
    lehnte sie sich zurück und fächelte sich Luft zu. »Sieh dir das an!
    Wie oft habe ich dem Mädchen schon gesagt, dass sie die Zim-
    merecken sauber fegen soll. Neun Pence pro Woche, und sie
    wird der Spinnen trotzdem nicht Herr!«

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    Polly machte im Sitzen eine ärgerliche Handbewegung zu dem
    Spinnennetz an der Decke. Haarsträhnen klebten ihr an den ver-
    schwitzten Wangen. In der drückenden Hitze waren ihre Gelenke
    an Händen und Füßen, ja sogar ihre Wangen angeschwollen, und
    wie sie so auf dem harten Stuhl saß, sah sie aus wie eine ausge-
    stopfte Puppe. Seit sechs langen Wochen blickten die Bewohner
    der Stadt jeden Morgen zu dem erbarmungslosen weißen Brenn-
    ofen am Himmel hoch und sehnten sich den Sonnenuntergang
    herbei. Kein Lüftchen regte sich. Durch die geöffneten Fenster
    wehten nur die schweren säuerlichen Ausdünstungen von einer
    Million Körpern aus tausend windstillen Gassen und Höfen he-
    rein und der noch penetrantere Gestank des braunen fauligen
    Flusses. Die Dampfschiffe quälten sich durch die trübe, stinkende
    Brühe, ihre Schaufeln wirbelten die gärenden Untiefen auf und
    schleuderten den stinkenden Schlamm an die Steinfassaden der
    Brücken und Häuser. Die Fußgänger hielten sich Taschentücher
    vor den Mund oder wickelten sich ihre Halsbinde vors Gesicht
    und versuchten, möglichst nicht zu atmen. Jedermann fürchtete
    die

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