Der Verrat
gegenüber seinem Herrn als auch gegenüber seiner Familie nachzukommen.« Ohne Hirata anzublicken, richtete er die nächsten Worte an ihn: »Okubo- san ist im Auftrag seines Amtskollegen gekommen, des ehrenwerten yoriki Sagara.«
»Mein Kollege hat eine ledige Tochter«, sagte Okubo.
Ein eisiger Schreck durchfuhr Hirata, als ihm klar wurde, dass Okubo als Mittelsmann gekommen war, um ein Heiratsangebot für die Tochter yoriki Saragas zu überbringen. Und daran, dass seine Eltern dieses Angebot mit so offensichtlicher Freude begrüßten, erkannte Hirata umso deutlicher, dass sie seinen Wunsch, Midori zu heiraten, endgültig ablehnten.
»Eine Ehe zwischen meinem Sohn und der Tochter des ehrenwerten yoriki Sagara wäre für beide Familien überaus angemessen«, sagte Hiratas Vater. »Allein schon, dass beide aus Familien von Polizeioffizieren stammen, wäre eine gute Grundlage für ein harmonisches Eheleben.«
»Ja, es würde beiden Seiten zum Vorteil gereichen«, meinte Okubo. »Um ganz offen zu sprechen – der Sagara-Klan schätzt das Ansehen Eures Sohnes und seinen Rang im bakufu . Die Sagara wiederum besitzen ein beträchtliches Vermögen.«
Hirata öffnete den Mund, um zu protestieren, doch sein Vater kam ihm zuvor: »Was ist mit dem Mädchen? Ist sie gehorsam und von freundlicher Wesensart?«
»Sehr«, antwortete Okubo. »Sie ist bescheiden, gehorsam und pflichtbewusst.« Er wandte sich Hirata zu. »Außerdem ist sie sechzehn Jahre alt und sehr hübsch.«
Doch Hirata war es egal, wie hübsch und brav das Sagara-Mädchen war. »Vater, ich …«, setzte er an.
Ein drohender Blick seines alten Herrn und eine hastige Geste seiner Mutter, still zu sein, kamen Hiratas Einwänden zuvor. Voller Unruhe lauschte er dem Fortgang des Gesprächs.
»Der nächste Schritt ist der miai , nehme ich an?«, fragte sein Vater die Besucher.
»Ja, und ich werde mich darum kümmern«, erwiderte Okubo und erhob sich. »Die Sagara möchten Eure Familie gern kennen lernen.«
Nachdem man sich höflich voneinander verabschiedet hatte, sagte Hiratas Vater zu seiner Frau: »Mein Bein schmerzt vom langen Knien. Ich muss mein Heilbad nehmen.«
Hirata half seiner Mutter, eine Schüssel mit heißem Wasser zu füllen, in das sie anschließend Kräuter gaben. Dann ließ sein Vater sich auf weichen Kissen nieder und tauchte sein dünnes, verletztes Bein ins Wasser.
»Vater«, sagte Hirata, »ich will nicht zu diesem miai .«
»Du musst, weil wir uns schon dazu verpflichtet haben«, sagte der alte Mann so beiläufig, als würde die Sache nur ihn und seine Frau etwas angehen und als gäbe es für Hirata keinen triftigen Grund, Einwände gegen den miai vorzubringen. »Würden wir jetzt alles wieder rückgängig machen, wäre das eine schlimme Beleidigung yoriki Okubos und des Sagara-Klans.«
»Trotzdem gehe ich nicht«, sagte Hirata trotzig und verschränkte in einer Geste der Entschlossenheit die Arme vor der Brust. Doch obwohl er über die hundert Ermittler und Soldaten befahl, die zu Sanos Sondereinheit gehörten, zitterte seine Stimme angesichts der väterlichen Autorität, und er hasste sich dafür, sich dem eigenen Vater zu widersetzen. »Es ärgert mich, dass du hinter meinem Rücken Heiratsverhandlungen aufgenommen hast.«
In den Augen des alten Mannes glühte ein Funke des Zorns auf. »Ich habe das Recht, in deinem Namen Absprachen zu treffen, und es ist deine Pflicht, mir zu gehorchen«, sagte er. »Du wirst unser Versprechen einhalten und zu dem miai gehen. Wenn das Sagara-Mädchen dir nicht gefällt, können wir unser Angebot immer noch auf höfliche Weise zurückziehen. Es gibt noch viele andere wohlhabende Familien, die ihre Tochter gern mit dir verheiraten wollen.«
»Ich will aber Midori zur Frau, Vater! Deshalb bitte ich dich, zwing mir keine Ehe mit einer anderen auf!« Verzweifelt ließ Hirata sich auf die Knie fallen. »Bitte denk noch einmal über den Niu-Klan nach. Lass mich die einzige Frau heiraten, die ich liebe. Vergib Fürst Niu seine Unbesonnenheit und nimm die Heiratsverhandlungen wieder auf.«
»Wenn du hergekommen bist, um mich umzustimmen, hast du deine Zeit verschwendet.« Sein Vater beugte sein verletztes Bein im Wasser und machte ein finsteres Gesicht. »Ich verbiete dir, Fürst Nius Tochter zu heiraten, und befehle dir, eines der Mädchen zu wählen, die ich als passend für dich erachte.«
»Aber, Vater …«
Der alte Mann gebot Hirata mit einer schroffen Handbewegung zu schweigen. »Es ist
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