Der Verrat
durch Osteuropa kutschierte. Viele dieser Terroristen waren hochrangige Al-Kaida-Kämpfer. Sie wurden an geheime Orte und in unangenehme Situationen gebracht, damit sie gewisse Dinge ausplauderten, was sie schließlich auch taten. Die Informationen, die sie lieferten, ermöglichten es, die Zerstörung der operationalen und finanziellen Infrastruktur der Al Kaida in Angriff zu nehmen. Dass die Medien davon erfuhren, durchkreuzte eine der wichtigsten Operationen der CIA im Kampf gegen den Terrorismus. Und so sah sich Rapp wieder einmal gezwungen, den Verantwortlichen seines Landes einen Schritt voraus zu sein.
Die Strategie mit den Flugzeugen unterschied sich nicht so sehr von der, die Rapp bei seinen Handys anwandte. Der internationale Flugmarkt war ein komplexes Geflecht von Verkäufern, Händlern, Vermietern und Mietern. Die Fluggesellschaften erneuerten ständig ihre Flotten und ersetzten ältere Modelle durch neue, die weniger Treibstoff verbrauchten. Dadurch kam es zu einem Überschuss an nicht benutzten Flugzeugen. Solche Maschinen wurden oft vermietet und weitervermietet, bis sie irgendwann an Altersschwäche eingingen oder in irgendeinem vom Krieg zerrissenen Land in Afrika abstürzten. Die große Lockheed TriStar war noch gut in Schuss. Sie war über eine Firma in Seattle für einen Monat gemietet worden. Das Unternehmen hatte sich darauf spezialisiert, Flugzeuge für kurze Zeiträume zu vermieten. Das Geschäftsprinzip war recht einfach. So wie Stromerzeuger überschüssigen Strom an andere Anbieter verkauften, vermieteten diese Leute Flugzeuge, die in ruhigeren Zeiten des Jahres nicht im Einsatz waren. Die Leute dort hatten keine Ahnung, dass ihr Kunde die CIA war. Das Geschäft wurde über eine Anwaltskanzlei in Frankfurt abgewickelt. Die Piloten waren zwei ehemalige Colonels der US Air Force, die gern Geld verdienten und die vor allem schweigen konnten.
Rapp stand auf dem Rollfeld bei einem alten grauen Hangar der Royal Air Force. Die große TriStar stand drinnen. Am östlichen Himmel zeigten sich erste Anzeichen des beginnenden Tages. Die feuchte salzige Mittelmeerluft wurde über die weite ebene Fläche des Stützpunktes geweht. In allen Richtungen sah man meilenweit nichts anderes als Asphalt, Beton, Sand und Gestrüpp. Etwa fünfzehn Meter entfernt unterhielt sich Scott Coleman mit einem britischen Offizier, der sie vor einer Viertelstunde am hinteren Tor erwartet hatte. Coleman übergab dem Offizier etwas, und der Mann nahm es entgegen. Dann schüttelten sie einander die Hand, und der Air-Force-Offizier sprang in einen Land Rover und brauste davon. Coleman kam langsam zu Rapp herüber und schüttelte lächelnd den Kopf.
»Gott, ich mag diese Briten«, sagte der ehemalige Navy SEAL.
Rapp nickte. »Sie können vor allem den Mund halten.«
»Er hat gesagt, er lässt den Van in der Flughafengarage stehen und legt den Schlüssel unter die Fußmatte. Wir müssen nur noch den Vermieter anrufen.«
»Gut. Und das Flugzeug?«
»Aufgetankt und startklar.«
»Gut. Verschwinden wir von hier, bevor die Sonne aufgeht.«
Die beiden Männer drehten sich um und gingen in den dunklen Hangar. Während Rapp schwarzes Haar und einen dunklen Teint hatte, war Coleman blond und hellhäutig. Rapp fiel im Nahen Osten kaum irgendwo auf. Coleman hingegen hätte in Schweden oder Norwegen zu Hause sein können. Er hatte die hohen Wangenknochen und die stoische Ruhe der skandinavischen Völker. Das Stoische kam Rapp sehr entgegen. Was das Reden betraf, so war bei Coleman weniger fast immer mehr. So wie Rapp war er alles andere als geschwätzig.
Nachdem Coleman in Gazichs Büro eingetroffen war, hatten er und Rapp sich erst einmal ein paar Minuten Zeit genommen, um sich einen Plan zurechtzulegen. Es gefiel ihnen beiden nicht, noch länger hierzubleiben. Wenn die Polizei auftauchte, hätten sie einiges zu erklären gehabt – bei zwei toten Russen, einem weiteren Russen, der aussah, als hätte ihn ein wilder afrikanischer Stamm in die Finger bekommen, und einem Bosnier mit vier Schusswunden. Es hätte aber auch nicht funktioniert, einfach so mit den Leuten durch das überfüllte Café zu marschieren und abzuhauen. Das Beste war trotz allem abzuwarten, bis das Lokal schloss. Dazu brauchten sie aber die Mithilfe des Caféinhabers. Früher oder später würde jemand kommen und nach ihm suchen.
Sie banden den Alten los, um sich mit ihm zu unterhalten. Der Russe war immer noch bewusstlos, und Gazich lag still auf dem Boden,
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