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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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mich mit ein paar vegetarischen Sandwiches und einem Fruchtshake. Anschließend gönnte ich mir noch einen großen Kaffee. Es tat gut, und ich genoss den gesunden Imbiss – normalerweise beziehe ich meine Verpflegung im Einsatz gezwungenermaßen bei McDonald’s und, mit etwas Glück, bei ein paar anderen Schnellimbissketten und verspeise sie meist kalt und pappig. Ich genoss die Mahlzeit, weil ich wusste, dass es eine Weile dauern konnte, bis ich wieder etwas zu essen bekam.
    Um halb drei ging ich zu einer Telefonzelle und versuchte erneut, Crawley in seinem Büro zu erreichen. Die Nummer sah aus, als gehörte sie zum Außenministerium, aber ich wusste, dass es in Wahrheit ein CIA-Anschluss war. Er meldete sich beim ersten Klingeln.
    »Crawley«, hörte ich ihn sagen.
    »Hallo, spreche ich mit der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit?«, fragte ich mit leicht unsicherer Stimme. Das klang überzeugend bürokratisch, und ich war sicher, dass es sowohl bei der CIA als auch überall sonst etwas Entsprechendes gab.
    »Falsche Durchwahl«, sagte er und legte auf.
    Ich lächelte kopfschüttelnd. Manche Menschen sind aber auch unhöflich.
    Ich stieg wieder ins Auto und fuhr in eine von Einfamilienhäusern gesäumte Straße ganz in der Nähe. Ich stellte den Wagen hinter einer Reihe anderer parkender Autos ab und nahm mir einen Moment Zeit, um die Überschuhe anzuziehen und meine übrigen Einkäufe in die Aktentasche zu packen. Ich zog das Kim’s- T-Shirt an mit der Windjacke darüber, aber so, dass das Restaurantlogo gut zu sehen war. Die Windjacke, die ich absichtlich zwei Nummern zu groß gekauft hatte, würde mich vergleichsweise klein wirken lassen, etwas unbeholfen, unscheinbar. Ich setzte die Perücke auf, die Brille und die Kim’s-Mütze. Ich warf einen prüfenden Blick in den Innenspiegel und war mit dem ungewohnten Anblick, der sich mir bot, zufrieden.
    Ich fuhr zurück in Richtung von Crawleys Apartmenthaus, parkte auf einer Einkaufsstraße, die ich gut durch das Wäldchen hindurch erreichen könnte, falls irgendwas schief lief und ich eiliger als erwartet verschwinden musste. Ich löschte den Speicher des Navigationssystems und stellte den Motor aus. Dann schloss ich die Augen und verbrachte einige Minuten damit, mir die nächsten Schritte vorzustellen, in meine Rolle zu schlüpfen. Als ich bereit war, stieg ich aus, nahm das Lunchpaket von Kim’s und ging zu Crawleys Apartmenthaus.
    Ich nahm den Weg durch den Carport, schob mit zwei Fingerknöcheln die erste Glastür auf und betrat einen Vorraum mit einer weiteren Doppelglastür am anderen Ende. Als ich die Hand ausstreckte, um die Tür zu öffnen, ertönte ein Summer. Ich blickte durch die Scheibe und sah eine junge Frau mit schulterlangem braunen Haar und Sommersprossen, wahrscheinlich eine Collegestudentin, die sich als Teilzeitportier ein paar Dollar verdiente, weil sie bei diesem Job nebenbei die Nase in die Bücher stecken konnte. Teilzeit wäre gut. Dann würde sie die Bewohner, die Lieferanten, die ganzen Abläufe im Haus nicht so gut kennen wie ein Vollzeitportier, und sie würde kein so großes Hindernis darstellen.
    Ich öffnete die Tür und gelangte in eine Lobby, die in einer Art Neokolonialstil gehalten war: viele nachgemachte Stilmöbel, Holzvertäfelung und schimmernde Messinglampen. Die junge Frau saß hinter einer imposanten Empfangstheke, die, so meine Vermutung, auf der Innenseite mit elektronischen Zugangskontrollen und Monitoren mit Bildern von den Überwachungskameras ausgestattet war.
    »Eine Lieferung?«, fragte sie mit einem freundlichen Lächeln.
    Ich nickte. Für die nun eventuell kommenden Fragen und Abläufe hatte ich etliche unterschiedliche Erklärungen parat: Welches Apartment? Komisch, die haben mir gar nicht Bescheid gesagt. Momentchen, ich ruf mal eben oben an. Hmm, da meldet sich keiner. Sind Sie sicher, dass Sie die richtige Nummer haben …
    Doch stattdessen fragte sie: »Sind Sie neu?«
    Ich nickte erneut, aber die Frage gefiel mir nicht, und ich wusste nicht recht, was ich davon halten sollte.
    Sie blickte durch die Glastüren hinaus zum Carport. »Lieferanten können nämlich in dem Carport parken. Manchmal kriegt man hier in der Nähe kaum einen Parkplatz.«
    »Ach so. Danke«, sagte ich mit einem unbestimmten, aber deutlich asiatischen Akzent.
    Sie betrachtete das Logo auf meinem Hemd und sagte dann etwas in einer Sprache, die ich nicht verstand, aber als Koreanisch erkannte.
    Ach du Scheiße, dachte ich. Das kann

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