Der Verrat
dass ich sie den Medien überlasse.«
»Warum haben Sie sie dann gekauft?«, warf McMahon ein.
»Um sie aus dem Spiel zu nehmen«, beantwortete Irene Kennedy seine Frage.
»So ist es. Bei Wahlen geht es darum, so viele Faktoren wie möglich zu kontrollieren, und ich wollte auf keinen Fall, dass dieses Material irgendwo kursiert und Schaden anrichten kann. Normalerweise würde man annehmen, dass die Fotos dem Lager von Alexander schaden müssten, aber man kann sich nie sicher sein. Das Klügste ist, nichts dem Zufall zu überlassen. Wir waren gut bei Kasse, und so habe ich sie dem Typen abgekauft.«
»Und das war der einzige Grund, warum Sie sie gekauft haben?«, fragte Kennedy skeptisch.
Baker grinste. »Einen kleinen Grund gab es noch.« Er schlug die Beine übereinander, ehe er weitersprach. »Ich wollte Garret und Ross ein bisschen ins Schwitzen bringen.«
»Sie haben sie ihnen geschickt?«, fragte McMahon verblüfft.
»Nur ein paar. Ich ließ sie in Garrets Hotel bringen, als ihr Wahlkampftross in Dallas war.«
»Hat er gewusst, dass sie von Ihnen kommen?«
»Nein.«
»Sind Sie sicher?«
»Er hat es sich vielleicht gedacht, aber ich habe darauf geachtet, dass es keine Spur zu mir gibt. Ich habe allerdings eine kleine Botschaft beigefügt.«
»Was für eine Botschaft?«
»Ich habe ihm nur drei Bilder geschickt. Auf die Rückseiten habe ich ein Wort geschrieben.«
»Welches Wort?«
»Eigentlich vier Worte. Du wirst nie gewinnen.«
»Sie und Garret haben eine gemeinsame Vergangenheit?«, fragte Kennedy.
»Das kann man wohl sagen. Wir haben uns in so mancher großen Schlacht gegenübergestanden.«
»Moment, lassen Sie mich raten«, warf McMahon ein, »einer Ihrer Lieblingssprüche ihm gegenüber war ›Du wirst nie gewinnen‹.«
»Eigentlich war er es, der das gern gesagt hat.«
»Und jetzt wollten Sie es ihm auch einmal unter die Nase reiben.«
Baker nickte. »Und wenn ich es nicht getan hätte, dann könnte ich jetzt die Amtsübernahme meines Kandidaten vorbereiten. Und die beiden da …« – er zeigte auf die Fotos auf dem Tisch – »wären noch am Leben.«
»Wie meinen Sie das – die beiden …?«
»Jillian und der Mann, mit dem sie das Rendezvous hatte.«
McMahon nahm eines der Bilder und zeigte auf den Mann unter Jillian Rautbort. »Dieser Mann ist tot?«
»Dieser Mann ist Special Agent Matt Cash vom United States Secret Service.«
2
McMahon hielt es nicht länger auf seinem Platz; er sprang auf und begann im Büro auf und ab zu gehen. Er hatte schon mit derartigen Dingen zu tun gehabt, wenn auch nicht mit einem Fall von solcher Brisanz. Ihm war sofort klar, dass das Ganze der reinste Albtraum war. Bei der Polizeiarbeit ging es in erster Linie darum, die Ordnung innerhalb der Gesellschaft aufrechtzuerhalten. Es gab Regeln, auf deren Einhaltung geachtet werden musste. Die Leute, die mit dieser Aufgabe betraut waren, gingen stets überaus methodisch an ihre Arbeit heran – vor allem, wenn es um die Aufklärung eines Verbrechens ging. Das Problem bei einem so spektakulären Verbrechen wie diesem war, dass einem die Staatsanwälte bei jedem Schritt, den man unternahm, über die Schulter spähten und die Ermittlungen verfolgten.
Dieser Riesenhaufen Mist, den ihm der republikanische Polithai da in den Schoß gelegt hatte, zwang ihn nun, alle Vermutungen und Hinweise zu überdenken, mit denen er und Hunderte andere Agenten sich in den vergangenen Monaten beschäftigt hatten. Am liebsten hätte er die Sache als bedeutungslosen Quatsch abgetan und dem Kerl gesagt, dass er mit seinen Fotos und seiner Geheimhaltungsvereinbarung zum Teufel gehen solle. Aber so ungern er es sich auch eingestand – sein Gefühl sagte ihm, dass an der Sache etwas dran war.
McMahon wünschte sich, dass Kennedy das Eis brechen und etwas sagen möge, aber das würde sie natürlich nicht tun. Das war einfach nicht ihr Stil. Dafür war sie zu clever. Und möglicherweise wusste sie schon seit Wochen von der Sache. McMahon gefiel das Ganze überhaupt nicht. Er blieb schließlich stehen und blickte auf Irene hinunter.
»Wie lange weißt du schon davon?«
Sie sah auf ihre Uhr. »Ungefähr sechs Minuten.«
McMahon studierte ihr ruhiges Gesicht und bemühte sich, seinen Ärger im Zaum zu halten. Er verehrte sie und vertraute ihr, aber letzten Endes war sie trotzdem eine Spionin. Jemand, der von Berufs wegen andere täuschte und belog. So gern er ihr auch glauben wollte, er konnte sich bei ihr nie ganz sicher sein.
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