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Der Vermesser

Der Vermesser

Titel: Der Vermesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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ermahnen,
    Vernunft an den Tag zu legen?«, fuhr Hawke ihn an. »Haben Sie
    denn eine Vorstellung, was es kostet, aus diesem Strowbridge
    Backsteine nach London befördern zu lassen?«
    »Natürlich, Sir. Hier, ich habe dazu detaillierte Berechnungen
    angestellt.«
    Hawke griff nach dem Stoß Papiere, den William ihm hin-
    hielt. Nachdem er einen flüchtigen Blick auf das erste Blatt ge-
    worfen hatte, schlug er abweisend mit dem Handrücken darauf,
    und seine Miene verfinsterte sich. William biss sich auf die Lip-
    pen, ließ sich aber nicht einschüchtern. Hawkes Ärger war be-
    dauerlich, da er nicht nur sein Vorgesetzter war, sondern beim
    Amt für öffentliche Bauvorhaben über beträchtlichen Einfluss
    verfügte, trotzdem glaubte William, in dieser Sache Recht zu ha-
    ben. Bazalgette persönlich hatte die hohe Backsteinqualität fest-
    gelegt, gegen die sich Hawke so heftig sträubte. Bei allen Versu-
    chen, die durchgeführt worden waren, hatten sich die Backsteine
    aus Strowbridge geradezu als ideal erwiesen. Und im Laufe der
    vergangenen Monate hatte William den Eindruck gewonnen,
    dass Hawkes Wutausbrüche, so häufig und überzeugend sie auch
    sein mochten, vielleicht doch nicht das widerspiegelten, was er
    in Wirklichkeit dachte. Es war Hawkes Aufgabe, gegenüber dem
    Amt für jeden ausgegebenen Penny Rechenschaft abzulegen und

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    dafür zu sorgen, dass möglichst Kosten sparend und wirtschaft-
    lich gearbeitet wurde. Einschüchterung war zweifellos ein nütz-
    liches Mittel bei solchen Verhandlungen. Aber ein Mittel, mit
    dem man nur begrenzt weit kam. Die Vorarbeiten für die ersten
    Ausschachtungen der Kanäle waren bereits abgeschlossen. Des-
    halb mussten noch vor Weihnachten die Verträge mit den Ziege-
    leien unter Dach und Fach sein. Hawke mochte brüllen und to-
    ben, früher oder später würde er einsehen müssen, dass ein
    Vertrag mit der Ziegelei in Strowbridge ebenso unumgänglich
    wie gerechtfertigt
    ,
    war auch wenn er höher zu Buche schlug, als
    es Hawke gefiel.
    »Die Berechnungen sind im Anhang ausführlich nachzule-
    sen«, sagte William gelassen. »Mr. Lovick versicherte mir, dass
    sie so exakt sind, wie man es zu diesem Zeitpunkt erwarten
    kann.«
    Hawke starrte William wütend an und hielt ihm dann den
    Stapel Papiere vor die Nase.
    »Das ist unmöglich! Es gibt hier in London Ziegeleien, die
    verlangen für das gleiche Material nur halb so viel. Oder sogar
    noch weniger. Etwa die Ziegelei Alfred England, um nur eine zu
    nennen. Sie werden diesen Unsinn mit Strowbridge bleiben las-
    sen und eine hiesige Ziegelei beauftragen, und zwar die von Al-
    fred England, verdammt noch mal, oder ich sorge dafür, dass Sie
    sich vor dem Ausschuss verantworten müssen. Habe ich mich
    klar genug ausgedrückt?«
    Er knüllte die Schriftstücke zu einer Kugel und warf sie in den
    Papierkorb. William widerstand dem Drang, sie wieder heraus-
    zufischen.
    Ein Muskel in Hawkes Wange zuckte, als er sich über seinen
    Schreibtisch beugte. »Haben Sie vielleicht die Absicht, Mr. May,
    dieses Projekt zum Scheitern zu bringen? Oder möchten Sie wo-
    möglich aus einem Vertrag mit Strowbridge persönlichen Vor-

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    teil ziehen? Ist es das? Sie sind beteiligt, t
    s immt̕s? Mit wie viel,
    May? Ein paar hundert? Mehr, nicht wahr? Einige tausend?«
    William verschlug es den Atem. Er sah ein, dass Hawke ge-
    zwungen war, ihn bei Entscheidungen dieser Art unter Druck zu
    setzen, um sicherzustellen, dass das Geld des Amtes ordnungsge-
    mäß verwendet wurde, aber eine solch niederträchtige Beschul-
    digung vorzubringen und nicht nur Williams Sachverstand, son-
    dern auch seinen guten Ruf und seine Ehre anzuzweifeln! Die
    Wut kochte in seiner Brust. Aber gleichzeitig war er sicher, dass
    Hawke genau darauf spekulierte – dass er die Beherrschung ver-
    lieren würde. Doch diesen Gefallen würde er ihm nicht tun. Wil-
    liam ballte die Fäuste und holte tief Luft.
    »Gewiss haben Sie davon Kenntnis, Sir«, erwiderte er ruhig,
    »dass der Ausschuss klar und eindeutig verfügt hat, sämtliche
    Verträge ausschließlich nach Maßgabe der Materialqualität ab-
    zuschließen. Und wie wir in der Vergangenheit bereits wieder-
    holt erörtert haben, genügt keine Londoner Ziegelei den von
    Mr. Bazalgette festgelegten Anforderungen.«
    »Wollen Sie sich über mich lustig machen, Sie unverschämter
    Kerl?«, sagte Hawke. »Alfred England soll cht
    ni
    in der Lage sein,
    Backsteine herzustellen?«
    »Die richtigen

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