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Der Vermesser

Der Vermesser

Titel: Der Vermesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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geklärt habe. Es
    könnten sich Fragen ergeben, zu denen ich gern Ihre Meinung
    hören würde.«
    »In Ordnung, Sir.«
    Die Tür schloss sich wieder. William
    eigte
    vern
    sich. »Wenn Sie
    mich entschuldigen möchten, meine Herren ...«
    »Wir sind hier noch nicht fertig.« Es war nun Hawke, der den
    Weg zur Tür verstellte. »Sie scheinen die Misslichkeit Ihrer Lage
    nicht erkannt zu haben, Mr. May«, sagte er mit sanfter, fast
    freundlicher Stimme, aber seine Augen zuckten dabei wie die
    einer Schlange. »Meiner Meinung nach haben wir in unseren
    Verhandlungen einen entscheidenden Punkt erreicht. Eine fal-
    sche Wendung an dieser Weggabelung wäre für Sie fatal, fürchte
    ich.«
    England ließ Wi lliam nicht aus den Augen und trommelte
    leise auf die polierte Schreibtischplatte.
    »Es wäre schiere Torheit, diesen Raum zu verlassen, Mr. May«,
    flüsterte Hawke. »Ich empfehle Ihnen, denken Sie an Ihren Ruf
    und an Ihre Verantwortung gegenüber Ihrer Familie. Es gibt für
    Sie kein Zurück mehr.«
    William sah Hawke unverwandt in die Augen, dann drehte er
    sich zu England u
    m un
    d tippte sich an die Hutkrempe. »Guten
    Tag, meine Herren.«
    Vielleicht war es die Erkenntnis, verloren zu haben, was
    Hawke bewog, dass er wie angewurzelt stehen blieb. Aber wahr-
    scheinlich war es einfach nur Verblüffung. Im Vorzimmer erhob
    sich der Vorarbeiter halb vom Stuhl, den Nacken gereckt wie ein
    ungeduldiger Jagdhund, aber schließlich kam von seinem Herrn
    und Meister keinerlei Anweisung. Er konnte nur zusehen, wie
    William forsch an ihm vorbei hinaus auf den Hof schritt.

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    In den folgenden Tagen wartete William darauf, von der Bau-
    behörde vorgeladen zu werden. Im Bauch spürte er förmlich, wie
    das Unheil unabwendbar heraufzog. Er begegnete Hawke nur
    einmal, bei einer Sitzung des Ausschusses, auf der der Fortgang
    der Ausschachtungsarbeiten unter der Heide von Hampstead be-
    sprochen wurde. Unmittelbar vor Ende der Zusammenkunft
    schob Hawke Lovick bewusst auffällig einen hastig beschrie-
    benen Zettel zu, den Lovick ungelesen in seine Jackentasche
    steckte. Als William kurz danach in dem schattigen Korridor an
    Hawke vorbeiging, schüttelte dieser nur grinsend den Kopf.
    Und so wartete William. Die Tage wurden zu Wochen, und
    noch immer war nichts vom Bauamt zu hören. Lovick und seine
    Ingenieurskollegen behandelten ihn wie stets mit nachsichtigem
    Desinteresse. Bis spät in die Nacht arbeitete er an der Vorberei-
    tung seiner offiziellen Empfehlung an Bazalgette, das Amt möge
    das Angebot der Ziegelei Strowbridge annehmen. Er sammelte
    Proben, berechnete Messungen und entwarf Schnittzeichnun-
    gen. Er besichtigte nach wie vor regelmäßig die Kanäle. Zu
    Hause beschriftete er seine botanischen Zeichnungen und ver-
    vollständigte die Pläne für die Gartengestaltung. Aber er spürte
    keinen Drang, sich zu schneiden. Eine Ruhe hatte sich seiner be-
    mächtigt, eine Ruhe, die ihn sowohl erleichterte als auch ver-
    blüffte. Er wurde dünn und blass, aber er verzweifelte nicht. Er
    sah zu, wie Polly immer runder und in ihren Bewegungen lang-
    samer wurde und sich streitbar wie eh und je über die Faulheit
    des Mädchens beklagte, das ihr im Haus half. Sein Herz machte
    einen Sprung, als er bemerkte, wie füllig das Haar seines Sohnes
    geworden war und dass seine Handgelenke, vom Säuglingsspeck
    befreit, aus den Ärmeln seines Jäckchens herausragten, und er
    empfand tiefe Scham und stilles Bedauern. Aber die schreckliche
    Schwärze kam nicht. Zuerst traute er ihrem Fernbleiben nicht, er
    suchte nach ihr, wie die Zunge nach dem Schmerz tastet, der von

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    einem faulen Zahn ausgeht. Auch früher war es schon vorge-
    kommen, dass die Zeit wie im Flug verrann und die Schwärze
    tage–, manchmal sogar wochenlang fernblieb. Schließlich war
    sie dann doch gekommen, dunkler und abartiger, je länger sie
    ausgeblieben war. Aber noch immer ließ sie auf sich warten.
    William wagte es kaum zu glauben – vielleicht würde er ausge-
    rechnet in dem Moment, da Hawke seinen Hinterhalt legte, end-
    gültig frei sein.

    152

X

    N ur ein Narr hätte etwas auf das Wort eines Mannes wie des
    Captain gegeben, und Tom war kein Narr. Deshalb nahm er,
    wann immer es der Wasserstand erlaubte, Lady mit hinunter in
    die Tunnel. Und wenn abends im Badger ein Rattenkampf statt-
    fand, ging er hin, um im Auge zu behalten, wie es um seine Ver-
    einbarung stand. Er sprach nicht mit dem Captain, anfangs je-
    denfalls nicht, aber

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