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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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absolviert hatte, arbeitete er einige Jahre in der CIA, schloss sein Jurastudium in Yale ab und ging dann an die Wall Street, wo er es zu einem beträchtlichen Vermögen brachte. Mit fünfunddreißig zog er mit seiner Frau in eine besonders noble Gegend in Greenwich, Connecticut, wo sie einen Jungen und ein Mädchen großzogen und wo Ross irgendwann zum Fan der Patriots wurde.
    Ross’ Sohn war nach Seattle gegangen, um herauszufinden, was er machen wollte. Das störte den Politiker mehr, als er sich selbst eingestand, doch er war zu beschäftigt, um sich lange den Kopf darüber zu zerbrechen, dass sein fünfundzwanzigjähriger Sohn die besten Schulen im Land besucht hatte und trotzdem nicht wusste, was er mit seinem Leben anfangen sollte. Seine Tochter war vor Kurzem Mutter geworden und lebte in New York City. Sie waren alles in allem gute Kinder. Bisweilen gaben sie besorgniserregend viel Geld aus, doch sie stellten wenigstens keine Dummheiten an. Ihre Mutter hatte ihre Sache ziemlich gut gemacht – schließlich war Ross wenig zu Hause gewesen. Er war zu sehr damit beschäftigt, Geld zu verdienen und sich zu amüsieren. Und es hatte sich letztlich alles bezahlt gemacht. Er war nur noch sechs Tage und einen Herzschlag vom mächtigsten Amt der Welt entfernt.
    Auf der anderen Seite des Sicherheits-Checkpoints sah Ross seinen Stabschef Jonathan Gordon, der bereits auf ihn wartete. Ross lächelte und winkte ihm zu. Gordon war ein guter Mann. Sehr loyal. Die Secret-Service-Leute kannten ihn und machten ihm gerade genug Platz, dass er durch den Sicherheitsgürtel zu seinem Chef gelangen konnte.
    »Jonathan, nett von dir, dass du an deinem freien Tag den weiten Weg hierher kommst.«
    »In diesem Geschäft gibt es keine freien Tage.«
    »Nicht einmal den Sabbat?«, erwiderte Ross im Scherz – wohl wissend, dass Gordon nicht religiös war.
    »Schon gar nicht den Sabbat.« Die Gruppe passierte die breiten Schiebetüren und trat in den kalten Januartag hinaus. »Ich nehme nicht an, dass du dein Telefon eingeschaltet hast?«
    »Nein.« Ross lächelte und griff sich an die linke Brusttasche seines Jacketts. »Das verdammte Ding hab ich ganz vergessen.«
    »Nun, ich habe dir ein paar Nachrichten hinterlassen, und da bin ich bestimmt nicht der Einzige.«
    »Ist etwas passiert?«
    »Nichts Schlimmes. Nur eine kleine Neuigkeit.«
    Sie waren etwa auf halbem Weg zwischen dem Flughafengebäude und der wartenden Limousine, als ein Auto zu ihrer Linken mit quietschenden Reifen um die Kurve gebraust kam. Ross und Gordon blickten zu dem Wagen hinüber und blieben stehen.
    Agent Brown, der seit der Gangway stets einen Schritt hinter Ross gegangen war, legte seine große Hand auf Ross’ Rücken und packte ihn am Jackett. Er schob Ross weiter und ließ Gordon zurück. Die Gruppe beschleunigte ihre Schritte, Mäntel wurden geöffnet, Hände griffen nach Waffen, einige Augenpaare wandten sich der potenziellen Gefahr zu, während andere bewusst nicht hinsahen, falls es sich um ein Ablenkungsmanöver handelte – und im nächsten Augenblick war alles vorbei, bevor es begonnen hatte.
    Der Wagen, ein schwarzer Lincoln Town Car, hielt am Ende der Kolonne mit quietschenden Reifen an, und die hintere Tür auf der Beifahrerseite ging auf. Agent Brown wollte seinen Schützling gerade in die Limousine schieben, als er Stu Garret aus dem Town Car aussteigen sah. Brown ließ Ross los und glättete sein Jackett, ehe er sich nach dem Agenten umsah, der für das Sicherheitsteam vor Ort verantwortlich war. Der Zugang zur oberen Rampe hätte eigentlich abgesperrt bleiben sollen, bis sie Ross in seiner Limousine hatten.
    Garret marschierte über den Bürgersteig und schob die Agenten zur Seite wie ein Bowlingball die Kegel. Er trug eine dicke Daunenjacke mit pelzbesetzter Kapuze.
    »Mark«, rief Garret.
    Selbst Ross war ein wenig verärgert. Das heranbrausende Auto und die Reaktion der Agenten hatte ihm doch Herzklopfen verursacht. »Ja, Stu?«
    »Ich muss mit dir reden.«
    Das war typisch Garret. Keine Begrüßung, keine freundlichen Worte, kein Smalltalk, gar nichts. Der Wahlkampfmanager und Leiter des Übergangsteams hatte es immer eilig.
    »Freut mich auch, dich zu sehen«, versetzte Ross. »Hast du eine neue Jacke?«
    »Ich friere mir hier den Arsch ab. Wenn wir nicht so viel zu tun hätten, würde ich mich in ein Flugzeug setzen und nach Kalifornien zurückfliegen.«
    Ross blickte zum Himmel hinauf. Es war ein grauer, bewölkter Nachmittag und fast

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